Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 15. Mai 2017

Körperhygiene: Gurgeln, Nägelschneiden und forma neglecta (Mode und Körperpflege X)

Cleopatra - Kleopatra
cb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0 de

Römer verwenden viel Zeit auf Mode & Körperpflege, nicht nur die Frauen, auch Männer der besseren Gesellschaft – selbst wenn die mores maiorum andere Verhaltensvorschriften nahelegen. Waschen, Gurgeln, Zähneputzen und Nägelschneiden ist für beide Geschlechter gesellschaftlich akzeptiert und gehört zur Grundlage der munditia, der „reinlichen Sauberkeit“, zentraler Begriff römischer Körperpflege. Was darüber hinaus geht, unterscheidet sich geschlechterspezifisch.

Frauen
… widmet der Dichter Ovid ein ganzes Ratgeberbüchlein zur Schminkkunde (Medicaminafaciei femineae) in Gedichtform.
In seiner ars amatoria empfiehlt er jedoch den Frauen, teure Mode und Schmuck nicht zu übertreiben, um die Männer nicht damit zu verjagen (→Ov.ars Buch 3, V. 129-132). Er rät stattdessen, die Männer über schlichte Sauberkeit zu packen (→ebd., V. 133) und die Haare entsprechend der Kopfform zu frisieren und im Spiegel zu überprüfen (→ebd., V. 133-178).
In der Frage der passenden Kleidung hält es Ovid hier in V. 179-192 eher mit preisgünstigeren Farb-Varianten als echtem Purpur und echten Goldfäden - „was ist das für ein Wahnsinn, sein Vermögen am Körper zu tragen?“ (V. 172). Besonders scheinen ihm Pastelltöne an Frauen zu gefallen, außerdem namentlich Azurblau-Varianten, Krokus, Rosa, Besch- und Weißtöne, Eichelbraun, Amaryllis und Mandel. Hellhäutigen Frauen rät er im Allgemeinen dunklere Farben, dunkleren Hauttypen zu heller Kleidung.
Bei der Körperpflege an sich (→Ov. ars Buch 3, V.193-234) meint Ovid, echte Römerinnen kaum daran erinnern zu müssen, sich zu waschen, Schweißgeruch zu vermeiden und sich die Beine zu rasieren – sie sind ja nicht aus dem letzten Kaff in der Provinz. Römerinnen dächten ja auch von selbst daran, ihre Zähne zu putzen, Mundgeruch zu bekämpfen, der Natur mit Puder, Rouge und Schminke nachzuhelfen und Parfüm zu benutzen.

Männer…
… sollen sich dagegen weder schminken noch parfümieren. Nach Ovid steht ihnen eher eine Art gepflegte Vernachlässigung (→Ovid ars Buch 1, V. 505-524):

