Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 31. Juli 2017

cohortes: Taktische Einheiten der römischen Legion (mos et miles IIX)

tibicen ticb©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Natürlich hat die römische Legion im Laufe ihrer Geschichte viele Veränderungen durchgemacht. Für meine Romane ist die Zeit der späten Republik und der frühen Kaiserzeit relevant, hier halten sich die Änderungen in Grenzen und man kann von einem einigermaßen einheitlichen Aufbau sprechen. So stelle ich hier kurz die Legion der Kohortentaktik vor, wie sie seit der sogenannten marianischen Heeresreform Bestand hat.
Einigkeit besteht über die Befehlsübermittlung durch Signalinstrumente: Als akustisches Signal im Kampf für Angriff, Rückzug und Standardbewegungen der größeren Einheiten dient das Blasinstrument tuba, eine gerade, trichterförmige, tieftönende Trompete. Vermutlich gibt der befehlshabende Tribun jeder Kohorte seine Befehle über einen Tubabläser, tibicen, an die einzelnen Centurien seiner Kohorte weiter.
Um das Signal der tuba aufzunehmen und an die Feldzeichenträger der einzelnen Centurien weiterzugeben, wird das das cornū verwendet, ein ¾kreisförmig gekrümmtes Horn mit Querstab. Der cornicen steuert so die Feldzeichenträger der Centurie, die weiter vorn postiert sind.
cornicen ticb©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Bei den einzelnen Einheiten allerdings ergeben sich schon in der Sollstärke Probleme mit genauen Zahlenangaben: Sobald der Feldzug beginnt, werden immer wieder Soldaten abgeordnet und verteilt, sei es aufgrund von Verwundungen, Krankheiten, Sicherung der Nachschubwege, Verstärkungen für bedrohte Einheiten etc. So betragen die tatsächlichen Stärken der Einheiten eines laufenden Feldzuges meist nur noch 80% bis 50% der ursprünglichen Sollstärke. Doch auch die theoretischen Sollstärken vor Feldzugbeginn schwanken.
contuberniumticb©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Dies beginnt schon in der kleinstmöglichen Einheit, dem tentorium, der Zeltgemeinschaft. Die meisten modernen Militärhistoriker gehen hier von 8 Mann pro Zeltgemeinschaft aus und damit von 80 Mann je Hundertschaft (centuria). Leider gibt es hierfür keine Belege in den erhaltenen Schriftquellen.
Archäologisch kann man Rückschlüsse aus den Größen der Quartiere in den Standlagern und der Zelte der Marschlager ziehen, doch wissen wir hierbei nicht, ob die damals etwas kleineren Römer weniger Platz brauchen und enger aneinander liegen, um sich gegenseitig warm zu halten. Das erste erhaltene Militärhandbuch in lateinischer Sprache, Vegetius‘ epitoma rei militaris, zählt 100 Mann in eine Hundertschaft und 10 Mann pro Zelt. Da sich mit den gesicherten Angaben des Vegetius schöner rechnen lassen, habe ich sein Zahlensystem zur kaiserzeitlichen Armee als Angabe für die theoretische Sollstärke übernommen.
centuria ticb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Die erst offizielle taktische Einheit ist die centuria, eine Centurie oder „Hundertschaft“, ein „Zug“ zu ca. je 100 (bzw. 80 Mann). Sie umfasst 10 tentoria unter dem Befehl eines centurio, eine Art „Subalternoffizier“ (Art „Feldwebel“), der nicht zu den Führungsoffizieren zählt, sondern als hochgedienter Anführer einer Centurie wahrgenommen wird. Es gibt zwei centuriones je Manipel, sechs je Kohorte, 60 je Legion. Die Bezeichnung der sechs Posten innerhalb der Kohorte in aufsteigender Rangfolge sind: hastatus posterior, hastatus prior, princeps posterior, princeps prior, pilus posterior, pilus primus.
manipulum ticb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Die nächstgrößere Einheit, manipulus, das Manipel, ist seit dem Ende der Manipulartaktik eine reine Nenngröße einer Kohorte. Diese „Kompanie“, weist eine Sollstärke von 200 Mann auf, steht unter dem Kommando von zwei centuriones und gliedert sich in zwei Centurien zu je 100 Mann.
cohors ticb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Schließlich bilden 6 Centurien zu je 100 oder drei Manipel zu je 200 Mann die „Kohorte“, das Bataillon. Die Kohorte ist die wesentliche taktische Einheit seit der marianischen Heeresreform Ende des 2. vorchristlichen Jahrhunderts und verfügt über eine Sollstärke von ca. 600 Mann (bzw. 480 Mann). Als Ausnahme kann die cohors milaria, “Tausender-Kohorte”, die 1. Kohorte einer Legion mit Vorzeigefunktion doppelte Sollstärke aufweisen (800-1.105 Infanteristen), wenn sie den Legionsadler (und später die Kaiserbildnisse) führt. Sie bildet dann den Anfangspunkt der Aufstellung der ersten Schlachtreihe. Die Kohorte steht unter dem Kommando von 6 centuriones, die wiederum von von einem Militärtribunen befehligt werden, tribūnus militum. Der Kriegstribun ist eine Art Stabsoffizier, ein junger „Adlige“ aus dem Ritter- und Senatorenstand mit Führungsaufgaben und meist ohne (große) Erfahrung - im Lager zusätzlich mit Richterfunktion im Strafrecht. Später übernimmt immer mehr ein ernannter und erfahrener Legaten(legatus) nicht nur die Kommandorolle von ganzen Legionen sondern auch von einzelnen Detachements von Kohorten.
legio (acies triplex) ticb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
6 Kohorten bilden zusammen die legio, die Legion, das „Regiment“. Ihre Sollstärke beträgt als oberer Richtwert 6.000 Mann, gegliedert in 10 Kohorten (zu je 600 Mann) zu je drei Manipeln (zu je 200 Mann) zu je 2 Centurien (zu je 100 Mann). Die Stärke der unterstützenden Kavallerie beläuft sich auf 300-730 Mann, dazu kommen ca. 60 Torsionsgeschütze unterstützende Artillerie.
Ganz genau weist sie eine Sollstärke von 4.800-6.100 Mann Infanterie und 300-730 Reiter auf, in der ersten Kohorte 800-1.105 Mann in sechs Kohorten und ca. bis zu 132 Mann schwere Kavallerie; in der 2.-10. Kohorte jeweils 480-555 Infanteristen und bis zu ca. 66 Reiter.


