Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 30. April 2018

Dienstalter & Dienstzeiten im römischen Heer (mos et miles XVI)


Ursprünglich ist Landesverteidigung in Rom die Sache der grundbesitzenden Bauern. Ihnen wird sowohl eine hohe Motivation zugetraut, das Vaterland (nebst ihrem finanziellen Anteil daran) zu verteidigen, als auch das notwendige Kleingeld für eine teure Ausrüstung aufbringen zu können. Die Haupteinnahmequelle ist der landwirtschaftliche Betrieb, nur im Kriegsfall werden die Besitzenden und ihre Waffen eingezogen – und danach auch wieder entlassen. Auf lange Dienstzeiten legt so keiner von ihnen Wert.
Das ändert sich mit der marianischen Heeresreform, nachdem die Besitzlosen in Massen
"Musterungsaufruf" im alten Rom
cb Caesar vult ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
zur Armee strömen und vom Staat ausgerüstet und bezahlt werden. Krieg bringt Sold, ehrenhafte Entlassung und -wenn der Feldherr auf mächtige politische Verbündete zählen kann- auch ein eigenes Landgut.
Mit dem neuen Typ des Berufssoldaten, der den Bürgersoldaten ablöst, gibt es erstmals stehende Heere, die nicht nach Feldzugende sondern erst nach dem Endes des römischen Reiches aufgelöst werden. So müssen auch die Dienstzeiten geregelt werden: Das Dienstalter, in welchem Alter man zu den Waffen gerufen werden kann und die Dienstzeiten, wie lange der Militärdienst dauert.

Dienstalter:
Freigeborene römische Bürger treten traditionell nach der ersten Bartabnahme und damit nach der Volljährigkeit in den Militärdienst (ab16/17), mit 46 gelten sie (außer bei Feldherren) eigentlich schon als zu alt.
Gardereiter müssen reifer sein, sie stehen mit 23-43 Jahren im Felddienst (man findet aber auch einzelne im Alter von 50 als Ausbilder (vgl. → Speidel,Riding for Caesar, S. 87-88).

Dienstzeiten:
Ein Tribun tribunus militum ist meist ein blutjunger 16-17 Jahre alter Adliger, der (ähnlich wie in der britischen Navy alter Tage) gleich als Vorbereitung auf die Politik erfahrene Männer kommandiert. Für dieses Amt wird jährlich gewählt, die Dienstzeit beträgt also nur 1 Jahr. (Seit Augustus leisten Anführer von Grenzkavallerie oder Gardereitern bis zu 3 Jahren).
Ausländer bekommen nach Ablauf der Dienstzeit das römische Bürgerrecht zugesprochen, was inschriftlich belegt selbst arabische Prinzen ins römische Militär lockt. Anfangs außer bei den Auxilia verpönt, findet man sie später in allen Truppenteilen.
Prätorianer, ursprünglich eine Art Bodyguard-Truppe des Feldherren, stehen 16 Jahre im Dienst. Caesar (Kelten & Germanen), Pompeius (Hispanier) und Augustus (Germanen) greifen hierbei überwiegend auf treue nichtrömische Elite-Kämpfer zurück. Nach der Niederlage des Varus geht der Trend vorübergehend zu „waschechten Römern“ über.
Legionäre müssen 20 Jahre Kriegsdienst leisten, wenn sie sich verpflichten.
Gardereiter, mehrheitlich ausländische Kommando- und Spezialkräfte wie batavische Kampfschwimmer und ubische Amphibienreiter, dienen etwas mehr, 25 Jahre bis zum Bürgerrecht.
Auxilia sind rein nicht-römische Truppen (außer ihren Kommandeuren) und leisten volle 25 Jahre Kriegsdienst.
Flottensoldaten, meist ausländische Truppen (ja ausgebildete Seeleute, es gibt KEINE angeketteten Klischee-Sklaven auf römischen Kriegsschiffen – und bitte nicht auf Ben Hur verweisen, dort trägt man auch Armbanduhr zum Wagenrennen), leisten 26 Jahre Kriegsdienst (vgl. → Speidel, Riding for Caesar S. 88; 98)
Außer wenn sie aus speziellem Grund zuvor entlassen werden, z.B. aufgrund des Alters über 46 oder als Belohnung für einen Verdienst (→ Speidel, Riding for Caesar, S. 90), findet die ehrenhafte Entlassung honesta missio der Veteranen am 4-7 Januar jährlich statt, peregrine Reiter nehmen commoda mit, hohe Prämien (→ Speidel, Riding for Caesar, S. 93; 94).

