Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Sonntag, 30. Juni 2013

familia: Die römische Familie – Rechte, Pflichten, Struktur


cb Römische familia: Stellung der Familienmitglieder ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
Zu einer römischen familia zählen alle Mitglieder des Haushaltes, Mann, Frau, Kinder und Sklaven. Kinder und Sklaven haben übrigens fast die gleichen Rechte und Pflichten – mit einer Ausnahme: Kinder gelten vor dem Gesetz nicht als Sache. Sie wachsen gemeinsam auf und werden ohne Unterschied als liberi bezeichnet (Kinder und/oder Sklaven) – meist schlafen sie im selben Zimmer. Auch müssen die Kinder den Sklaven gehorchen, denen die Eltern Anweisungen geben, insbesondere den Erzieher(inne)n, Ammen und Lehrern. Gerade Lehrer-Sklaven bekommen häufig von den Eltern die Anweisung, ihre Kinder ordentlich durchzuprügeln, wenn sie faul, frech oder unverständig sind. Mitunter verrichten die Kinder gemeinsam mit den Sklaven dieselben Aufgaben (bis hin zum Putzen und Leeren von Nachttöpfen), wenn im Haushalt viel anzupacken ist, wenig Sklaven vorhanden sind oder die Kinder frech waren. Die Ehefrau und Mutter führt als matrona die Aufsicht über den Haushalt und das Regiment über die Haussklaven, insbesondere der Küche.
            Grundsätzlich hat aber der pater familias das Sagen. Er besitzt mit der patria potestas nicht nur die Verantwortung für die gesamte familia sondern auch eine allumfassende Strafgewalt, die ihm bis in die Kaiserzeit hinein erlaubt, sämtliche Strafen an seinen Familienmitgliedern zu vollziehen, selbst die Todesstrafe – allerdings nur, wenn zuvor ein schlimmes Verbrechen begangen wurde. Das kommt daher, dass Rom bis Augustus ohne Polizei auskommt, welche Verbrecher aufspüren und einem Gericht überstellen könnte. Dies ist also nur möglich, wenn ein mächtiger Patron das von seinen Klienten übernehmen lässt. Kennt man den Übeltäter, begibt man sich bei kleineren Vergehen im Normalfall direkt zu dessen pater familias, der dann die Bestrafung selbst übernimmt und Entschädigungen auszahlt. Klappt dies nicht zu aller Zufriedenheit, sieht man sich vor Gericht oder der Übeltäter taucht unter.
            Mit der Verantwortung nehmen römische Familienväter für sich auch die Entscheidungshoheit in Anspruch. Minderjährigen Kindern und Sklaven nimmt er meist die Entscheidung ab - sie gelten als nicht reif genug, um für sich selbst sorgen und vorausschauend planen zu können. Bei Männern beginnt um das sechzehnte Lebensjahr mit der Zeremonie der ersten Bartabnahme, der im Jupitertempel auf dem Kapitol niedergelegt wird, ein neuer Lebensabschnitt. Sie gelten nun als erwachsen. Unverheiratete Frauen bleiben sogar ihr Leben lang unter der Gewalt ihres Vaters (bzw. desjenigen, der für sie als Vormund eingesetzt wird). Nur als ehemalige Vestalin erlangen sie vollständige zivilrechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit, können danach immer noch heiraten und Kinder bekommen (wie auf mehreren Inschriften zu lesen ist, wie z.B. CIL 6.32414, gestiftet von einer Ordensschwester mit ihrem Sohn) – nicht die Dienstzeit beträgt 30 Jahre, sondern nur ein Dienst bis zum 30 Lebensjahr. Selbst bei ihrer Hochzeit haben sie wenig mitzureden, wenn es ihnen nicht gelingt, ihren Vater um den Finger zu wickeln (was angeblich bei Cicero und dem Diktator Sulla vorkam): Die Väter arrangieren die Hochzeiten, nicht die Liebe. Ausnahmen sind innerhalb der Oberschicht so selten, dass breit darüber berichtet wird. Doch auch beim einfachen Volk sind arrangierte Hochzeiten häufiger als Liebesheiraten.
            Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist aber auch für Männer gegen den Willen des pater familias nicht möglich, eine Karriere ohne Unterstützungen einflussreicher Männer der herrschenden (Groß-)Vätergeneration ist gänzlich undurchführbar. Nicht umsonst kehren viele zornige junge Männer ihren Vätern den Rücken, suchen ihr Glück in der Armee fern der Heimat, schlagen sich gar in den Bürgerkriegen auf die andere Seite, schließen sich dem Rebellengeneral Sertorius in Spanien und seinem Gegensenat an oder folgen blind dem Revolutionär Catilina
            Wie übrigens die Gastfamilie konkret aussieht, in die es den kleinen Germanenjungen in Rom verschlagen hat, zeigt der Post familia: Die Familie der Fabii Sangae.

