Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 29. Dezember 2014

VIII. Cicero. Leseprobe aus "Catilina und die Jugend Roms"

Es folgt ein Auszug aus Kapitel Acht (aus dem zweiten Band gibt es bisher Ausschnitte zum ersten, zweiten, dritten, vierten, fünften, sechsten und siebten Kapitel). Anregungen und Kommentare sind wie immer erwünscht (Rufus.in.Rom@gmail.com)!

Kapitel VIII: Cicero
Porträt von Cicero / Cicero mit überraschtem Gesichtsausdruck
Schwer zu überraschen - Cicero
[…]
[Rufus erfährt von Gaius über das Menschenbild und Weltbürgertum des Plautus. Cicero gelingt es, die zerstrittenen Parteien durch eine mitreißende Rede zu versöhnen. Clodius, Antonius und Gaius schleppen Rufus in eine dunkle Taverne mit, wo sie auf ihre Weise seinen Geburtstag feiern.]
            Am nächsten Morgen war Rufus kaum aus dem Bett zu bekommen. Ob etwa das Kleinbisschen Wein daran schuld war? Zwar hatte er hin und wieder am Becher genippt, aber nie viel, immer nur ein Bisschen. Lustig war es schon gewesen, so mit dem vielen Geld zum Würfelspiel, Wein so viel man wollte – und für alle Gäste… und war da nicht noch etwas mit Tänzerinnen oder Akrobatinnen gewesen? Auf jeden Fall hatte das Ganze ausgereicht, auch wenn er nicht richtig mitgetrunken hatte und immer wieder heimlich etwas weggeschüttet hatte. Jetzt schienen seine Haare wie winzige Nadeln in seinem Kopf zu stecken, die Zunge klebte trocken an seinem Gaumen und seine Augen und sein Hals brannten. Nur gut, dass Gaius heute an einem dies fastus wieder Sura vor Gericht helfen musste – sonst wären die wohl gar nicht mehr schlafen gegangen.
            An der Türe zur Bibliothek fing ihn Apollonius ab: „Der Herr wünscht dich zu sprechen. Du sollst umgehend zu ihm ins Tablinium kommen.“ „Jetzt? Während das Atrium voller Klienten ist?“ Apollonius schnaubte verächtlich. „Nein, sofort! Er muss es für wichtig halten, der Herr hat mich persönlich damit beauftragt, dich zu holen.“ Und als er in Rufus fragendes Gesicht blickte, fügte er seufzend hinzu: „Vielleicht doch eher eine Fehleinschätzung. Was für eine Verschwendung meiner wertvollen Arbeitszeit…“
            Als Rufus durch das Atrium lief, schmerzte ihn der Widerschein der Sonne im Impluvium in den Augen. Zu seiner Überraschung war das Atrium fast leer. Doch war seine Vermutung nicht ganz falsch gewesen, der Vorraum zum Tablinium war voller Klienten. Nur dass die einfacheren Bürger wohl schon mit den sportulae-Körben versorgt worden waren. Die Togaträger hinter der Abtrennung sahen alle sehr gepflegt aus und gingen ihr Anliegen mit Hilfe ihrer Sklaven und Wachstäfelchen noch einmal durch, bevor sie bis zu Quintus vorgelassen würden. Dennoch führte ihn Apollonius sogleich hinter den Paravent und schob ihn ungeachtet der indignierten Blicke der Wartenden direkt durch die schwere Eichentüre – ohne zu Klopfen. Es war Thrax, der Leibwächter, der sie von innen wieder schloss und sich dann kaum wahrnehmbar im Halbdunkel hinter den Regalschränken aufstellte. Von hier hatte er sowohl die Tür zu den wartenden Klienten als auch die Tür zum Nebenzimmer im Blick. Das Arbeitszimmer: Es roch nach poliertem Holz, wie die Kassetten der Türe, nach Leder, nach Pergament, nach Lampenöl und nach Papyrus.
            Quintus erhob sich mit einem Ruck von seinem Schreibtisch. „Salve Quinte!“ begrüßte ihn Rufus schnell. Ältere und ranghöhere musste man in Rom immer zuerst grüßen, wenn man sie nicht beleidigen wollte – Quintus hatte ihm aber nicht genügend Zeit gelassen und war noch davor aufgestanden. „Salve, salve“, murmelte er nur kurz angebunden. Er trat auf Rufus zu und sah ihm direkt in die Augen: „Was haben die Allobroger und du getan, dass Cicero euch sehen will?“ „Ci-ce-ro?“, fragte Rufus verdattert. „Ja Ci-ce-ro. Der Konsul persönlich. Marcus Tullius Cicero. Ich höre?“ „Die Allobroger und ich? Kei-ne Ah-nung“, stotterte Rufus überrascht, „Crixos, Catugnatos und Ollugnio – habe ich doch seit Tagen nicht mehr gesehen. Sind sie nicht noch immer außerhalb?“ „Nicht mehr lange, zumindest – schon gestern habe ich einen Boten geschickt, sie müssten in Kürze hier sein… und du – wo warst du in letzter Zeit überall? Bist du sicher, dass du nichts Besonderes angestellt hast?“
