Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 28. Februar 2019

Zu Gast bei Lucius Sergius Catilina – Wohnen im alten Rom IV


Ähnlich wie schon zuvor Lucius Sulla und danach Gaius Julius Caesar entstammt auch Lucius Sergius Catilina erstklassigem altem – aber hoffnungslos veramten Adel. Völlig pleite gestaltet sich eine politische Karriere schwierig und so müssen viele geliebte Familienerbstücke draran glauben. Leider sprechen die Quellen nur von seiner ausgefallenen Kleidung, Bartmode und den Feiern sowie den Partygästen der römischen Jugend. Über seine Wohnungseinrichtung verliert niemand ein Wort. Wie das ehemals prunkvolle Anwesen der Lucii Sergii auf dem Palatin ausieht, habe ich mir in Rufus – Catilina und die Jugend in Rom überlegt. Im Folgenden aus Kapitel 6:

„Curio, Antonius, Pollio! Das hätte ich mir auch gleich denken können, das ihr das seid, die nichts ganz lassen wollen.“ Der muskulöse Mann musterte sie mit in die Hüften gestemmten Händen und einem freundlichen Lächeln. Seinen kräftigen Unterkiefer und seine Oberlippen zierte der gleiche Bart, den er schon bei Marcus Caelius, Cethegus und Curio gesehen hatte.
Rufus wollte sich erst wundern, dass ein wachhabender Sklave so freimütig mit herrschaftlichen Gästen sprach, dann erst bemerkte er, dass der Mann den goldenen Ring eines Patriziers trug.
„Selber schuld, Lucius“, entgegnete Curio, du hast uns schließlich eingeladen. Aber sag, was gibt es bei dir schon Wertvolles zu zerbrechen, was du noch nicht versetzt hast?“
"Lucius" zuckte lachend mit den Achseln und wies auf die verräterischen Stellen an der Wand, an denen die Farbe kräftiger war als an der Umgebung. „Da ist was dran ... Kommt…“

[…]

Auf dem Weg zum Triclinium fiel Rufus auf, dass es noch weitere Stellen in den Haus gab, auf denen früher einmal Möbel oder Statuen gestanden haben mussten, oder Bilder hingen. Ansonsten verriet das Haus eine schlichte aber edle Eleganz. Die erdigen Farben der Wandbemalungen waren perfekt aufeinander abgestimmt, die Mosaike makellos. Türen und Türstürze waren einwandfrei geschnitzt und glänzten in dunkler Politur.
Vor einem großen rechteckigen Bild blieb Rufus stehen.
Es hing an einem Holzrahmen direkt an der Wand und war so lebensecht und plastisch gearbeitet, dass es Rufus schien, als wollten die Figuren aus der Wand klettern.
„Enkaustik“, rief Lucius. „Es zeigt Sergestus, wie er zusammen mit seinem Freund Aenaeas aus Troja nach Italien kam.“
„Kommt das aus dem Griechischen ʺenkaustonʺ – eingebrannt?“
„Ja. Heißes Wachs, Spachtel und glühendes Eisen. Es ist als ob man die eigenen Gedanken mit Feuer unvergänglich auf die Malfläche einbrennt ... Kannst du ruhig anfassen, morgen wird es sowieso verkauft.“
Vorsichtig fuhr Rufus mit dem Zeigefinger über das Bild. Es fühlte sich tatsächlich ein wenig wie Bienenwachs an.

Bei Cicero zu Hause – Wohnen im alten Rom III


In Ciceros Briefen findet sich immer immer wieder einmal ein Hinweis auf seine Häuserprojekte oder einzelne Stücke seiner Wohnungseinrichtung. Ein Geschenk seines Bruders Quintus, eine Büste von Atticus oder auch der Preis für die Anbindung an das öffentliche Wassernetz oder seine Vorlieben bei der Wohnzimmergestaltung. Schade nur, dass sich die Stellen nahezu ausschließlich auf Ciceros Neubauprojekte beschränken.
Wie das erste Haus Ciceros ausieht, das bescheidene Familienerbstück auf dem Esquilin, habe ich mir in meinem Roman Rufus – Catilina und die Jugend in Rom Gedanken gemacht. Im Folgenden zum Atrium aus Kapitel 8:

Das Atrium war klein - ungewöhnlich klein für das Haus eines Politikers, erst recht, wenn man es mit demjenigen der Fabier verglich. In der Mitte des Impluvium stand eine einfache dorische Säule mit zwei kleinen Jungen, aus deren Mündern Wasser quoll.
»Ob der Brunnen wohl von einem eigenen Wasseranschluss gespeist wird? Aber wie soll das Wasser sonst ständig da hinaus gluckern?« Das Plätschern empfand Rufus als sehr angenehm und beruhigend –schließlich liebte er Wasser. »Jetzt Schwimmen gehen, das wäre toll! Aber im Tiber, da gibt es mehr Platz…«
„Kaum zu glauben, dass das hier das Haus eines römischen Konsuls ist!“, meine Crixos und wies auf die spärliche Einrichtung des kleinen aber makellos gepflegten Atriums.
Kein Fresko, keine Wandgemälde, nur sauber verputzte Wände – lediglich ein paar griechische Figuren in den Stuckarbeiten des Atriums, ein griechischer Stehleuchter aus polierter Bronze und Türen mit Giebel-Verzierung und roten Vorhängen, die ein griechisches Akanthusmotiv zierte – Bärenklau.
Nur im Vestibulum hatte Rufus beim Hereinkommen ein paar Rahmen an der Wand gesehen. Es waren aber keine Bilder gewesen, sondern die üblichen Anschläge der tabulae hospitii: Jeder Gastfreund hatte eine eigene Tafel, auf der Name und Familie vermerkt waren. Rufus war aufgefallen, dass besonders viele Griechen dabei gewesen waren, die meisten aus Sizilien - darunter nannten ihn ganze Städte ihren Gastfreund und Schutzherren: tabulae patronatūs.
Doch Cicero protzte nicht, jedenfalls nicht mit Reichtum.
Dafür war das Atrium geschmackvoll und kostbar genug ausgestattet, dass niemand auf den Gedanken kommen könnte, er sei arm. Vielleicht wollte Cicero mit seiner vornehmen Zurückhaltung einen allzu großen Kontrast zu den bescheidenen Ausmaßen seines Wohnhauses vermeiden.
»Vielleicht ist das aber auch seine Vorstellung von Stil und Eleganz«, dachte sich Rufus, während er das Haus auf sich wirken ließ.
Crixos nahm sich eine handvoll gerösteter Kichererbsen, die in einer silbernen Schale auf einem Dreifuß bereit lagen. „Bei Esos und Cernunnos, keiner der einflussreichen Senatoren, die wir bisher aufgesucht haben, hat so ein kleines Haus! Nicht einmal Troucillos…“