Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 25. September 2014

VII. Pflicht und Lust. Leseprobe aus "Catilina und die Jugend Roms"

Nun ein Auszug aus Kapitel Sieben (aus dem zweiten Band gibt es bisher Ausschnitte zum ersten, zweiten, dritten, vierten, fünften und sechsten Kapitel). Anregungen und Kommentare sind wie immer erwünscht (Rufus.in.Rom@gmail.com)!
Pflicht und Lust: Zenon und Epikur
Pflicht & Lust: Zenon & Epikur (Glück)

Kapitel VII: Pflicht und Lust

            Ein Klatschen, ein Spritzen, dann ein erstickter Schrei. Gaius musste endgültig den Halt verloren haben. Rufus sprang sofort hinterher. Rufus folgte der Strömung, doch konnte er Gaius in dem schlammigen Wasser und der absoluten Finsternis nicht finden. Bei allen Muttergottheiten und beim Apoll der Römer, Gaius hatte doch hoffentlich das Schwimmen nicht vergessen! „Gaius! Gaius wo bist du?“ Seine Schreie wurden vom Tonnengewölbe der Kanalisation vielfach gebrochen hin und her geworfen. Keine Antwort. Als das Echo verklungen war, hört er doch noch etwas: ein panisches Röcheln. „Gaius! Bleib ruhig! Spuck das Wasser wieder aus. Schwimm einfach auf der Stelle!“ Als Antwort hörte Rufus nur ein gurgelndes Geräusch, doch das reichte ihm. Zielsicher packte er zu und zog ihn wieder über Wasser. „Gaius, beruhige dich!“ Rufus legte ihm seinen linken Arm um den Hals und zog ihn rückwärts schwimmend mit. Gaius prustete und spuckte, schließlich ließ er sich aber von Rufus führen.
            Ein starker Sog zerrte die beiden mit. Die Kanalisation wurde offenbar laufend mit viel Frischwasser von den Aquädukten versorgt. Orientierungslos wurden sie im Kanal hin und her geworfen und stießen sich die Köpfe. Dennoch kämpfte sich Rufus immer wieder an eine Seite und tastete nach Vorsprüngen oder Planken. Schließlich konnte er sich an etwas festhalten. „Komm jetzt, hoch mit dir!“ Der Rand war glitschiger als erwartet. Als ihr erster Versuch scheiterte, begann Gaius wieder hektisch zu strampeln. „Gaius, was soll denn das? Bleib ruhig!“ „Hier kommen wir nie wieder raus! Entweder ersaufen wir hier unten oder wir verhungern! So wie der arme Kerl vor uns, dessen hohler Schädel uns verhöhnt hat... Ai!“ Rufus hatte sich inzwischen auf den Vorsprung schwingen können und Gaius eine kräftige Ohrfeige verpasst. Das half. Er ließ sich wieder folgsam mitziehen. „Und nun?“, stieß er zwischen zwei Schluchzern aus. „Kein Licht! Hier kommen wir nie wieder raus!“
            Rufus dachte nach. Abwasser, Strömung… Wir müssen nur dem Wasser folgen. „Heureka!“, rief er schließlich. „Wasser fließt nur in eine Richtung: bergab. Also folgen wir einfach der Richtung des Wassers! So kommen wir zum Tiber.“ „Meinst du denn, wir können so lange schwimmen? So wie es aussieht, gibt es am Rand meist nur diese verdammt glatten Tunnelwände, beim Pluto…“ „Keine Sorge, ich kann dich lange genug abschleppen. Solange wir welche finden, nehmen wir Vorsprünge oder Bretter. Ich tauche mal meinen Fuß rein, um zu sehen, in welche Richtung wir weiter müssen..., aber he, moment Mal!“ „Was ist? Warum lachst du?“ „Wir Dummköpfe! Das Wasser ist hier gar nicht so tief, da kann man stehen!“ „Wirklich?“ Rufus sprang wieder in den Kanal. „Wirklich! Komm!“
            Erschöpft lagen schließlich beide am Tiberufer und atmeten durch. „Ich hätte wetten können, dass wir in der Cloaca Maxima rauskommen“, meinte Gaius verwundert. „Umso besser, das Ende der Cloaca Maxima ist noch nicht überdeckt, ich hätte mich ungern so auf dem Forum gezeigt.“ Dabei hob er seine abwasserdurchtränkten Ärmel in die Höhe. Rufus versuchte sich zu orientieren. Die Nacht war beinahe vorbei, aber der Tag hatte noch nicht richtig begonnen. Im Zwielicht konnte er zu ihrer Linken schemenhaft eine Insel ausmachen. Das musste die Insel des Äskulapius sein, des Sohnes des Apollo. Gegenüber wimmelte es vor Menschen zwischen all den Kais und den Kränen der navalia – das mussten die Dockanlagen sein und dahinter die großen Speicher, wo das Getreide zwischengelagert wurde, das zur Unterstützung ärmerer Römer verteilt wurde. Kein Wunder, alle Lastkähne von Roms Hafen Ostia drängelten sich hier wie Ferkel an den Zitzen des Muttertiers. […]
            Gerade ging die Sonne hinter dem nächstgelegenen Hügel auf, an dem er die alte Stadtmauer zu erkennen glaubte. Also lag hinter ihrem Rücken Osten. Rechts von ihnen breitete sich das Feld am Tiber weiter aus, auf dem bereits junge Soldaten ihr militärisches Training begannen und waghalsige Wagenlenker den Staub bis in den Himmel warfen. Dahinter Stadtmauern und weitere Hügel. „Dann führt ein anderer Kanal vom Esquilin über die Subura zum Marsfeld?“ Gaius warf sich wieder zurück ins Gras. „Ach wer weiß schon welcher Kanal wo hin fließt, seit der alte Etruskerkönig die Ebenen Roms entwässert hat. Das Kanalsystem ist weit verzweigt. So viel ich gesehen habe, gibt es viele Querverbindungen und Sackgassen. Diesen Ausgang hat vielleicht seit Tarquinius Priscus niemand mehr zu Gesicht bekommen. Völlig zugewuchert und fast vollständig unter Wasser. Ein Wunder, das wir da heil durch gekommen sind – Mercurius sei Dank!“ Rufus rieb sich die Schürfwunden an Armen und Gesicht, die er sich im Kanal zugezogen hatte. Gaius sah ein wenig peinlich berührt zu ihm hinüber. „Ach was soll‘s“, grunzte er schließlich, ging zu Rufus hinüber und packte seinen rechten Arm bis zum Ellenbogen: „Dir gebührt ebenso großer Dank! Du hast mir das Leben gerettet. Schau mir in die Augen, Rufus, Sohn eines Adligen aus dem fernen Norden: Jetzt bist du wirklich mein Bruder, nicht nur irgendein Gastfreund meines Vaters!“ Gerührt verkniff sich Rufus eine Träne. Er hatte sich schon immer einen großen Bruder gewünscht. Vor allem jetzt, wo seine große Schwester als Geisel der Sueben in der Ferne weilte. „Bruder.“ „Bruder.“ Feierlich wandten sie sich gen Osten und sahen gemeinsam zu, wie die Sonne über dem Kapitol aufging. Langsam tauchte sie Tempeldächer und Statuen in eine rotgoldene Glut, deren Widerschein auf den einzelnen Strahlen bis zu ihnen zu gleiten schien.

