Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Sonntag, 30. Dezember 2018

pugna equestris - „Römische“ Kavallerie III (mos et miles XX)


Wie bei allen Elite-Einheiten werden gewisse Standard-Szenarien für die Schlacht ständig in
cb cippus Aureliorum  ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0

Gepanzerte Reiterkrieger der alae firmae catafractariae
Grabstein der Brüder Aurelius Saluda & Aurelius Regrethus
Kopie, Standort: Fußgängerzone Stuttgart Bad Cannstatt
gleicher Weise trainiert. Die grundlegenden taktischen Aufgaben der „römischen Reiterei“ sind die Überflügelung der gegnerischen Schlachtreihe (an den Flanken von der ungeschützteren Seite oder am besten von hinten), die schnelle Besetzung strategisch wichtiger Stellen oder Brückenköpfe oder das Niedermetzeln fliehender Gegner. Die dafür angewandten Strategien und Kampfesweisen unterscheiden sich jedoch stark, je nach Herkunft der einzelnen Reiter-Einheiten.
Anfangs überlässt die römische Armee nämlich die Kampfesweise noch ganz den einheimischen Ethnien, welche die jeweilige Reitertruppen stellen, und setzte ihnen lediglich einen römischen Ritter als Befehlshaber an die Spitze. Über Jahrhunderte scheint dies auch relativ gut zu funktionieren, die von Rom bevorzugten Reitervölker trainieren ihre Reiterkampffähigkeiten bereits als kleine Kinder sehr intensiv (Speidel 1997, S. 84).

Leichte Kavallerietruppen üben Pfeile (sagittae – Bogen: arcus) und leichte Wurfspieße (iaculum / keltische Variante: matara) aus größerer Entfernung ins Ziel zu bringen. Als schnellste Reiter gelten die Einheiten aus Nordafrika. Truppen aus Mauretania und Africa sollen die Wurfspieße am weitesten werfen, die aus Parthia, Syria und Arabia werden als hervorragende Bogenschützen geschätzt.

Die mittlere und schwere Kavallerie kommt überwiegend aus Germanien und Gallien.
Kataphrakten (cataphractarii), schwer gepanzerte Reiter wie rechts auf dem Grabstein abgebildet, werden in der römischen Armee erst in der Spätantike in größerer Zahl eingesetzt. Der Typ des Panzerreiters und Vorläufers des Ritters kommt ursprünglich aus Parthien und Sarmatien und verwendet Körperpanzerung auch für das Pferd, eine 3-5m lange Stoßlanze (contus), sowie ein zweischneidiges Langschwert, (spatha), später kommen Steigbügel hinzu. Damit fällt es leicht, gegnerische Reiterlinien als Schockkavallerie zu durchbrechen, doch bietet die geringe Reichweite und sehr eingeschränkte Beweglichkeit so gravierende Nachteile, dass die Römer bis zur Spätantike leichtere Reitereinheiten bevorzugen, welche fliehende Feinde auch effektiv verfolgen kann.
Um stabil im Sattel zu sitzen, benützten mitteleuropäische Reitervölker einen Sattel mit vier Hörnern, der extreme Stabilität auch ohne Steigbügel bieten kann (Gerlinger 2008, S. 292). Als größeren Ruhm gilt für viele ausländische Kämpfer im römischen Heer, ihre Gegner mit gezielten Tritten ihrer Hengste zur Strecke zu bringen (→ Speidel1997, S. 108). Manche Völkerschaften wie die Sueben benutzen die Pferde überwiegend als Schlachtfeldtaxis, um mit Hilfe größerer Mobilität schnell zum Nahkampfort gelangen und sich ebenso schnell zurückziehen zu können. Die germanischen Usipeter und Tenkterer sind darauf spezialisiert, vom Pferd zu springen, unter die Pferde des Gegners zu rutschen und diesen die Bäuche aufzuschlitzen. Germanische Bataver und Ubier werden im römischen Heer vor allem als Kampfschwimmer geschätzt, die in Formation, allein oder mit Pferd und voller Rüstung entweder Flüsse überqueren und Brückenköpfe bilden oder des Nachts feindliche Ziele oder ganze Stellungen unschädlich machen.

effectus equestris - „Römische“ Kavallerie II (mos et miles XIX)


Die Effektivität fremdländischer Reiter nach neuerem Forschungsstand
eques Romanus - equites Romani: Römische Kavallerie
Römischer Reiter, CC 0 von katja auf pixabay
Da die „römische Kavallerie“ sich aus nichtrömischen Hilfstruppen zusammensetzt, bekam ihre Kampffähigkeit früher nicht viel Aufmerksamkeit – weder von römischen Autoren noch von den späteren Historikern (Gerlinger 2008, S. 291-292). In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts stand die Kavallerie erstmals intensiv im Zentrum der Aufmerksamkeit, nicht zuletzt unter Zuhilfenahme der experimentellen Archäologie, wodurch ihre Effektivität in der Schlacht positiv bewertet werden konnte (v.a. P. Conolly / C. van Driel-Murray, The Roman Cavalry Saddle, in: Britannia 22 (1991), S. 33-50; K. Dixon / P. Southern, The Roman Cavalry, London 1992; A. Hyland, Training the Roman Cavalry, Stroud 1993; M. Junkelmann, Die Reiter Roms Bd.2: Der militärische Einsatz, Mainz 19944; Ders., Die Reiter Roms Bd.3: Zubehör, Reitweise, Bewaffnung, Mainz 19962; Ders., Reiter wie Statuen aus Erz, Mainz 1996; vgl. auch Gilliver, Mons Graupius and the role of auxiliaries in battle, S. 54; 64, Fußnote 1.).
So zeichnet sich unter anderem der keltische Sattel mit der festen Stütze der hochgezogenen Rücken- und Bauchlehne auch ohne Steigbügel durch hohe Stabilität aus. Als Konsequenz erscheinen die Reiter der römischen Hilfstruppen in der gegenwärtigen Forschung als eine Art Elite-Einheit (Gerlinger 2008, S. 292).

Kein Wunder, dass ausländische Elitereiter sich schnell in der cohors praetoria breit machen, der Schutztruppe der römischen Generäle, aus der die Einheiten der Leibwache und der Gardereiter hervorgehen. Die ethnische Zusammensetzung bis 193 n. Chr. zeigt nach gefundenen Grabsteinen folgende Ethnien (→ Speidel1997, S. 83): 29% Germanen, Briten und Gallier; 27% keltogermanische Raetier und Noricer; 22% Pannonier (Balkan); 13% Thraker und Dacer (Bulgarien und Rumänien) und unter 9% Orientalen und Afrikaner.

Schon in der Römischen Republik werden einzelne delecti oder gleich eine Schar, delecta manus, von Nichtrömern der Feldherrenkohorte zugeordnet -überwiegend Reitersoldaten, die aus dem Elitekorps der Bundesgenossen (extraordinarii) zum Dienst beim Feldherrn ausgesucht werden (Bellen 1981, S. 19-20). Sie bilden zusammen mit den Römern, die als Freunde dem Feldherrn gefolgt waren, dessen Leibwache, begleiteten ihn auf dem Marsch und schützen ihn in der Schlacht (→ vgl. Polybios 6,31,2-4).