Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 30. November 2017

caedes: Soldaten nach der Schlacht (mos et miles XI)



cb caedes ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
Ist die gegnerische Armee eingekesselt oder in die Flucht gejagt, ist das Lager, die Festung oder die Stadt erobert, dann ist die Schlacht vorüber. Die Schlacht mag vorbei sein, nicht das Schlachten: Viele Soldaten sind noch mitten im Kampfesrausch, den die antiken Feldherren nicht zügeln, sondern oft ausleben lassen, um die gegnerischen Truppen noch auf der Flucht möglichst weitgehend zu dezimieren. Zur Verfolgung und Niedermetzelung des Gegners kommen die schnellen Reitertruppen zum Einsatz. Auch Zivilisten, selbst Frauen und Kinder, werden in dieser ersten Phase nach der Schlacht kaum geschont. Gefangene werden erst gemacht, wenn der Kampfesrausch vollständig verflogen ist.
In der Hitze des Gefechts  oder auch aufgrund taktischer Überlegungen kommt es bei starkem Widerstand, vor allem der befestigten Städte vor, die Besiegten restlos abzuschlachten. Haben die Städter noch nicht kapituliert, bevor der Sturmbock an die Tore schlägt, so steht die gnadenlose Niedermetzelung der Waffenfähigen und der Verkauf der übrigen in die Sklaverei zu befürchten.
Weitere Misshandlungen und Verstöße gegen Menschen- und Völkerrecht werden in der Regel bei römischen Autoren immer dann als moralisch höchst verwerflich geschildert, wenn es sich bei den Opfern um römische Soldaten und Bürger handelt ( hierzu und zum Folgenden vgl. Gerlinger 2008, S. 271-288). Gegenüber Barbaren werden die gleichen Untaten dagegen nicht negativ kommentiert, ja manchmal werden sie sogar als gute Tat für Rom präsentiert.
Diese Art der Präsentation wird zwar oft von der breiten Masse des Volkes aber nie von allen Römern akzeptiert und führt häufig auch zu Kritik oder gar zu Untersuchungsausschüssen und Prozessen – zumindest wenn man damit gegen einen politischen Gegner vorgehen kann. Es bestehen aber auch weit verbreitete Vorstellungen von Humanität, die sich schon früh entwickelt hatten:

Mittwoch, 29. November 2017

XI. Veni! - Das Täfelchen I

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem elften Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es  zumersten, zweitendritten, vierten, →fünften, sechsten, siebten, achten  neunten und zehnten Kapitel)
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!

Colligere incertos et in ordine ponere crines
cb tabellaeI ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0

Kapitel 11: Veni! Das Täfelchen I
Mit einem Ruck fiel Naso aus dem Bett.
Verwundert sah er sich um.
Der Hocker lag schräg an sein Bett gelehnt. Wachstäfelchen und Griffel lagen neben ihm am Boden. Er musste doch noch eingeschlafen sein.
Es hämmerte gegen die Tür. Der Lautstärke nach könnte es ein grobschlächtiger Schlägertyp sein, ein ehemaliger Gladiator vielleicht.
»Schulde ich jemandem so viel Geld?«
Wieder hämmerte es.
Mühsam rieb sich Naso seine Augen. Er konnte sich nicht erinnern, sich auf einen derart gefährlichen Geldhai eingelassen zu haben – oder doch? Oder hatte Titus ihn durchschaut und einen Legionär geschickt? Oder war es einer von Vedius‘ Leuten?
Auf Zehenspitzen schlich er zur Türe und lauschte. Doch er konnte nicht feststellen, wer vor der Türe stand.
„Naso, mach endlich auf! Ich bin’s. Nur wegen dir bin ich so früh gekommen!“
Naso schob den schweren Riegel beiseite.
„Nape!“
Mit einem spöttischen Grinsen senkte sie sittsam ihr Haupt.
„Dominus….“
„Du brauchst mich nicht dominus zu nennen, liebste Nape, ich bin nicht dein Herr – leider… und du hast ein viel zu schönes Gesicht, um es wie eine gewöhnliche Sklavin zu senken - was achtest du heute nur so auf die Etikette? Trage es vor mir nur erhoben, so wie gestern!“
Nape wollte schon etwas erwidern, da lief Marcus vorbei, grüßte Naso und schlurfte rülpsend zu seiner Kammer weiter.
Nape hielt ihren Blick gesenkt und biss sich auf die vollen Lippen.
„Ich entschuldige mich für meinen Nachbarn. Komm rein…! Du wolltest doch etwas sagen?“ Er schloss die Türe hinter ihnen. „Na los, keine Scheu!“
„Es ziemt sich nicht für eine Sklavin, einen Herren ungefragt anzusprechen – oder anzusehen.“
Sie hielt den Kopf noch immer gesenkt und schielte dabei vielsagend auf Nasos goldenen Ring: Sonnenstrahlen fielen durch das halb geöffnete Fenster und tauchten ihn in ein feuriges Funkeln. Das Kennzeichen des freien römischen Bürgers, gepaart mit der Auszeichnung einer reichen Familie.
„Ich bin nur eine gewöhnliche Sklavin, Herr. indocta - ungebildet. Nicht wie du. Ich verstehe nicht viel.“
Schamhaft bedeckte Naso den Ring mit der anderen Hand. Er wusste selbst nicht, warum er sich wegen des protzigen Ringes seiner Familie schämte - doch er tat es. Vielleicht sollte er seinen ererbten Siegelring gegen einen einfachen tauschen, einen gewöhnlichen aus Eisen? Oder störte es ihn, dass Nape nur eine Sklavin war? Doch was hieß schon ʺnurʺ…