Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 29. Dezember 2014

VIII. Cicero. Leseprobe aus "Catilina und die Jugend Roms"

Es folgt ein Auszug aus Kapitel Acht (aus dem zweiten Band gibt es bisher Ausschnitte zum ersten, zweiten, dritten, vierten, fünften, sechsten und siebten Kapitel). Anregungen und Kommentare sind wie immer erwünscht (Rufus.in.Rom@gmail.com)!

Kapitel VIII: Cicero
Porträt von Cicero / Cicero mit überraschtem Gesichtsausdruck
Schwer zu überraschen - Cicero
[…]
[Rufus erfährt von Gaius über das Menschenbild und Weltbürgertum des Plautus. Cicero gelingt es, die zerstrittenen Parteien durch eine mitreißende Rede zu versöhnen. Clodius, Antonius und Gaius schleppen Rufus in eine dunkle Taverne mit, wo sie auf ihre Weise seinen Geburtstag feiern.]
            Am nächsten Morgen war Rufus kaum aus dem Bett zu bekommen. Ob etwa das Kleinbisschen Wein daran schuld war? Zwar hatte er hin und wieder am Becher genippt, aber nie viel, immer nur ein Bisschen. Lustig war es schon gewesen, so mit dem vielen Geld zum Würfelspiel, Wein so viel man wollte – und für alle Gäste… und war da nicht noch etwas mit Tänzerinnen oder Akrobatinnen gewesen? Auf jeden Fall hatte das Ganze ausgereicht, auch wenn er nicht richtig mitgetrunken hatte und immer wieder heimlich etwas weggeschüttet hatte. Jetzt schienen seine Haare wie winzige Nadeln in seinem Kopf zu stecken, die Zunge klebte trocken an seinem Gaumen und seine Augen und sein Hals brannten. Nur gut, dass Gaius heute an einem dies fastus wieder Sura vor Gericht helfen musste – sonst wären die wohl gar nicht mehr schlafen gegangen.
            An der Türe zur Bibliothek fing ihn Apollonius ab: „Der Herr wünscht dich zu sprechen. Du sollst umgehend zu ihm ins Tablinium kommen.“ „Jetzt? Während das Atrium voller Klienten ist?“ Apollonius schnaubte verächtlich. „Nein, sofort! Er muss es für wichtig halten, der Herr hat mich persönlich damit beauftragt, dich zu holen.“ Und als er in Rufus fragendes Gesicht blickte, fügte er seufzend hinzu: „Vielleicht doch eher eine Fehleinschätzung. Was für eine Verschwendung meiner wertvollen Arbeitszeit…“
            Als Rufus durch das Atrium lief, schmerzte ihn der Widerschein der Sonne im Impluvium in den Augen. Zu seiner Überraschung war das Atrium fast leer. Doch war seine Vermutung nicht ganz falsch gewesen, der Vorraum zum Tablinium war voller Klienten. Nur dass die einfacheren Bürger wohl schon mit den sportulae-Körben versorgt worden waren. Die Togaträger hinter der Abtrennung sahen alle sehr gepflegt aus und gingen ihr Anliegen mit Hilfe ihrer Sklaven und Wachstäfelchen noch einmal durch, bevor sie bis zu Quintus vorgelassen würden. Dennoch führte ihn Apollonius sogleich hinter den Paravent und schob ihn ungeachtet der indignierten Blicke der Wartenden direkt durch die schwere Eichentüre – ohne zu Klopfen. Es war Thrax, der Leibwächter, der sie von innen wieder schloss und sich dann kaum wahrnehmbar im Halbdunkel hinter den Regalschränken aufstellte. Von hier hatte er sowohl die Tür zu den wartenden Klienten als auch die Tür zum Nebenzimmer im Blick. Das Arbeitszimmer: Es roch nach poliertem Holz, wie die Kassetten der Türe, nach Leder, nach Pergament, nach Lampenöl und nach Papyrus.
            Quintus erhob sich mit einem Ruck von seinem Schreibtisch. „Salve Quinte!“ begrüßte ihn Rufus schnell. Ältere und ranghöhere musste man in Rom immer zuerst grüßen, wenn man sie nicht beleidigen wollte – Quintus hatte ihm aber nicht genügend Zeit gelassen und war noch davor aufgestanden. „Salve, salve“, murmelte er nur kurz angebunden. Er trat auf Rufus zu und sah ihm direkt in die Augen: „Was haben die Allobroger und du getan, dass Cicero euch sehen will?“ „Ci-ce-ro?“, fragte Rufus verdattert. „Ja Ci-ce-ro. Der Konsul persönlich. Marcus Tullius Cicero. Ich höre?“ „Die Allobroger und ich? Kei-ne Ah-nung“, stotterte Rufus überrascht, „Crixos, Catugnatos und Ollugnio – habe ich doch seit Tagen nicht mehr gesehen. Sind sie nicht noch immer außerhalb?“ „Nicht mehr lange, zumindest – schon gestern habe ich einen Boten geschickt, sie müssten in Kürze hier sein… und du – wo warst du in letzter Zeit überall? Bist du sicher, dass du nichts Besonderes angestellt hast?“
