Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Mittwoch, 28. Februar 2018

Gallus: Keltische Krieger und ihre Standardbewaffnung (mos et miles XIII)



Kampfesweise
Ursprünglich messen sich die Kelten in Streitwagen-Duellen von Einzelkämpfern – ganz ähnlich zur Mittelmeerwelt, wie dieses Kampfverhalten auch in den homerischen Epen vor Troja nachzulesen ist. Die individuelle Bewaffnung zeigt den sozialen Rang der Krieger, die -folgt man Homer- den Streitwagen am Ende nur noch als eine Art Taxi benutzen und sich vor dem Kampf gegenseitig ihren Rang versichern, auf dass niemand mit einem Geringeren kämpfe.
Ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. ändern sich die Kampfsitten: Man geht vom Einzelkampf mit Duellcharakter zum Verbandskampf mit einer mehr oder weniger einheitlichen Bewaffnung über.
Standardwaffen scheinen 2-3 Wurflanzen aus Eisen, 1 Hiebmesser für den Nahkampf und 1 Schild aus organischem Material in runder, oval, oder (am Häufigsten) achteckiger Form. Kurze Dolche mit breiten Klingen sind selten, könnten z.B. von Offizieren getragen werden (soweit man davon in Stammesaufgeboten sprechen kann).

Defensivwaffen
miles gallicus
cb Gallus ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
Die Kelten sind Meister der Schmiedekunst, dementsprechend teuer sind ihre Produkte. Panzer und Helme aus Metall werden nur von der gehobenen Oberschicht getragen.
Als Helme finden sich zuerst Schüsselhelme oder Korbgeflechte mit Lederbezug, dieselben mit applizierten Bronzeringen, Kegel- und Doppelkammerhelme aus Bronze und der Negauer Typ (vgl. → Pauli 1980; S. 116). Spätere eiserne Helme mit Wangenschutz sind in der Militärtechnik richtungsweisend, werden von den Römern kopiert und nur geringfügig zum Standard-Helm der römischen Legionäre weiterentwickelt.
Panzer: Für den schmaleren Geldbeutel verwenden die Kelten Gewebepanzer aus 4 mm starken Lagen von aufeinander geknüpften Zöpfen aus Hanf. Sie nutzen Lamellenpanzer und Gewebepanzer, genarbte Lederkoller, Lederpanzer und Panzerscheiben aus Bronze (→ Pauli 1980; S. 125; 128). Meisterwerke sind ihre Kettenpanzer, die ebenfalls schnell von der römischen Armee übernommen werden.
Ihre Schilde bestehen aus 1,2 cm starken Eichenbrettern, die sich zum Rand hin verjüngen und eine Höhe von 1,1 m aufweisen -manchmal auch mannshoch- (→Pauli 1980; S. 121). Sie weisen ein hölzernes Spindelgerippe mit Schildbuckelverstärkung auf und haben Handgriffe aus Eisen, nutzen unterschiedliche Faserrichtung und können bis 7 kg schwer sein.

Offensivwaffen
Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. dominiert bei reichen Kelten das Schwert als Hiebwaffe par ecellence (Pauli 1980; S. 117). Keltische Schwerter werden in Lamellentechnik hergestellt (Damaszierung), d.h. der Schmied faltet das Werkstück beim Hämmern mehrfach ähnlich einem japanischen Samurai-Schwert. Die Klinge misst anfangs 53-60 cm, in der Spätzeit 80-100 cm. Eine Betonung des Flammendamastbildes wird durch Brünierung oder Schwärzung erreicht, eine Kontrastwirkung durch Punzierung und Ätzung. Die Griffe bestehen aus Holz, selten aus Eisen, Hirschhorn oder Bronze. Ob die Schlagmarken aus religiösen Gründen eingeprägt wurden oder v.a. Meistersignaturen darstellen ist unsicher. Die Schwertscheiden bestehen aus Metall, bei wertvolleren Schwertern aus Bronzeblech (→ Pauli 1980; S. 118).
Lanzen und Speere werden überwiegend zum Nahkampf eingesetzt, wie die Ausgrabungen bei Alesia zeigen., der Lanzenschuh ist widerstandsfähig und besteht häufig aus Eisen.
Schleudern werden v.a. von ärmeren Kriegern benutzt. Sie weisen einen 1 m langen Riemen aus Leder oder Pflanzenfasern auf, der sich in der Mitte taschenartig verbreitert (vgl. Pauli 1980; S. 124). Verschossen werden pflaumen- bis eigroße Kugeln, rund oder bikonisch, mit einer Reichweite 50-70 m im Direktschuss (gegen ungeschützte Gesichter oder Gelenke), und 200-500 m im Parabelschuss (Salve).
Bogen lassen sich in der Hallstattzeit nur ein einziges Mal nachweisen, ein überlanges Exemplar von 2,1 m, evtl. zur Verteidigung fester Plätze, und überlange Pfeile von 50-60 cm Länge (Pauli 1980; 124). Danach sind die Pfeile nur 40-50 cm lang und besitzen vielfältigste Pfeilspitze, die in einen gespaltenen Holzschaft eingeschoben oder in einer eisernen Tülle befestigt werden. Erhaltene Köcher sind aus Leder, rund und haben einen Durchmesser von ca. 9 cm.