            Quintus musterte ihn genau. Rufus vermied es, ihm in die Augen zu schauen. Wusste Quintus bereits, dass er sich in letzter Zeit öfter mit Gaius herumgetrieben hatte? Aber das machten andere Jugendliche auch, allen voran Marcus Caelius, Marcus Antonius, Vedius Pollio und sogar der hochadlige Clodius. „Nein, eigentlich, ich wüsste nicht was“, brachte er mühsam heraus. Ob Quintus den Besuch bei Catilina meinte? Aber wenn Rufus ihm davon erzählte, dann wäre zwischen Quintus und Gaius die Hölle los. Nein, das konnte er nicht riskieren, das seinem neuen Bruder anzutun, selbst wenn Quintus bereits etwas ahnen sollte. Lieber würde er jede Art von Bestrafung auf sich nehmen. Quintus kniff die Augenbrauen zusammen: „Du wüsstest nicht was? Und was hat der junge Schutzbefohlene meines Gastfreundes da in den Haaren?“ Quintus zog ihm ein Haarband aus dem Schopf. „Ist das etwa von einer… Nein, nicht doch in deinem Alter – oder doch?“ Oh je, das war ein Stoffband von einer der Tänzerinnen. Wie war das denn in sein Haar gekommen? „Und da auf deiner Brust – sehe ich da Weinflecken?“
            Bestürzt sah Rufus an sich herunter. Das war ihm beim schnellen Waschen vorhin gar nicht aufgefallen. Das musste passiert sein, als er heimlich Wein ausgespuckt hatte. Quintus holte tief Luft, dann setzte er sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Er legte sich die Hände über die Stirn und seine Kopfhaut. „Hör mal, Rufus, ich bin keineswegs einer dieser alten vertrockneten Augenbrauenrunzler und Naserümpfer, welche nur die Nobilität achten und alle anderen verachten - besonders fremde Völker. Ich freue mich auch wirklich, dass du dich mit meinen Kindern so gut verstehst – neuerdings mit meinem ältesten Sohn sogar mehr als meine Söhne untereinander. Deswegen musst da aber nicht gleich seine Gewohnheiten annehmen, das heißt die unrömischen – nun, du weißt sicher, was ich damit meine…“ Ja, das glaubte er inzwischen zu wissen. Schuldbewusst sah Rufus zu Boden. So sahen sich die Römer: Selbstbeherrschung und Pflichterfüllung wie ein Stoiker, ganz im Sinne Zenons. Die Nächte durchzumachen, hemmungslos zu trinken, zu tanzen und Frauenbekanntschaften zu machen, das hieß auf Lateinisch dagegen per-graecari – sich wie ein Grieche benehmen oder »durchzugriechen“.
            „Sei‘s drum!“, rief Quintus nach einer Weile. „Wenn du es auch nicht weißt… vielleicht interessiert sich unser guter Konsul neuerdings gezielt für den Gallienhandel, wo er doch seine lukrative Provinz an Antonius Hybrida abtreten will. Oder sind die Allobroger tatsächlich mit ihren Bitten bis zu ihm durchgedrungen? Will er es tatsächlich riskieren, sich mit den Steuerpächtern anzulegen, um die Wirtschaftskraft der Allobroger zu retten? Zuzutrauen wäre es ihm. War das ein Wirbel, als er sich damals um die Sizilianer gekümmert und ihren Statthalter Verres angeklagt hat…“ Quintus holte noch einmal Luft, hielt den Kopf schräg und warf einen letzten lauernden Blick auf Rufus. Doch Rufus hatte noch immer keine Ahnung, was eigentlich los war. „Hier“, ließ Quintus schließlich ein Bündel Täfelchen über den Tisch rutschen. Sie waren aus wertvollem lackiertem Holz. Am erbrochenen Siegel glaubte Rufus eine Kichererbse im Wachs zu erkennen. „Das hat gestern ein Mann bei Cerberus abgegeben. Reinkommen wollte er nicht. Ungewöhnlich für einen Bediensteten eines so hohen Beamten. Aber vielleicht hatte er einfach wenig Zeit. So wie ich auch. Sobald die Allobroger da sind, macht ihr euch auf den Weg. Ist ja gleich um die Ecke.“