Aus der Reihe mos et miles geht es hier↓ zu

I. tiroRekrutenausbildung im römischen Militär
II. maximis itineribus - Auf dem Marsch
III. fossa, agger et vallum - Lagerbau
IV. proelium – Die römische Armee im Gefecht
V. naves longae – Antiker Seekrieg
VI. peregrini: Leistung & Anerkennung von Nichtrömern im römischen Heer
VII. Germanen im römischen Heer - erschreckend effektiv
IIX. cohortes: Taktische Einheiten der römischen Legion
IX. obsidio: Belagerungen in der Antike
X. machinae: Belagerungsgerät der römischen Armee
XI. caedes: Soldaten nach der Schlacht

Mittwoch, 26. Juli 2017

VII. Ins Gefängnis mit den Händen: Schlag keine Frisur!

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem siebten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es zumersten, zweitendritten, vierten, →fünften und sechsten Kapitel)
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!



Kapitel 7: Ins Gefängnis mit den Händen: Schlag keine Frisur!

Völlig aufgelöst saß Naso auf einem der Korbsessel in Mesallas riesiger Bibliothek. Tränen liefen über die Wangen. Er schwitzte und sein gehetzter Blick verlieh ihm einen tief verstörten Eindruck.
Titus & Naso in der Unterwelt (cloaca)
cb ©: Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Nervös kaute er auf seinen Fingernägeln herum.
Propertius löste sich von Sulpicia und setzte sich zu ihm.
„Noch einmal langsam!“, bat er und legte seinem jüngeren Freund behutsam seine Hand auf die Schulter. „Du warst also bei Corinna?“
Naso nickte nur stumm.
„Hör endlich auf, an deinen Fingernägeln herum zu kauen!“, fuhr ihn Sulpicia heftig an. „Beruhige dich…!“
Doch Naso zuckte zusammen und blickte noch hektischer umher als zuvor.
Sulpicia stöhnte, setzte sich auf Nasos Schoß und fuhr ihm beruhigend über das Haar.
„Na komm schon, Nasulle… Corinna hat dir also gesagt, dass sie Titus noch einmal empfangen hat?“
„Titus?“, fragte Propertius erstaunt, „aber der ist doch wieder bei der Armee! Wollte er nicht nach Ostia zu seinem Schnellsegler, um sich mit seiner Einheit einzuschiffen?“
„Ach Schätzchen, du bist einfach nicht mehr auf dem laufenden!“, winkte Sulpicia ab. „Onkel Corvinus und Carisius haben ihn doch persönlich verabschiedet. Wie gut er in seiner Rüstung aussah, das muss man schon sagen! Das ist das einzige Gewand, das ihm passt, auch wenn er noch so muskulös ist...“
Naso verspannte sich weiter.
„Danke! Sehr hilfreich, als Freundin“, zischte Propertius unwirsch. Ob es ihn mehr störte, dass sie ihn unterbrochen hatte oder dass sie Titus als gutaussehend bezeichnete, war nicht zu erkennen. Oder störte ihn ihre Nähe zu Naso?
„Aber in einem hat sie Recht, lieber Naso“, setzte er hinzu. „Das ist wirklich kein Grund, so auszurasten. Ist das denn so schlimm, dass sie ihn noch ein letztes Mal verabschiedet hat?“
„Nimm endlich nimm die Hand vom Mund, die kann nichts dafür!“, zerrte Sulpicia an seinem Handgelenk.
Naso streckte sie rasch Propertius entgegen:
Lege in Ketten die Hand -sie verdient es-, wenn du ein Freund bist,
            bis dann die Raserei in mir zur Gänze sich legt.
„Was er nur mit seinen Händen hat?“, rätselte Propertius und tauschte verstohlene Blicke mit Sulpicia.
Leichtfert‘ge Raserei hob gegen mein Mädchen die Arme;
            weint sie nun und ist verletzt -Wahnwitz-, weil ich sie erhob!
„Wen hast du erhoben, Corinna oder deine Hand? Ai!“
Sulpicia hatte Propertius unsanft in die Rippen gepufft.