legionarius: Römische Soldaten und ihre Standardbewaffnung (mos et miles XV)


Legionär der Römischen Republik: galea, scutum, gladius, pilum, lorica hamata, balteus, umbo, caligae
cb miles ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
So chauvinistisch und „ausländerfeindlich“ die Römer bei einigen Rednern und Historikern wirken (vgl. z.B. Suet.Claud.15,3; Suet.Iul.80,2; Gerlinger 2007, S. 298-299; Tac.Ann.11,23-25 zu CIL XIII 1668 und Sen.apocol.3,3), so unvoreingenommen übernehmen sie sofort alles an Waffentechnik, Taktik und Strategie, was sie bei anderen Völkern Brauchbares entdecken können (römischer Utilitarismus). Wenig verwunderlich, selbst die römische Literatur beginnt ihr erstes Werk auf Latein mit einem Griechen, das erste Werk eines Römers auf Griechisch…

Kampfesweise
Ursprünglich kämpfen die Römer bereits mit der Phalanx-Taktik ihrer griechischen und Etruskischen Nachbarn, d.h. sie bilden feste Reihen von Schwerbewaffneten, die sich ihre Ausrüstung aber selbst leisten müssen. So versammeln sich an einem bestimmten Tag nur die vermögenden Bürger im Alter von 17 bis 46 Jahren am Kapitol, lassen sich nach Besitz, Größe und Alter je zu viert mustern und leisten den Gehorsamseid in Kurzform: „Gilt auch für mich“ (idem in me). Kommt es zu Krieg und Kampf leisten die vermögenden Bürger-Soldaten den harten Teil als Kerntruppen der Legionäre. Entsprechend rechtfertigen sie das Census-Wahlrecht, in dem die Stimmen der Reichen mehr zählen.
Nach den verheerenden Niederlagen gegen Kimbern und Teutonen und dem unattraktiven Wüstenkrieg gegen Jugurtha sind fast keine Rekruten der reichen Landbesitzer aufzutreiben. Der populare Konsul Gaius Marius reformiert kurzerhand das System des Bürgerheeres, lässt die Bewaffnung vom Staat zahlen und nimmt als erster capite censi auf: Besitzlose Römer, die von der Staatskasse versorgt werden müssen. Es entsteht ein Berufsheer, das seinem Feldherrn (nicht dem Staat) unbedingte Treue schwört und ihn auch nach dem Krieg als große Masse an Klienten, Wählern (und notfalls Straßenschläger) unterstützt – vor allem, wenn er ihnen (erobertes) Land zum Leben besorgen will. Fortan geben in Rom immer wieder mächtige imperatores - Warlords den Ton an - der Anfang eines Jahrhunderts von Bürgerkriegen…

Offensivwaffen
Standardwaffen sind seit der marianischen Heeresreform für alle Legionäre der schwere Wurfspieß pilum. Die ca. 2m lange einzige original römische Entwicklung besitzt dank kurzer pyramidenförmiger Spitze eine große Durchschlagskraft und eine Reichweite ca. 30m. Die Bolzen brechen beim Aufprall und das Weicheisen des oberen Drittels verbiegen sich beim Aufprall, so dass das Geschoss nicht zurückgeworfen werden kann.
Das zweischneidige Kurzschwert gladius stammt ursprünglich von den Keltiberern Hispaniens. Die Klinge von ca. 40-65 cm ohne Parierstange weist eine, scharfe, oft verstärkte Spitze auf uns ist als Hieb- und Stichwaffe geeignet.
Der Dolch pugio ist Teil der Standardbewaffnung römischer Offiziere und (spätestens seit der frühen Kaiserzeit) der Legionäre. Doch selbst einen Schild weiß ein Legionär als Stoßwaffe einzusetzen.

Defensivwaffen