Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Freitag, 28. März 2014

atrium, triclinium, peristylum? Der Aufbau einer römischen domus

I Öffentlicher Teil der domus

Antike Römer  unterschieden genau zwischen öffentlichem und privatem Raum. Während Klienten und Geschäftspartner im vorderen Teil des Hauses willkommen geheißen werden, ist der hintere Teil nur für die familia und enge Freunde gedacht.

Anweg & Routenplanung - iter
Betritt man ein römisches Haus, so muss man es zuerst einmal finden! Straßenschilder und Hausnummern gibt es keine, nur die allerwenigsten Straßen haben überhaupt Namen, wie die Prozessionsstraße Via Sacra (Heilige Straße). Oft verwendet man nicht einmal den Begriff „Straße“ sondern gibt an, wer dort wohnt oder arbeitet, wie Cicero in seiner berühmtesten Rede von „inter falcarios“ spricht – „bei den Sichelmachern“ anstelle von „in der Straße der Sichelmacher“ (Cicero, Cat.1,8).
Bürgersteige und erhöhte Zebrastreifen erleichtern jedoch den Fußweg und schützen vor Pferdeäpfeln, Ochsenmist und anderem Straßendreck. Doch ist ohne Sänfte immer Vorsicht geboten: Manche Türen gehen nach außen auf und treffen unvorsichtige Passanten und manche Bürger entleeren trotz strengster Verbote ihren Nachttopf (lasanum) einfach aus dem Fenster...

Läden: tabernapopina
Zwischen zur Straße hin weit geöffneten Läden, Garküchen, Restaurants, Wirtshäuser, Kneipen, Schulen oder Ärztepraxen findet man einen eher kleinen Eingang zum Privathaus, der mit einem kleinen Säulenvordach (porticus) kenntlich gemacht sein kann. Nur sehr vornehme, sehr reiche oder sehr lärmempfindliche Hausbesitzer verzichten darauf, keine Räume der Hausfront an Geschäfte zu vermieten.
Grundriss einer römischen domus, ehemaliges Atriumhaus, nun Peristylhaus
Grundriss

vestibulum - Eingangsbereich
Zunächst durchquert man einen Gang, der zum zentralen und größtenteils überdachten Innenhof (atrium) führt. Hier hält ein Türsklave (ianitor) Wache, eventuell zusammen mit einem Hund und nur in unfeinen Häusern sind beide angekettet (vgl. Ovid, amores 1,6).

atrium- zentraler überdachter Innenhof
Vom diesem zentralen Raum aus gehen alle weiteren Räume des Hauses und der Durchgang zum peristylum ab. Die Überdachung fällt zur Mitte hin nach unten ab, so fließt das Regenwasser vom Dach über eine rechteckige Aussparung (impluvium) aus hinunter in ein Wasserbecke in der Mitte (compluvium).
Gehört die Familie zum Senatorenstand (ordo senatorius), so hängen hier die Wachsmasken-Porträts der altehrwürdigen Vorfahren. Diese Ahnenbilder können jedoch auch im tablinium oder vestibulum aufgehängt oder in Nischen platziert werden

tablin(i)um- Arbeitszimmer
Hier werden wichtige Dokumente in geschlossenen Schränken und Truhen aufbewahrt, der pater familias empfängt hier seine Klienten, leitet seine Geschäfte oder bereitet Gerichtsreden, politische Tätigkeiten und Wahlkämpfe vor.

Mittwoch, 26. März 2014

domus – villa – insula: Wohnen im alten Rom


Römisches Stadthaus
Gästetrakt der Fabier (ursprünglich eigenständiges Atrium-Haus, durch
 Peristyl erweitert, schließlich zu einem größeren Anwesen verbunden)
Wenn wir heute von „unserem Haus“ sprechen, weiß der Zuhörer noch nicht, wie und wo wir wohnen. Bei den Römern ist das anders:
 

