Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 31. August 2017

obsidio: Belagerungen in der Antike (mos et miles IX)

Einschließungsanlagen der Römer / Belagerungen der alten Römer
cb Contravallation - Caesars Defensivkonzept vor Alesia ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Den Gegner in einer Stadt oder Festung einzuschließen war schon immer nützlich – solange man ihn auch durch Sturmangriff erobern oder aushungern kann, bis er schließlich kapitulieren muss.
Die Taktik wie auch die Belagerungsgeräte der römischen Armee sind von älteren Vorbildern v.a. den Griechen übernommen - allerdings meist weiter verfeinert, und zu einer standardisierten Palette an Kriegsgerät und Handlungsmöglichkeiten erweitert, wie kein zweites Volk der Antike.
Um den Gegner todsicher von jeglichem Nachschub fernhalten zu können, verwenden die Römer Einschließungsanlagen mit Circum- und Contravallationen: Verteidigungslinien gegen die eingeschlossenen und gleichzeitig in der anderen Richtung nach außen, falls den Eingeschlossenen ein Entsatzheer zu Hilfe kommen will. Überreste solcher Anlagen sind archäologisch in Numantia / Hispanien bei der Belagerung Scipios und in Alesia / Gallien bei der Belagerung Caesars erhalten (vgl. Gerlinger 2007, S. 90-106).
Als defensives Verteidigungskonzept nutzen die Römer den bekannten Wall und Graben ihrer üblichen Lager, verstärkt durch Palisaden und eine größerer Anzahl an Türmen. Hinzu kommen weitere Gräben und Annäherungshindernisse, Fallenanlagen und vermintes Gebiet mit versteckten Pfählen und Widerhaken (cippi, tribuli…) etc.
Als offensives Verteidigungskonzept bieten Torsionsgeschütze, die auf den Lagerwällen und v.a. auf den Türmen positioniert werden, weiteren (Feuer-)schutz, natürlich auch Bogenschützen und Speerwerfer. Ausreichend Tore mit Annäherungshindernissen (titulus, clavus…) ermöglichen einen plötzlichen Ausfall der Infanterie oder auch der Reiterei, wenn es schnell gehen muss. So können Angriffstruppen noch vor Feindkontakt zerstreut, auf- oder ferngehalten werden.
Werden römische Soldaten selbst eingeschlossen, kommen neben einfachen Stangen auch ausgeklügelte Mechanismen zum Einsatz wie Mauerkräne, die Sturmleitern umstoßen oder sogar Angriffstürme anheben können.

IIX.Vorsicht Schlangen: Kupplerinnen wie Dipsas

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem achten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es  zumersten, zweitendritten, vierten, →fünften, sechsten und siebten Kapitel)
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!


Kapitel 8: Vorsicht Schlangen: Kupplerinnen wie Dipsas

Schlangen bei Ovid: Die Kupplerin Dipsas
cb serpentes ©:  Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Naso war guter Dinge.
Er hatte ein Geschenk zusammengestellt, um sich bei Corinna zu entschuldigen, das Gedicht hatte er gerade vollendet, ein paar passende Zitate hatte er auch eingearbeitet - Naso wusste, dass Corinna zuletzt in Menandros‘ Komödie gelesen hatte. Vielleicht könnte sie schon wieder darüber lachen…
Und vor allem war er Titus und dessen Schläger losgeworden: Auf zur Armee, aus den Augen aus dem Sinn!
Fröhlich pfeifend ließ er etwas Sand über seine Verse rieseln, um die Tinte zu trocknen, rollte den Papyrus zusammen und steckte ihn in das Sandelholzkästchen, wo er bereits Kamm, Haarnadeln und Aufstecknägel verstaut hatte.
»Wenn das nicht hilft…«
Er zahlte, nahm umständlich die Blumen zum Kästchen in die linke Hand und drückte die doppelflügelige Tür mit der rechten auf.
Doch gleich ließ er den Türflügel wieder zu schwingen.
Er blieb er wie angewurzelt stehen.
Seine Nackenhaare stellten sich auf und ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Das Blut gefror ihm in den Adern.
»Corinna Arm in Arm mit … Dipsas
Dipsas! Die alte Vettel, die ihm Corinnas Adresse gegeben hatte… Was machte sie so eng mit Corinna? Naso stellte sich vor, wie sich Dipsas in den Nachthimmel schwang, mit einem Federkleid bedeckt, und auf Corinnas Häuschen landete. Gefährlich blitzte eine doppelte Pupille aus dem weinseligen Auge…. Hatte die alte Hexe Corinna am Ende verzaubert und dienstbar gemacht?
»Zuzutrauen wäre es ihr! Sie kann sicher auch Wolken am Himmel zusammenballen, wann sie will, mitten am helllichten Tag. Sicher kann sie Urahnen aus ihren Gräbern rufen und macht sie zu lebenden Toten…«
Naso versuchte die grausigen Bilder abzuschütteln.
Vorsichtig linste er durch den Spalt.
»Nein, sieht ganz so aus als machten sie lediglich einen Einkaufsbummel in der Via Sacra – ausgerechnet hier vor dem Laden!«
„Weißsst du, mein Goldkind, dasss du gestern Eindruck auf einen reichen jungen Mann gemacht hassst?“
Dipsas kniff ein Auge zu, griff mit ihren dürren Fingern nach einer Buchrolle und nahm sie prüfend in Augenschein, wobei sie ihren Kopf schräg hin und her wog.
Naso brach der Schweiß aus. Würde Titus doch noch in Rom blieben? Er hatte es am Ende doch so eilig gehabt, sich einzuschiffen! Richtig gerannt war er, um sein Schiff im Hafen noch zu erwischen…
„Du hassst ihm sssehr gefallen!“
„Aber Titus ist doch schon wieder bei der Armee, er hat es mir selbst gesagt…?“
Dipsas lachte kehlig und legte das Buch zurück in die Auslage.
„Nein, mein Schatz, nicht Titusss… ein wirklich reicher junger Mann steht auf dich.“
Naso drückte unwissentlich den Papyrus zusammen. Corinna hatte NOCH einen Liebhaber?! Hatten Titus‘ Idioten tatsächlich noch einen anderen Rivalen erspäht? Sie hatten ihn also nicht einfach mit einem reichen Lebemann verwechselt…