Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 22. Juli 2013

III. Tirocinium. Leseprobe aus "Geheimnisse in Rom"

Es folgt ein Auszug aus dem dritten Kapitel (Band 2). Folgende Links führen zum ersten und zweiten Kapitel. Anregungen und Kommentare sind wie immer erwünscht (Rufus.in.Rom@gmail.com)...!

Kapitel III: Tirocinium
            […] Das kalte Wasser im Waschraum half zum Wachwerden - nur komisch, dass die Römer offenbar keine Seife kannten. Rasch ging es hinüber zur Bibliothek, denn ab jetzt stand für Rufus Unterricht bis zum Nachmittag auf dem Tagesprogramm, zusammen mit den anderen Kindern des Hauses. Die lateinische Schrift gelang ihm immer besser, doch Crispus war nicht leicht zufrieden zu stellen. Als Rufus nur kurz eindöste, brüllte ihn Crispus gleich an. „Du bringst mich noch so weit, dass ich Aristoteles Meinung über die Barbaren teile! Hoch mit dir und lerne, bei Minerva!“ Was hatte Aristoteles denn über die Barbaren geschrieben? Nichts Gutes, vermutlich. Rufus versuchte besser aufzupassen, doch er war immer noch so müde. Wann hatte er zuletzt auch richtig ausschlafen können? Und diese Korbsessel waren so gemütlich. Man konnte bequem seinen Kopf anlehnen…
            Plötzlich schoss er in die Höhe. „Ja Rufus, du möchtest etwas beitragen, zu Polybios Sicht auf die römische Verfassung oder dazu, wie auf dem Forum Romanum Politik gemacht wird?“ Fabiulla kicherte. Dieses kleine Biest! Sie hatte Rufus mit ihren Zehen am Bein gekitzelt. „Politik?“ „Ja Politik. Bei Minerva, sag mir nicht, dass du nicht weißt, was Politik ist! Worüber reden wir eigentlich schon den ganzen Morgen auf ausdrücklichen Wunsch von Quintus? Politik! Werden in eurem Stamm etwa keine Debatten über das Staatswohl geführt, keine wichtigen Entscheidungen getroffen, keine Gesetze erlassen?“ „Nun ja, bei uns zu Hause gibt es die Thingstätte für allgemeine Beratungen - und den Ältestenrat.“ Crispus fuhr sich durch seine blonden Locken und seufzte. „Immerhin etwas. […]

[…]