villa – Landhaus

  • Benutzt man das Wort villa, so weiß man, dass dieses Haus auf dem Land steht. Will man betonen, dass es sich um ein Bauernhaus handelt, dann kann man den Begriff rustica hinzusetzen (villa rustica: Zentralgebäude eines ganzen landwirtschaftlichen Betriebes oder nur eines simplen Gehöftes). Einem feinen Römer würde das aber nie einfallen, denn rusticus ist gleichzeitig das Schimpfwort für Landei, Hinterwäldler oder Provinzdepp.
  • Will man seinen Reichtum betonen und anzeigen, dass es sich um ein reines Wohnobjekt mit luxuriöser Ausstattung für gehobene Ansprüche handelt – ein Alterssitz, Wochenend-, oder Feriendomizil, von dem aus die Stadt (Rom) noch in relativ kurzer Zeit zu erreichen ist, so kann man dieses Haus als villa urbana bezeichnen. Mit seinem Luxusanwesen so zu protzen hat jedoch auch den Geruch des Neureichen, so dass Cicero in seinem Briefen auch nicht diesen Begriff verwendet, sondern jeweils bei seinen und des Bruders Villen lieber die Lages des Ortes mit der Nachsilbe –(i)anum kombiniert.

insula – Mietskaserne / Mietwohnung in der Stadt

  • Eine insula bezeichnet eigentlich einen ganzen Wohnblock, in dem sich sechs bis acht Mietshäuser eng aneinander lehnen: Jedes hat mehrere Stockwerke, fünf Etagen oder mehr sind die Regel. Im Erdgeschoss sind fast immer Läden oder Restaurants untergebracht, darüber beginnen die Wohnungen. Die insulae sind ganz auf Profit ausgelegt, auf Instandhaltung wird wenig Wert gelegt, häufig stürzt eine ein oder gerät in Brand. Überwiegend findet man darin billige Einzelzimmer, lediglich mit einem Fenster und Bett ausgestattet - ohne eigene Toilette und ohne Komfort. Wenn man nicht beim Schnellimbissstand isst, trifft man seine Nachbarn in der Etagen-Sammelkochstelle.
  • Im ersten und zweiten Stock sind gelegentlich jedoch auch Luxuswohnungen anzutreffen, ein ganzes Stockwerk nur für einen einzigen Mieter: Hoch genug, damit keine Diebe und Räuber durchs Fenster einbrechen, niedrig genug, um ohne Anstrengung ein und aus zu gehen oder sich mit Wasser oder anderem beliefern zu lassen. Auch G.Julius Caesar und seine Familie wohnten anfangs in so einem Apartment – dazu noch mitten in der Subura, dem verrufensten Wohnviertel Roms.

domus – Römisches Stadthaus

Wer sich eine eigene domus leisten kann, gehört schon einmal mindestens zur Mittelschicht. Die domus besitzt immer mehrere Räume. Doch Wohnraum ist teuer, ein eigenes Zimmer haben außer den Eltern höchstens reiche Kinder, die meisten schlafen zusammen mit den Sklaven.
Ende der römischen Republik ist das ursprüngliche altrömische Haus, das Atriumhaus, nur noch selten anzutreffen, in der Kaiserzeit fast gar nicht mehr (Gerlach2001, S. 22). Welche Familie auch immer zu etwas Geld kam, hat das Atriumhaus längst durch einen Peristylanbau  erweitert, einen säulenumstandenen Garten (Peristylhaus).
In der Mitte des Atriumhauses  liegt ein größerer Raum, der in der Decke ein Loch (impluvium = "Hineinregner") aufweist , durch das Wasser in ein darunterliegendes Becken (compluvium = "Zusammenströmer") fließen und sich in einer Zisterne sammeln kann. Anfangs wurde auch im atrium gekocht, der Rauch zog über die Dachöffnung ab. Beleuchtet wird tagsüber ebenfalls über diese Dachöffnung, die Räume um das atrium können dadurch mit erhellt werden, so dass gelegentlich Fenster an der Außenwand zur Straße hin eingespart werden (gleichzeitiger Diebstahlschutz).
Ursprünglich liegt das vestibulum, der Eintritts-Gang mit zwei seitlichen Räumen an einer Schmalseite des Atriums, ihm gegenüber das tablinium, an den Längsseiten Schlafzimmer und Wirtschaftsräume (Gerlach2001, S. 22).