Dienstag, 16. Dezember 2014

Soziale Infrastruktur III – Feuerwehr und Postwesen


Antike Feuerwehr Roms
Antike römische Feuerwehr? Nein, so gibt's die natürlich nicht...
  • Eine richtige Feuerwehr gibt es bis zum Prinzipat des Augustus in Rom nicht. Erst in der Kaiserzeit wachen mit Schwert wie auch Brandschutzaxt ausgestattete vigiles, militärische Einheiten, über Brandgefahren. Lediglich 3 niedere gewählte Beamte innerhalb der vigintisexviri, die tresviri capitales sind für die Aufsicht über vorbeugende Brandschutzmaßnahmen verantwortlich. Auch hier setzt der römische Staat zunächst rein auf Selbsthilfe und auf die überreiche Wasserversorgung, wobei unter den Straßen verlaufenden Wasserrohre und Druckleitungen, sowie Wasserverteilertürme (castella) und Brunnen genutzt werden können. Der erfolgreiche Politiker und Geschäftsmann Marcus Licinius Crassus schafft sich eine lukrative Privatfeuerwehr, die nur löscht, wenn man sie vorher gut bezahlt oder Crassus das brennende Gebäude zu einem Spottpreis überlässt…
  • Eine öffentliche Post gibt es auch keine: Wer etwas zu verschicken hat, muss sich an spezialisierte Handelsunternehmen richten, deren Eigentümer nicht von ungefähr reiche Ritter sind. Briefe gibt man daher lieber jedwedem Bekannten mit, von dem man weiß, dass er zum Empfänger oder wenigstens in dessen Nähe kommt. Zur Sicherheit bittet man lieber gleich mehrere Bekannte und verschickt mehrere Kopien. Will man einen ganz persönlichen oder geheimen Inhalt weitergeben, oder einen, der sicher und schnell ankommen soll, so schickt man einen puer, einem Jungen aus. In Ciceros Briefen (→ Cic.Att.3,9) findet man solche pueri erwähnt, (Boten-)Jungen, die mit Briefen unterwegs sind und Spaß am Abenteuer einer Reise haben. Diese Aufgabe übernehmen junge Klienten, Freigelassene (Cic.Att.6,1,21) und Sklaven. Für Briefpost abgestellte Sklaven warten bei Reisen in Häfen der Reiseroute mit der Korrespondenz (Cic.Att.7,1).Teils kann man die Post aber auch Freunden direkt mitgeben( Cic.Att. 7,1). Eine Sklave muss wohl sehr zuverlässig sein, v.a. auf den weiten Reisen wie von Rom nach Asien ( Cic.Att.6,1), damit er nicht auf eigenen Antrieb „verlorengeht“...

Zur antiken Infrastruktur gibt es auch die Posts über