            Zur großen Freude von Fabia und Fabiulla führte sie ihr Weg […] die Via Sacra entlang. […] Dazwischen wetteiferten elegante Läden dicht gedrängt um eine exklusive Kundschaft. Fabia und Fabiulla konnten sich gar nicht sattsehen. Immer wieder schlugen die Mädchen den Vorhang der Sänfte zurück, um besser zwischen den Köpfen der Klienten und ehemaligen Gladiatoren des Quintus, die sie umringten, hindurch sehen zu können. Angespannt und allzeit bereit bildeten diese einen sicheren Schutzwall im unübersichtlichen Gedränge. Fabiulla streckte sogar öfters ihren Kopf heraus, was sich anscheinend nicht ziemte. „Fabiulla nicht! Disziplin und Anstand. Denk an den mos maiorum!“ Doch mit dem ständigen Hinweis auf die Vorvätersitte konnte Agatha Fabiulla nicht überzeugen. Die Sklavin saß ebenfalls in der Sänfte und versuchte vergeblich, Fabiulla zu korrektem Verhalten zu überreden. Vor Larcia hätte sich Fabiulla das wahrscheinlich nicht getraut, vermutete Rufus, der mit Lucius und Quintus neben der Sänfte einher ging. Quintus jedoch grinste nur und lächelte seinen Töchtern zu, wenn er nicht gerade andere Togaträger auf dem Weg grüßte. Notfalls flüsterte ihm sein Sekretär Apollonius den Namen des Passanten rechtzeitig ins Ohr.
            Was an diesen Läden nur so spannend sein sollte? Wahrscheinlich waren sie teuer, denn die Fenstergitter waren mit zahlreichen Zacken und Spitzen versehen. Manche hatten sogar eine Vorrichtung, um den Arm eines unvorsichtigen Diebes einzuklemmen. Rufus interessierte die feine Ware der Geschäfte jedoch weniger: Schmuck, Kleider, feingewebte Tücher, Gold- und Silbergeschirr, Frauenkram… nicht eine einzige Waffenschmiede war dabei. „Weshalb heißt das eigentlich »die heilige Straße«?“, fragte er Lucius. Dieser sah ihn schräg an „Komisch, das habe ich mich auch gerade gefragt. Auf der Via Sacra wird so manches begangen, Taten und Untaten. Auch Straftaten und sogar Freveltaten.“ Lucius stieß an eine Gehwegkante und musste stolpern. „Verfluchter…! - Eigentlich passt der Name ganz gut“, kicherte er schließlich. „»Sacer« bedeutet ja beides, »heilig« und verflucht.“ Rufus schaute sich angestrengt um, konnte jedoch nichts Übernatürliches entdecken. Stattdessen wurde eifrig getratscht und Geschäfte gemacht, manch edle Dame ließ gleich mehrere Sklaven ihre Einkäufe in Taschen und Körben herumschleppen. „Bei Minerva, bist du blöd!“, rief Fabiulla ihrem Bruder zu. „Jeder weiß doch, dass alle Prozessionen der heiligen Feste in der Via Sacra gefeiert werden. Und zu den Tempeln muss man auch hier lang. Und die gewaltigen Triumphzüge der siegreichen Feldherren gehen auch alle hier durch, bis hinauf aufs Kapitol…“ „Woher willst du kleine Maus denn das wissen?“ antwortete Lucius. „Ein Triumphzug ist nichts für Frauen – außerdem bist du sowieso noch zu klein!“ „Gar nicht, Bäh!“
            Inzwischen bogen sie auf einen größeren Platz ein, von dem aus man schräg links wieder die blitzenden Tempel und Statuen des Kapitols erkennen konnte, auf den die Via Sacra schnurgerade zulief. Ein langgestrecktes hohes Gebäude verwehrte jedoch den direkten Blick. Plötzlich hörten sie lautes Geschrei direkt nebenan: „Catilina – Catilina – Catilina“, johlte die Menge. Rufus konnte gerade noch sehen, wie eine ganz in weiß gekleidete Frau hinter den hohen Eichentüren eines zweigeschossigen Anwesens verschwand. Ein Mann, der sie begleitet hatte, schwang drohend ein Rutenbündel vor der Menge und schimpfte. Ein schlecht unterdrücktes Lächeln zeigte jedoch, dass die Frau den frenetischen Jubel genossen hatte. Dann war auch schon wieder Ruhe. Nur ein paar Menschen betraten und verließen mit winzigen Kohlebecken den kleinen Rundtempel, der vor dem prunkvollen Anwesen lag, in dem sie verschwunden war. Quintus verzog angewidert das Gesicht. „Zum Glück wird sie bald dreißig“, grummelte er. „Was war das denn?“, wunderte sich Rufus. Lucius stöhnte. „Tante Fabia – eine Vestalin. Sie soll mal etwas mit Catilina gehabt haben. Ein schwerer Vorwurf, zum Glück wurden beide frei gesprochen, sonst hätte der Prozess für beide den Tod bedeuten können - wegen Religionsfrevel. Aber die Anhänger Catilinas grüßen sie seitdem auf ihre Weise.“

Montag, 8. Juli 2013

De aquis et vino: Trinkwasserversorgung und Weinkunde für das alte Rom

Aquädukte und Wasserversorgung Roms - Weinsorten
Roms Aquädukte, Trinkwasser- und Brauchwassersystem, uva Romana
Trinkwasser