            Quintus musterte ihn genau. Rufus vermied es, ihm in die Augen zu schauen. Wusste Quintus bereits, dass er sich in letzter Zeit öfter mit Gaius herumgetrieben hatte? Aber das machten andere Jugendliche auch, allen voran Marcus Caelius, Marcus Antonius, Vedius Pollio und sogar der hochadlige Clodius. „Nein, eigentlich, ich wüsste nicht was“, brachte er mühsam heraus. Ob Quintus den Besuch bei Catilina meinte? Aber wenn Rufus ihm davon erzählte, dann wäre zwischen Quintus und Gaius die Hölle los. Nein, das konnte er nicht riskieren, das seinem neuen Bruder anzutun, selbst wenn Quintus bereits etwas ahnen sollte. Lieber würde er jede Art von Bestrafung auf sich nehmen. Quintus kniff die Augenbrauen zusammen: „Du wüsstest nicht was? Und was hat der junge Schutzbefohlene meines Gastfreundes da in den Haaren?“ Quintus zog ihm ein Haarband aus dem Schopf. „Ist das etwa von einer… Nein, nicht doch in deinem Alter – oder doch?“ Oh je, das war ein Stoffband von einer der Tänzerinnen. Wie war das denn in sein Haar gekommen? „Und da auf deiner Brust – sehe ich da Weinflecken?“
            Bestürzt sah Rufus an sich herunter. Das war ihm beim schnellen Waschen vorhin gar nicht aufgefallen. Das musste passiert sein, als er heimlich Wein ausgespuckt hatte. Quintus holte tief Luft, dann setzte er sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Er legte sich die Hände über die Stirn und seine Kopfhaut. „Hör mal, Rufus, ich bin keineswegs einer dieser alten vertrockneten Augenbrauenrunzler und Naserümpfer, welche nur die Nobilität achten und alle anderen verachten - besonders fremde Völker. Ich freue mich auch wirklich, dass du dich mit meinen Kindern so gut verstehst – neuerdings mit meinem ältesten Sohn sogar mehr als meine Söhne untereinander. Deswegen musst da aber nicht gleich seine Gewohnheiten annehmen, das heißt die unrömischen – nun, du weißt sicher, was ich damit meine…“ Ja, das glaubte er inzwischen zu wissen. Schuldbewusst sah Rufus zu Boden. So sahen sich die Römer: Selbstbeherrschung und Pflichterfüllung wie ein Stoiker, ganz im Sinne Zenons. Die Nächte durchzumachen, hemmungslos zu trinken, zu tanzen und Frauenbekanntschaften zu machen, das hieß auf Lateinisch dagegen per-graecari – sich wie ein Grieche benehmen oder »durchzugriechen“.
            „Sei‘s drum!“, rief Quintus nach einer Weile. „Wenn du es auch nicht weißt… vielleicht interessiert sich unser guter Konsul neuerdings gezielt für den Gallienhandel, wo er doch seine lukrative Provinz an Antonius Hybrida abtreten will. Oder sind die Allobroger tatsächlich mit ihren Bitten bis zu ihm durchgedrungen? Will er es tatsächlich riskieren, sich mit den Steuerpächtern anzulegen, um die Wirtschaftskraft der Allobroger zu retten? Zuzutrauen wäre es ihm. War das ein Wirbel, als er sich damals um die Sizilianer gekümmert und ihren Statthalter Verres angeklagt hat…“ Quintus holte noch einmal Luft, hielt den Kopf schräg und warf einen letzten lauernden Blick auf Rufus. Doch Rufus hatte noch immer keine Ahnung, was eigentlich los war. „Hier“, ließ Quintus schließlich ein Bündel Täfelchen über den Tisch rutschen. Sie waren aus wertvollem lackiertem Holz. Am erbrochenen Siegel glaubte Rufus eine Kichererbse im Wachs zu erkennen. „Das hat gestern ein Mann bei Cerberus abgegeben. Reinkommen wollte er nicht. Ungewöhnlich für einen Bediensteten eines so hohen Beamten. Aber vielleicht hatte er einfach wenig Zeit. So wie ich auch. Sobald die Allobroger da sind, macht ihr euch auf den Weg. Ist ja gleich um die Ecke.“