13 Kommentare:

  1. Hallo, der Text ist gut , jedoch würde es mich freuen wenn es mehr über den römischen Mann gäbe. Sonst sehr gut:)

    AntwortenLöschen
  2. Er ist gut und hat mir bei einem referat geholfen

    AntwortenLöschen
  3. Der Text ist hilfreich ich freue mich das noch leute sich hinsetzen und anderen helfen wollen
    Thx

    AntwortenLöschen
  4. Ich (3.Anonym) nutze das bild für ein plakat

    AntwortenLöschen
  5. Sehr interessant!!

    Gibt es da auch noch einen Teil nur über die Frauen??
    Muss dazu nämlich mit einer Freundin einen Vortrag halten.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Schau mal zum Rollenverständnis von Frauen und Männern unter dem Klickfenster links oben "Diesen Blog durchsuchen" zu "Leben und Lieben im alten Rom"...

      Löschen
  6. Sehr gut zusammen gefasster Artikel. Ich wollte nur sagen, dass die Amtszeit einer Vestalin sich aber nicht nur bis zu ihrem 30. Lebensjahr vollstreckt. Plutarch schreibt, eine Vestalin hat ihr Amt 30 Jahre auszuführen.Numa Pompilius 10.3. ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Endlich hat mal jemand angebissen! Nein, ich schreibe in meiner Darstellung aus gutem Grund von einem Dienst BIS zum Alter von 30, nicht NACH 30 Dienstjahren. Tut mir Leid, hier den gewohnten Darstellungen widersprechen zu müssen, aber es spricht einfach zu viel gegen die traditionelle Interpretation dieser Plutarch-Stelle, die zudem meist falsch übersetzt wird: εἶτα ἀνεῖται τῇ βουλομένῃ μετὰ τὸν χρόνον τοῦτον ἤδη καὶ γάμου μεταλαμβάνειν καὶ πρὸς ἕτερον τραπέσθαι βίον, ἀπαλλαγείσῃ τῆς ἱερουργίας heißt eben nicht „then, the thirty years being now passed… / nach Ablauf der dreißigjährigen Dienstzeit steht allen, die dies wollen, die Heirat und eine andere Lebensweise frei…“, sondern schlicht nach d(ies)er Zeit… – ohne jedweden Zusatz einer genauen Länge oder Dauer: μετὰ τὸν χρόνον. Dies scheint die Sichtweise der Interpretation stark eingeengt zu haben. Auch kann man kurz davor μέχρι τῶν χρόνων τούτων τὸ πλῆθος, ὡρίσθη δὲ ταῖς ἱεραῖς παρθένοις ὑπὸ τοῦ βασιλέως ἁγνεία τριακονταέτις (dass die Vestalinnen auf König Numas Geheiß dreißigjährige Reinheit (ἁγνεία τριακονταέτις) bewahren sollen) eben auch anders sehen: τριακονταέτις bedeutet „dreißigjährig“, aber auch „in einem Alter von 30 Jahren“. Trotz des Bezuges zu ἁγνεία kann dies nun als DAUER ODER als ENDPUNKT interpretiert werden.
      Hinzu kommen noch Inschriften, die von Kindern von Vestalinnen gestiftet wurden und einiges mehr. Dummerweise habe ich mich anfangs nur gewundert, als ich so eine las, ohne sofort die CIL-Nummer zu notieren. Ein besonders interessantes Überbleibsel einer recht geschäftstüchtigen Vestalin (Flavia Publicia) werde ich aber demnächst im Netz zugänglich machen, zumindest im Wortlaut…
      Danke für den Kommentar, ich mache mich gleich mal an einen Blog-Beitrag über Vestalinnen…

      Löschen
    2. Hierzu der neue Post:
      http://rufus-in-rom.blogspot.de/2016/08/vesta-investment-i-vestalinnen-auer.html

      Löschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.