Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Samstag, 28. Januar 2017

III. Recht ist‘s und billig mein Flehen: Treffen mit Corinna - Leseprobe aus Buch I "Einzig Corinna"

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem dritten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es zumersten und zweiten Kapitel).
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!

Kapitel 3:Recht ist‘s und billig mein Flehen: Treffen mit Corinna
Naso spähte zur Sonnenuhr. Die neunte Stunde des Tages hatte bereits begonnen, kein Zweifel.
»Immer noch nicht!«
Er war pünktlich gewesen: Die achte Stunde. Früher Nachmittag. Siebzehnter Tag vor den Kalenden des November.
Überpünktlich sogar. Und es war auch der richtige Ort:

Dort wo der Nymphenbrunnen beim Marmortempel der Venus
            weit durch die Lüfte die Gischt spritzt mit des Rohrdruckes Kraft.

cb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0 de
Hohe Fontänen schossen lebenslustig aus den Wasserspeiern gen Himmel, zerstoben in unzähligen Tröpfchen, sanken in nebligen Schwaden herab und flossen schäumend über den Abfluss. Die marmorne Figurengruppe glänzte golden in der Sonne. Einzig Neptun spie seine Fluten ein wenig missmutig aus. Ob es ihn störte, dass sein wallender Bart etwas Moos angesetzt hatte?
Dennoch: Ein sehr lieblicher Ort.
Nur Corinna fehlte.
Wo blieb sie nur? Schließlich hatte sie selbst eben diese Verse aus den Ratschlägen des Propertius stehen lassen, als sie Ort, Treffpunkt und Zeit in Nasos Wachstäfelchen geritzt hatte.
Eine Verabredung für den nächsten Tag. Nicht mehr und nicht weniger.
So lehnte Naso lässig am Rande des Brunnens und hielt Ausschau.
Das heißt er wollte lässig erscheinen, doch je länger er wartete, desto mehr verkrampfte er sich und desto unsicherer wurde er.
»Und wenn sie doch nicht kommt? Habe ich mir das Ganze am Ende nur eingebildet? Nein, ich bin doch nicht verrückt! Die Frau war aus Fleisch und Blut, So etwas Schönes kann man sich gar nicht selbst ausdenken. Aber… vielleicht war ihr Interesse nicht echt? Ich bin einfach zu nervös…! Oh Venus, bitte steh mir bei!«
Naso wartete auf ein Zeichen, doch es kam keines.
Die Torflügel des Tempels blieben so fest verschlossen, wie zuvor.
»Was habe ich mir auch gedacht – dass sie auf einmal von selbst aufspringen, wie das Türflügelwunder in der Aeneis des Vergilius?«
[…]
Er schlenderte zu den Stufen des Tempels. Er hatte gehofft, dass vielleicht ein Priester hineingehen würde und er einen Blick erhaschen könnte. Gerade mal lang genug, um ein Gebet hinterher zu werfen. Doch es kam niemand.
Niemand, der in den Tempel ging.
Nur ein paar Mädchen und Frauen stellten sich zum Wasserholen an. Sie füllten ihre Gefäße am Hahn, gleich neben den Wasserspielen. Ein eigener Wasseranschluss, das war schon etwas, was Naso in seiner Kammer vermisste…
Allmählich lichtete sich die Schlange wieder. Nur ein paar Kinder spielten am Überlauf des Brunnens. Sie ließen kleine Spielzeugboote in der Wasserrinne um die Wette schwimmen und fischten sie wieder heraus, bevor sie durch das Gitter in die Kanalisation gespült werden konnten. Außer den Kindern und den Wasserholerinnen war der Platz nahezu leer.
Corinna war nirgends zu erblicken.
Naso hätte etwas draußen am Altar opfern können, doch er hatte nichts dabei, was sich als Opfergabe eignete.
Immer noch den Tempel fest im Blick, schlenderte er wieder zum Brunnen zurück.
„Geh ruhig nach oben!“, rief ihm eine alte Frau zu, die am Brunnen Wasser holte. Sie lächelte ihn aus ihren Zahnlücken an. Ihr schütteres weißes Haar trug sie sorgsam zu einem Knoten zusammengebunden. Sie trug die vertrauenser­weckende Stola einer ehrbaren Frau. „Decimusss hat Dienssst, er lässt die Türe den ganzzzen Tag auf, fallsss einer ein Votivgeschenk darbringen will“, zischelte sie. „Der nimmt auch Münzzzen, zum Wohle der Göttin.“
Naso dankte der Matrone mit einem freundlichen Wink.
„Danke, aber ich warte hier auf eine Freundin.“
„Sssieht man, Junge. Blumen, wie nett! Hat mein Quintusss mir noch nie gemacht… Du kannssst beruhigt reingehen. Wenn ich mit dem Wasssserholen fertig bin, werde ich warten, bis du wieder draußssen bissst. Sobald eine junge Dame herkommt, werde ich ihr ausssrichten, dassss du noch kurz bei Venusss weilssst.“ Sie lächelte über ihr faltiges Gesicht. „Junge Liebe, sssieht man ssso ssselten! Da helfe ich gerne…“
Naso zögerte, dann rannte er die Stufen empor und klopfte vorsichtig mit dem Fuß an das Tempeltor.
Knarrend öffnete sich der Wächtereinlass des linken Torflügels.
„Ja bitte, was wünschst du von der Herrin Cytherea?“
„Eine Weihegabe. Ein kleines Opfer, um Venus gnädig zu stimmen.“
„Komm!“
Der Priester führte ihn ins Tempelinnere.

