Als Textprobe hier ein
Auszug aus dem vierzehnten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es zum →ersten, →zweiten, →dritten, →vierten, →fünften, →sechsten, →siebten, →achten →neunten, →zehnten, →elften, →zwölften und →dreizehnten Kapitel).
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich
freuen!
Kapitel
14: Haarsträubend: Zu viel der
Schönfärberei
[… Naso erlebt eine gewaltige Belagerung geduckt hinter einer Zinne. Als
diese von einem Torsionsgeschütz getroffen wird, stürzt er in die Tiefe. Schweißgebadet
erwacht er aus dem Alptraum, das Schlagen des Rammbocks ist nur das Hämmern an
seiner Tür. Nachdem Titus beim Gastmahl vollkommen betrunken auf der Liege
zusammengesunken war, kann sich Naso an nichts mehr erinnern Was hat er getan,
dass Titus so wütend ist – und gelingt ihm die Flucht? Doch Titus will nur
eines von ihm: den Grund, warum sie ihn nicht einlässt und über Vedius
herausfinden, was er kann…]
„Warte
wenigstens, bis sie dich hereinruft…!“, versuchte Nape ihn zu bremsen.
Doch da war er
bereits in ihr Triklinium vorgedrungen.
Corinna drehte
sich überrascht um und lächelte gequält. In ihrer linken Hand hielt sie einen
Bronzespiegel. Ihre rechte lag in ihrem Schoß, als hielte sie etwas versteckt.
Naso konnte
jedoch keine Anzeichen eines anderen Mannes entdecken. Nur die aufreizend auf
dem Tisch präsentierten teuren Geschenke seiner Rivalen. Wenige plumpe von
Titus, erlesene von Vedius. Aber die standen da schon länger. Neues war nicht
zu sehen. Außer… dass sie eine blonde Perücke trug – und dazu noch verkehrt
herum? Kam sie direkt aus Germanien?
„Schickt dir
jetzt schon Germanien eroberte Haare – oder besser, hast du die direkt von
Titus?“
Corinna wurde
rot. Sie sah ungewohnt bedrückt aus, die Wangen von natürlicher Röte und
feucht, fast so, als habe sie geweint.
„Du … hast es
gleich bemerkt? Findest… du … sie nicht schön?“, brachte sie stockend heraus
und legte den Spiegel zur Seite.
Mühsam schien
sie ihre Tränen zurückzuhalten.
»Ist sie
traurig, weil sie Titus doch eingelassen hat? Oder war Vedius tatsächlich
zuerst da? Dann soll sie zu Recht weinen!«, dachte er aufgebracht.
„Oh ja, schön
schon“, antwortete er mit einem Kloss im Hals. „Aber findest du nichts dabei,
durch die Gabe eines Volkes schön zu sein, das gnadenlos erobert wird – mit Feuer
und Schwert? Oder wozu sind die Haubenlerchen wohl an der Grenze zu Germanien?
Vielleicht hat Titus sie einer armen Barbarenfrau direkt vom Kopf reißen
lassen… Klebt noch Blut dran? Wie oft wirst du rot werden müssen, wenn du die
trägst und jemand deine Haare bewundert? Wirst du dir dann nicht sagen müssen:
ʺJetzt lobt man mich wegen gekaufter Ware. An meiner statt rühmt er jetzt
irgendeine Sugambrerin! Und doch gab es eine Zeit -ich erinnere mich noch-, als
dieser Ruhm mein eigener warʺ?
Jetzt konnte
Corinna ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie bedeckte ihr Gesicht mit der
linken Hand, die andere hielt sie immer noch in ihrem Schoß verborgen.
»Verdammt tut
mir das leid! Was hat sie denn nur? Warum bin ich nur so heftig geworden! Aber
warum reagiert sie heute so… und was ist mit ihrer Hand?«
„Was hast du
denn da…?“
Corinna hob
ihre Rechte.
Sie öffnete sie
und folgte mit den Augen, wie büschelweise Haare nach unten rieselten, weder
schwarz noch blond und doch beides gemischt. Nur der seidige Glanz von früher
war endgültig erloschen.
Stumpf und
leblos lagen sie nun in Corinnas Schoß.
„O nein! Das
ist aber nicht der richtige Ort für diesen Schmuck…!“
Corinna konnte
den Blick nicht von ihrem früheren Haar auf ihrem Schoß lösen.
Naso kniff die
Augen zusammen. Er hatte noch immer nicht verstanden.
Corinna vergrub
ihr Gesicht zwischen beiden Händen und brach erneut Tränen aus.
„Siehst du
Nape? Sogar Naso bemerkt es auf den ersten Blick!“, schluchzte sie.
„Aber Herrin…
das kommt doch nur daher, dass du in der Eile die Perücke falsch herum
aufgesetzt hast“, flüsterte sie sanft und schob die Perücke zurecht.
Schniefend hob
sie den Kopf.