Liest
man Caesars Gallischen Krieg zu wörtlich, so stünden die Germanen jedoch auf
einer Kulturstufe primitiver Jäger und Sammler, die sich vor allem um Kampf und
Jagd und beinahe gar nicht um Ackerbau kümmert (wie in Buch 6, Kapitel 21-24).
Doch geht es ihm an den konkreten Stellen eher um ein spezielles Bild wilder „Nordbarbaren“:
Sie verkaufen zwar, doch nehmen sie keine Waren ab. Keine entwickelte
Gesellschaftsstruktur, keine neuen Absatzmärkte, nur Konkurrenz, werte
Mitsenatoren und Großhändler – scheint er durch die Zeilen vermitteln zu
wollen. In Germanien ist sowieso alles anders, selbst die Tiere (z.B. fängt man
kniegelenklose Germanen-Elche, indem man ihre „Schlafbäume" ansägt, an die sie
sich lehnen und hilflos umfallen: Buch 6, Kapitel 27). Eine Eroberung wäre
absolut unrentabel. Caesars erste Suebenkapitel könnte man glatt gut schwäbisch
mit „Mir kaufet nix!“ betiteln (Bellum Gallicum, Buch 4, Kapitel 1-2). Die Art
und Weise, wie Caesar Germanen als mythische Randvölker beschreibt, ist
literarisch konventioniert und eventuell sogar absichtlich komisch gehalten: In
Stilistik und Wortwahl ahmt er ältere griechische Schriftsteller nach (oder
parodiert sie?), die in Rom quasi zur Schullektüre gehören und die das Ende der
Welt ebenfalls mit (mythisch-seltsamen Tieren und) Barbaren besiedeln. Wie bei
Caesar sind diese nur mit Fellen bekleidet und leben vor allem von Fleisch und
Milch, Ackerbau kennen sie kaum. Aber jenseits des Rheins, dort, wo der große
Feldherr und belesene Schriftsteller militärisch nicht weiterkommt (ohne seinen
erfolglosen Feldzugsversuch genauer zu erwähnen), dort muss ja „das
(literarische) Ende der Welt“ liegen. Denn auch als Politiker ist er ein
großer…
Zu Tisch bei den Germanen:
Der
archäologische Befund sieht anders aus, im Boden sind Spuren von ausgedehnten
landwirtschaftlichen Anbauflächen und landwirtschaftlicher Kooperation zu
finden. Aber was essen die Germanen nun wirklich? Die im Uchter Moor gefundene
„Moora“, „Ötzi des Nordens“ und weltweit bestuntersuchteste Teenager-Moorleiche
hat für viele neue Publikationen gesorgt (größtenteils mit vielen farbigen
Abbildungen), wie auch zu einem Artikel der Hannoversche Allgemeinen Zeitung vom
02.08.2007, Sonderbeilage „Moore, Menschen, Mythen“, S. 7-9, aus dem folgende
Statistik stammt: Nimmt man den Mageninhalten der Moorleichen, so ernähren sich
die Germanen überwiegend vegetarisch:
Gerste,
Roggen,
Weizen,
Hafer,
Hirse.
Der
Anteil an Fleisch, Fisch und Geflügel bleibt dagegen unter 5%.
Nicht
nur die sesshafte Lebensweise als überwiegend Ackerbauern, Viehzüchter und
Handwerker ergibt deutliche Gemeinsamkeiten zu den Kelten, die Tischsitten
ähneln sich ebenfalls: Laut Tacitus sitzen auch die Germanen an kleinen
Tischen, jeder an seinem seinen eigenen (Tac.Germ.22).
Das
Frühstück besteht wahrscheinlich aus Getreidebrei, dazu Milch oder Dickmilch, eventuell
zusammen mit gesammelten Beeren, Wildobst, Nüssen und Kräutern. Fladenbrot war
wohl eher bei Reicheren zu finden und wurde vermutlich zur Hauptmahlzeit am
Abend gereicht. Gekochte Suppen- und Eintopfgerichte sowie das Braten überm
offenen Feuer ähneln der Nahrung der Kelten, ebenso die Zubereitung. Man kennt im Fleischbereich vor allem
Überreste von Rind, doch auch Fisch aus nahen Gewässern, Schwein, Schaf, Pferd,
Hund, Ziege (und vereinzelt) Huhn. Der vegetarische Anteil überwiegt jedoch in
der Ernährung deutlich.
Nicht
nachweisen lässt sich, wie viel die Germanen tatsächlich an alkoholischen
Getränken zu sich nehmen. Wenn man stereotypen Barbaren-Klischees folgen will, dann
sind die Germanen wahrlich wüste Säufer: Nach Tacitus trinken sie gerne zu
viel, zechen in Saufgelagen oft die Nacht durch und bleiben dann bis in den
lichten Tag hinein liegen (Tac.Germ.22. Wobei zu bemerken ist, dass die Römer
auch die kulturell überlegenen Griechen gerne als Säufer diffamieren: Die römische
Wortschöpfung „pergraecari“ „herumgriechen“, bedeutet, die Nacht durchzusaufen
wie ein Grieche…). Aber auch nüchtern liegen die Germanen angeblich gerne noch
im Bett, obwohl das Tageslicht schon scheint (ebd.) – was für Barbaren auch!
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