Dienstag, 16. Dezember 2014

Soziale Infrastruktur III – Feuerwehr und Postwesen


Antike Feuerwehr Roms
Antike römische Feuerwehr? Nein, so gibt's die natürlich nicht...
  • Eine richtige Feuerwehr gibt es bis zum Prinzipat des Augustus in Rom nicht. Erst in der Kaiserzeit wachen mit Schwert wie auch Brandschutzaxt ausgestattete vigiles, militärische Einheiten, über Brandgefahren. Lediglich 3 niedere gewählte Beamte innerhalb der vigintisexviri, die tresviri capitales sind für die Aufsicht über vorbeugende Brandschutzmaßnahmen verantwortlich. Auch hier setzt der römische Staat zunächst rein auf Selbsthilfe und auf die überreiche Wasserversorgung, wobei unter den Straßen verlaufenden Wasserrohre und Druckleitungen, sowie Wasserverteilertürme (castella) und Brunnen genutzt werden können. Der erfolgreiche Politiker und Geschäftsmann Marcus Licinius Crassus schafft sich eine lukrative Privatfeuerwehr, die nur löscht, wenn man sie vorher gut bezahlt oder Crassus das brennende Gebäude zu einem Spottpreis überlässt…
  • Eine öffentliche Post gibt es auch keine: Wer etwas zu verschicken hat, muss sich an spezialisierte Handelsunternehmen richten, deren Eigentümer nicht von ungefähr reiche Ritter sind. Briefe gibt man daher lieber jedwedem Bekannten mit, von dem man weiß, dass er zum Empfänger oder wenigstens in dessen Nähe kommt. Zur Sicherheit bittet man lieber gleich mehrere Bekannte und verschickt mehrere Kopien. Will man einen ganz persönlichen oder geheimen Inhalt weitergeben, oder einen, der sicher und schnell ankommen soll, so schickt man einen puer, einem Jungen aus. In Ciceros Briefen (→ Cic.Att.3,9) findet man solche pueri erwähnt, (Boten-)Jungen, die mit Briefen unterwegs sind und Spaß am Abenteuer einer Reise haben. Diese Aufgabe übernehmen junge Klienten, Freigelassene (Cic.Att.6,1,21) und Sklaven. Für Briefpost abgestellte Sklaven warten bei Reisen in Häfen der Reiseroute mit der Korrespondenz (Cic.Att.7,1).Teils kann man die Post aber auch Freunden direkt mitgeben( Cic.Att. 7,1). Eine Sklave muss wohl sehr zuverlässig sein, v.a. auf den weiten Reisen wie von Rom nach Asien ( Cic.Att.6,1), damit er nicht auf eigenen Antrieb „verlorengeht“...

Zur antiken Infrastruktur gibt es auch die Posts über

Mittwoch, 26. November 2014

Soziale Infrastruktur II – Gesundheitssysteme & Arbeitslosenunterstützung

  • Ein richtiges Gesundheitssystem mit Krankenhäusern, Rettungsdiensten, Krankenversicherungen, Invalidenfonds etc. gibt es im alten Rom nicht. Wer krank wird, muss sich an die zuallermeist griechischen Ärzte halten: Diese sind gut ausgebildet und arbeiten als persönliche Sklaven und Hausärzte oder in kleinen Praxen als freigelassene Privatärzte oder als zugereiste peregrini (Ausländer). Caesar lässt alle in Rom erfolgreich praktizierenden Ärzte mit dem römischen Bürgerrecht beschenken, um weiterhin die besten Köpfe nach Rom zu locken (→ Suet.Iul.42). Einfache Bürger müssen das Honorar im Voraus bezahlen oder sich den Arzt eines sehr wohlwollenden Patrons als Gefallen ausbitten. Sonst kann man sich nur noch unter die kranken Pilger mischen, die im Äskulapheiligtum auf eine Wunderheilung hofften, darunter auch viele Sklaven. Wer aber seinen Sklaven lieber auf der heiligen Insel des Aeskulapios auf dem Tiber aussetzt als die Behandlungskosten zu zahlen (oder bei der Genesung keine Geduld aufbringt), der hat danach keinen Rechtsanspruch mehr auf den Sklaven – er gilt als frei, wenn ihn die Priesterärzte dort heilen können. Wer seinen Sklaven lieber umbringt, der wird seit Kaiser Claudius wegen Mordes belangt – obwohl Sklaven ansonsten rechtlich nur als Sachen gelten (→ Suet.Claud.25).
  • Arbeitslosenunterstützung, Arbeitsämter, sowie generelle Dienstleistungen mit Kinderbetreuungs-Einrichtungen, Pflegediensten etc. werden nicht systematisch organisiert, Rentenkassen gibt es keine. Wer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft verdienen kann, muss jemanden um einen Gefallen bitten, meist einen wohlwollenden Patron.