Eine der beeindruckenden Leistungen der alten Römer ist ihr Geschick im Bau von Wasserleitungen. Im Gewirr römischer Straßen mit ihren Bürgersteigen und zebrastreifenähnlichen Übergängen gluckern überall Brunnen mit frischem Trinkwasser. Und nicht nur die besseren Familien verfügen über einen eigenen Anschluss an eines der zahlreichen Aquädukte, deren Gesamtlänge 351,6 km beträgt (jedoch nur 47,4 km werden oberirdisch verlegt, vgl. Evans 1992). Mit Hilfe der Schwerkraft und Druckleitungen wird das Wasser durch geschlossene Röhren (specus, rivus) von der Quelle zum Verteilertank (castellum) geführt, mehrere Sedimentstanks (piscinae) dienen zur Reinigung. Die älteren Theorien, das Wasser aus den Leitungen habe die alten Römer mit Blei vergiftet, sind nichts als ein Mythos: Zwar finden auch Bleirohre Verwendung, genaue Analysen haben jedoch nachgewiesen, dass das Blei römischer Rohre an der Oberfläche schnell oxidiert und zusätzlich mit Sediment überzogen wird. In den erhaltenen Knochen kann keine besondere Belastung mit Blei nachgewiesen werden. Durch die piscinae werden übrigens auch andere Schadstoffe ausgefiltert. Die Aquädukte liefern täglich über 1.010.623 Kubikmeter sauberes Trinkwasser! Dabei ist Rom zusätzlich reich mit natürlichen Brunnen und Zisternen gesegnet. Wasser gibt es so stets im Überfluss und der Wasserverbrauch ist dementsprechend hoch (nach Forbes 1955, S. 167):
  • Im Jahr 50 v. Chr. verbraucht Rom täglich 750 Liter pro Kopf,
  • 300 n. Chr. sogar  1136 Liter täglich (1936 nur noch 578, etwa die Hälfte).
Zum Vergleich:
  • In London und Paris sind es im Jahr 1823 n. Chr. lediglich 11 Liter pro Kopf am Tag (Forbes 1955, S. 167),
  • 1936 n. Chr. in London 136 Liter, in Leipzig zur selben Zeit nur 76 Liter (für Paris gibt es zu dieser Zeit keine Angaben, doch hat auch heute noch nur jeder dritte Einwohner in Paris ein eigenes Bad. Manche Leute meinen, daher käme der typische Geruch in der Metro…
  • Stuttgart, eine Stadt mit unzähligen Brunnen und Schwimmbädern, verbraucht 2010 n. Chr. nur 124 l pro Kopf (Statistisches Amt 2013) – und das obwohl im Stadtteil Bad Cannstatt das Wasser der Bäderbetriebe ständig aus dem Überlauf direkt in den Neckar blubbert. Den Ergebnissen des Hauptseminars „Phänomenologie einer antiken Großstadt“ von Prof. Dr. Frank Kolb zufolge (Tübingen SoSe 1998) ist Stuttgart übrigens bezüglich der Einwohnerstruktur bestens mit dem Rom des Jahres 63 v. Chr. zu vergleichen: Erst in den folgenden Jahrzehnten wächst Rom zur Millionenstadt heran….           
             Als Getränk der einfachen Bevölkerung dient fast ausschließlich Wasser, doch wird es in einer nicht zu beschreibender Vielfalt an Gläsern Kelchen, Phiolen (Schalen mit Griffmulden) etc. getrunken - zum Einschenken dient ein einhenkliger Krug (vgl. Gerlach 2001, S. 40). Beim Frühstück nehmen (fast) alle Römer Wasser zu sich, Wein war früher sogar für Frauen, Kinder und Jugendliche generell verboten und bei Zuwiderhandlung ein legaler Grund, vom pater familias hingerichtet zu werden.

Antiker Wein 

            Kriterien für die Weinbeurteilung sind Farbe, Duft und Geschmack. Getrunken wird antiker Wein möglichst kühl und verdünnt (Gerlach 2001, S. 68), für jeden in individuellem Mischungsverhältnis mit Wasser gereicht (ebd., S. 73)
            Gelagert wird guter Wein zu Hause in eigenen Weinkellern, wovon Horaz in seiner Satire 2,8 spricht - vermutlich handelt es sich dabei um Eiskeller, wie sie zur Aufbewahrung von Lebensmitteln auch in Deutschland vor der Erfindung des Kühlschranks üblich waren (vgl. auch Gerlach 2001, S. 75). In Rom wird auch Schnee vom Apenin oder aus den Hängen des Vesuvs in Blöcke gepresst, damit wer es sich leisten kann, den Wein auch im Sommer gekühlt zu sich nimmt.

Weinsorten des alten Rom