Dienstag, 10. Januar 2017

fossa, agger et vallum - Lagerbau (mos et miles III)

castra, fossa, agger, vallum: Legionäre & ihr Marschlager
cb castra h©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0 de
Die römische Armee ist ständig in Bewegung. Am Ende eines jeden Marsches wird immer ein Lager errichtet. Besonders ausführlich beschreibt das Militärhandbuch Epitoma rei militaris des Vegetius das standardisierte Vorgehen - ganze fünf Kapitel lang (→ Veg.mil.1,21-25).
Noch vor dem Errichten des Marschlagers schickt der Feldherr einen Pioniertrupp unter einem Tribun voraus, um einen geeigneten Lagerplatz ausfindig zu machen. Er sucht einen etwa 800 mal 800 Meter großen Platz, möglichst auf einer Anhöhe. Das Gelände soll einem angreifenden Feind keinerlei Deckung bieten, dafür eine gute Sicht über die Gegend und Wasser in der Nähe haben (extrem wichtig!).
In der Mitte wird das Zelt des Feldherrn (praetorium) errichtet (I). Rote Fahnen an den anderen Stellen zeigen an, wo die Offiziere (III, IV und V) und Legionäre (VI) in ihren Zelten (tentoria) kampieren. Ausländische Hilfstruppen (auxilia) müssen am Lagerrand, an den gefährlichsten Stellen zelten (VII). In unmittelbarer Geschossreichweite am Wall lässt man jedoch eine Schutzzone frei (intervallum).
Wenn möglich, wird das Lager rechteckig angelegt, jedoch immer der Lage angepasst. Von der Mitte der Linie aus, die die Standorte der Legionärszelte angibt, wird das Lager vermessen. In ca. 400 Meter wird die vorderste Verteidigungslinie des Lagers, mit Speeren abgesteckt, danach die drei Hauptstraßen (via principalis, via praetoria, via quintana). Von diesen verläuft eine vom praetorium (I) durch die Lagermitte und wird von den beiden anderen rechtwinklig geschnitten. Die Soldaten heben einen drei Meter tiefen und vier Meter breiten Graben aus (fossa), häufen die Erde auf der dem praetorium (I) nächsten Seite an und flachen sie oben in ungefähr 1¼ m Höhe ab (vallum). An der Vorderseite wird der Hügel mit Rasen vom Graben verkleidet.
Dieser Graben (fossa) und der Schanzaufwurf, bzw. Damm (agger / vallum), sind ungefähr 700 m lang und bilden eine Seite des Lagers. Während ein Teil der Armee mit dem Bau des Schutzwalls beschäftigt ist, halten die Übrigen kampfbereit Wache. Zusätzlich wird das Lager durch Annäherungshindernisse geschützt, wie dem titulus, eine Art dem Lagereingang vorverlegter „Schützengraben“, weiteren Gräben, Fußangeln (mit Widerhaken) usw. Hinzu kommen schuss­bereite Torsionsgeschütze auf dem Lagerwall (tormenta).


Aus der Reihe mos et miles geht es hier↓ zu

I. tiroRekrutenausbildung im römischen Militär
II. maximis itineribus - Auf dem Marsch
III. fossa, agger et vallum - Lagerbau
IV. proelium – Die römische Armee im Gefecht
V. naves longae – Antiker Seekrieg
VI. peregrini: Leistung & Anerkennung von Nichtrömern im römischen Heer
VII. Germanen im römischen Heer - erschreckend effektiv
IIX. cohortes: Taktische Einheiten der römischen Legion
IX. obsidio: Belagerungen in der Antike
X. machinae: Belagerungsgerät der römischen Armee
XI. caedes: Soldaten nach der Schlacht