Dienstag, 2. September 2014

ludi - Ablauf von Theaterspielen


Während der zahlreichen religiösen Feste in Rom werden Festspiele (ludi) gegeben. Darunter zählen auch Theateraufführungen. In Roms Theatern werden schnell Tragödien und Komödien getrennt voneinander aufgeführt, nicht wie in den mehrtägigen Festen des Dionysos jeweils drei Tragödien, gefolgt von einer Komödie in einem einzigen Theater, wie in Athen. Die Oberaufsicht haben die Ädile, sie sind für alle Spiele und Aufführungen zuständig und bezahlen die meisten aus der eigenen Tasche, da sie danach auf die Wählergunst für das nächsthöhere Amt der Prätur hoffen.
Dazu lassen sie neben einem Tempel oder im Circus Maximus ein langgestrecktes Podest errichten (pulpitum), worauf auch Boxer, Seiltänzer (und bei Beerdigungen auf ludi fúnebres auch Gladiatoren) auftreten (Blume 2002, Spalte 272).
Die Ädilen engagieren die Schauspieltruppen meist persönlich. Der dominus gregis, der Leiter der Truppe kauft dem Dichter das Stück ab, lässt die Musik für die umfangreichen Gesangspartien komponieren (cantica), engagiert einen choragus, einen Kostümverleiher und übernimmt oft auch die Hauptrolle (vgl. Blume 2002, Spalte 272). Wenn er nicht wie bei den großen Spielen in Rom selbst im Voraus bezahlt wird, inszeniert er auf eigenes Risiko (ebd.).
Bühnenwand eines römischen Theaters
scenae frons - Römische Bühnenwand im Theater von Pamukkale (Kleinasien)
Nun kommen die Besucher und zwar in großer Zahl und wohl auch deshalb finden verschiedene Veranstaltungen gleichzeitig statt. Ins Theater darf nämlich jeder: Männer und Frauen, Sklaven, Kinder - und selbst Ammen mit ihren Säuglingen (Blume 2002, Spalte 272).