Dienstag, 2. Mai 2017

V. Da! Corinna kommt! - Leseprobe aus Buch I "Einzig Corinna"

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem fünften Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es zumersten, zweitendritten und vierten Kapitel)
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!
Kapitel 5: Da! Corinna kommt!
Auch der nächste Tag verlief nicht so, wie Naso es sich gewünscht hätte. Zwar leugnete Corinna tatsächlich mit fester Stimme, dass sie sich ihm hingegeben habe. Titus sei dafür viel zu betrunken gewesen. »Immerhin, wenn nicht ihr Körper, so war wenigstens ihre Stimme loyal geblieben«, dachte Naso.
Doch wollte sie ihn weder besuchen kommen, noch lud sie ihn zu sich ein. Und dies änderte sich auch in den folgenden Tagen nicht.
[…]
Es schien, als habe er mit der Welt abgeschlossen, auch mit Corinna.
cb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0 de
[…]
Naso schrieb wieder.
Er arbeitete wie ein Besessener.
Allerdings nicht an seiner humorvollen Dichtung über Liebesleid. Er hatte alle Liebesdichtung beiseite gewischt und mit ihr zugleich alle Vorstellungen von reiner Liebe mit ihr.
Er war gefangen im dunkelsten Winkel menschlichen Empfindens.
Dunkler noch als die Jahreszeit, dunkler als alles, was er bisher getan oder gelesen hatte, seit sein Bruder gestorben war.
Medea.
Lange hatte er den Entwurf dieser Tragödie verborgen und seitdem nie wieder hervorgeholt – bis jetzt.
Medea - in leidenschaftlicher Liebe zu Iason entbrannt. Medea – erst lebensrettende, dann todbringende Zauberin. Medea – rasende Mörderin, die ihre Opfer zerstückelte.
Selbst beim Dichten liefen Naso kalte Schauer über den Rücken. Noch immer musste er allein beim Gedanken daran weinen, wie Medea ihren Bruder tötete, zerstückelte und die Leichenteile bei ihrer Flucht verteilte. Auf diese Weise aus Kolchis zu entkommen, den eigenen Vater aufzuhalten, indem er die Leiche seines Sohnes aufsammeln musste – wer konnte nur bereit sein, diesen Preis für seine Liebe zu bezahlen?
Medea.
[…]
Grausiger Inhalt, verewigt in nachtschwarzem Wachs, gepresst ins unerbittliches Ebenholz der Schreibtafeln.
Es gab gute Gründe, dass Naso seine Medea bisher unter Verschluss gehalten hatte. Manchmal war ihm, als würde sein eigener Text ihn zu verwandeln trachten. Manchmal schien ihm, als sei etwas erwacht, etwas Unheimliches, und wolle nach ihm greifen. Manchmal fühlte es sich an, als wollten Wahnsinn und Zerrissenheit tief aus Medeas Inneren entkommen und auf ihn überspringen: Ein Sog, der aus der dunkelsten Psyche entsprang und ihn für immer zu verschlingen drohte, ihn unaufhaltsam in einen gähnenden Abgrund zog - ein schwarzer Schlund der Verzweiflung.
Trotz allem, oder gerade deswegen wuchs die Tragödie wie von selbst. Medea schuf ihre eigenen Gesetze, nahm Form an und alles in Anspruch. Naso musste sein Talent beherrschen, anstatt ihm nachzugeben. Er konnte sich kaum noch losreißen, schrieb nächtelang durch, die Geräusche seiner Umwelt drangen nicht mehr bis zu ihm durch. Medea erschuf sich eine eigene Existenz, tief in ihrem Schöpfer. Daneben gab es nichts mehr, nur Dunkelheit und drückende Stille, die schwer auf Nasos Trommelfell lastete. Das einzige, was er wahrnahm, waren schwarze, wirbelnde Wolken von Nichts, die sich in seiner Schreibtafel zu einer zähen Masse verdichteten und seine Ohren wirkungsvoller verschlossen als das Wachs des Odysseus bei den Sirenen.
Dunkle Ringe bildeten sich unter Nasos Augen.
Nach mehreren durchwachten Nächten in Folge spürte er ein seltsames Gefühl. War es die Müdigkeit, die an ihm hochkroch? Nein, es war irgendwie anders - wie halb im Schlaf und dennoch wach.
Naso versuchte aufzustehen.
Er konnte nicht.
Er konnte keinen einzigen Muskel bewegen.
Kalter Schweiß lief seinen Nacken entlang. Panik breitete sich in ihm aus. Aus dem Schwarz des Wachses schienen Stimmen aufzusteigen, wie dunkler Nebel, der empor wallte und ihn schließlich rundum einhüllte.
„Naso… Naaaso“, schienen sie mit lockender Frauenstimme zu flüstern.
»Medea? Bei allen Göttern! Ein Geist, geboren aus Wachs und Tinte? Kann sie etwa noch in bloßen Buchstaben zaubern, retten oder gar zerstören?«
Servare potui; perdere an possim, rogas? – Bewahren, das konnte ich; verderben, ob ich das kann, fragst du?“
Dieselben Worte, die er Medea gerade noch in den Mund gelegt hatte, schienen sich nun an ihn selbst zu richten.
„Medea?“
„Erkennst du mich nicht?“, antworteten die Stimmen. „Sieh nur, in der Ecke: Da liegt noch ein anderes Werk… Brenne! Sag dich los von Thalia, höre nicht auf Erato! Nur Melpomene sollst du lauschen, der einzig wahren der Musen! Weg mit Erato! Verbrenne die Liebe! Katharsis - Reinige dich! Vernichte sie im alles reinigenden Feuer! Sie schafft nichts, außer grenzenlosem Leid…“