Dienstag, 27. Februar 2018

XIV. Haarsträubend: Zu viel der Schönfärberei

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem vierzehnten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es  zumersten, zweitendritten, vierten, →fünften, sechsten, siebten, achten  neuntenzehnten, elften, zwölften und dreizehnten Kapitel).
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!



Kapitel 14: Haarsträubend: Zu viel der Schönfärberei
dicebam 'medicare tuos desiste capillos!' Ovidius Naso amores 1,14 comaaurora / Haarelassen im alten Rom
cb nulla coma ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
[… Naso erlebt eine gewaltige Belagerung geduckt hinter einer Zinne. Als diese von einem Torsionsgeschütz getroffen wird, stürzt er in die Tiefe. Schweißgebadet erwacht er aus dem Alptraum, das Schlagen des Rammbocks ist nur das Hämmern an seiner Tür. Nachdem Titus beim Gastmahl vollkommen betrunken auf der Liege zusammengesunken war, kann sich Naso an nichts mehr erinnern Was hat er getan, dass Titus so wütend ist – und gelingt ihm die Flucht? Doch Titus will nur eines von ihm: den Grund, warum sie ihn nicht einlässt und über Vedius herausfinden, was er kann…]
 „Warte wenigstens, bis sie dich hereinruft…!“, versuchte Nape ihn zu bremsen.
Doch da war er bereits in ihr Triklinium vorgedrungen.
Corinna drehte sich überrascht um und lächelte gequält. In ihrer linken Hand hielt sie einen Bronzespiegel. Ihre rechte lag in ihrem Schoß, als hielte sie etwas versteckt.
Naso konnte jedoch keine Anzeichen eines anderen Mannes entdecken. Nur die aufreizend auf dem Tisch präsentierten teuren Geschenke seiner Rivalen. Wenige plumpe von Titus, erlesene von Vedius. Aber die standen da schon länger. Neues war nicht zu sehen. Außer… dass sie eine blonde Perücke trug – und dazu noch verkehrt herum? Kam sie direkt aus Germanien?
„Schickt dir jetzt schon Germanien eroberte Haare – oder besser, hast du die direkt von Titus?“
Corinna wurde rot. Sie sah ungewohnt bedrückt aus, die Wangen von natürlicher Röte und feucht, fast so, als habe sie geweint.
„Du … hast es gleich bemerkt? Findest… du … sie nicht schön?“, brachte sie stockend heraus und legte den Spiegel zur Seite.
Mühsam schien sie ihre Tränen zurückzuhalten.
»Ist sie traurig, weil sie Titus doch eingelassen hat? Oder war Vedius tatsächlich zuerst da? Dann soll sie zu Recht weinen!«, dachte er aufgebracht.
„Oh ja, schön schon“, antwortete er mit einem Kloss im Hals. „Aber findest du nichts dabei, durch die Gabe eines Volkes schön zu sein, das gnadenlos erobert wird – mit Feuer und Schwert? Oder wozu sind die Haubenlerchen wohl an der Grenze zu Germanien? Vielleicht hat Titus sie einer armen Barbarenfrau direkt vom Kopf reißen lassen… Klebt noch Blut dran? Wie oft wirst du rot werden müssen, wenn du die trägst und jemand deine Haare bewundert? Wirst du dir dann nicht sagen müssen: ʺJetzt lobt man mich wegen gekaufter Ware. An meiner statt rühmt er jetzt irgendeine Sugambrerin! Und doch gab es eine Zeit -ich erinnere mich noch-, als dieser Ruhm mein eigener warʺ?
Jetzt konnte Corinna ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie bedeckte ihr Gesicht mit der linken Hand, die andere hielt sie immer noch in ihrem Schoß verborgen.
»Verdammt tut mir das leid! Was hat sie denn nur? Warum bin ich nur so heftig geworden! Aber warum reagiert sie heute so… und was ist mit ihrer Hand?«
„Was hast du denn da…?“
Corinna hob ihre Rechte.
Sie öffnete sie und folgte mit den Augen, wie büschelweise Haare nach unten rieselten, weder schwarz noch blond und doch beides gemischt. Nur der seidige Glanz von früher war endgültig erloschen.
Stumpf und leblos lagen sie nun in Corinnas Schoß.
„O nein! Das ist aber nicht der richtige Ort für diesen Schmuck…!“
Corinna konnte den Blick nicht von ihrem früheren Haar auf ihrem Schoß lösen.
Naso kniff die Augen zusammen. Er hatte noch immer nicht verstanden.
Corinna vergrub ihr Gesicht zwischen beiden Händen und brach erneut Tränen aus.
„Siehst du Nape? Sogar Naso bemerkt es auf den ersten Blick!“, schluchzte sie.
„Aber Herrin… das kommt doch nur daher, dass du in der Eile die Perücke falsch herum aufgesetzt hast“, flüsterte sie sanft und schob die Perücke zurecht.
Schniefend hob sie den Kopf.