Montag, 24. November 2014

Soziale Infrastruktur I – Polizei und Verteidigung



Außer der technischen Infrastruktur gehört zum Leben in einer Großstadt auch die soziale: Hier geht es um Polizei, Verteidigung, Bevölkerungsschutz und öffentliche Sicherheit im alten Rom, Gesundheitssysteme & Arbeitslosenunterstützung, Feuerwehr & Postwesen, Bildung & Kultur, sowie Müllentsorgung & Recycling.

Polizei und Verteidigung

Waffentragen in Rom: verboten
Eine langfristige Arbeit in Rom zu finden ist für viele arme und ungelernte Proletarier recht schwer. So ist die Kriminalitätsrate recht hoch, da viele sich nicht anders zu helfen wissen, um genügend zu Essen zu haben. Einen durchorganisierten Bevölkerungsschutz für die öffentliche Sicherheit wie eine richtige Polizei etc. sucht man im republikanischen Rom allerdings vergeblich:
Zwar dient ein gut organisiertes Heer zur „Landesverteidigung“, doch dürfen Soldaten nur bei Triumphzügen ins Zentrum, Waffentragen ist in Rom strikt verboten – auch für Streit- und Ordnungskräfte. Ein inzwischen emeritierter Tübinger Professor meinte dazu einmal im Spaß: „Sehen sie, die brauchten gar keine! Damals wurde eben anständig erzogen und Kinder durfte man noch hauen…“.
Doch im Ernst: Ganz so gut klappt es weder mit der Erziehung der Kinder – ganz zu schweigen von psychischen Problemen – noch mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Immer wieder machen Fehden die Straßen unsicher. Denn hat ein Mitglied der Familie unter einer gesetzeswidrigen Handlung gelitten, versucht man nicht gerade immer, den Täter vor ein ordentliches Gericht zu stellen. Daher handeln meist nur reiche Römer mit einer großen Klientel an Gefolgsleuten, die den Übeltäter festhalten oder Aufspüren und notfalls mit grober Gewalt vor Gericht „begleiten“ bzw. zerren können. Der durchschnittliche römische Bürger wendet sich entweder an seinen Patron, um genau dies zu tun, oder er heuert eine Bande an, um den Täter oder den Bruder des Täters zu erdolchen. In der Unterschicht und bei heißblütigeren Römern sind Fehden und Blutrache naheliegender als einen Patron um Rechtshilfe zu bitten. Dummerweise heuert dann das Opfer auch zuallermeist eine rivalisierende Bande an, um die Gewalttat zu vergelten. Das macht vor allem die Straßen und Gassen im Stadtbezirk der Subura unsicher, der „Bronx von Rom“.

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Ein Traum von Rom - Römisches Stadtleben in Südwestdeutschland (25.10.2014 bis 12.04.2015 in Stuttgart)

Bei den Rufus-Romanen versuche ich die Römische Republik aus der Perspektive eines jungen Germanen zu zeigen, den es nach Rom verschlagen hat. Doch kommt Rom in späteren Zeiten auch in die Provinz: Stadt – Prestige – Wohlstand: Leben wie in Rom, nun auch in den Provinzen Vorbild:
„Die „ewige Stadt“ Rom steht für gehobenes Wohnen, florierende Wirtschaft, private Luxusgüter und städtebaulichen Glanz. Mit der Verschiebung der römischen Grenzen in den Norden gelangte die so charakteristisch römisch-mediterrane Lebensweise auch in entfernte Provinzen“, heißt es auf der Ausstellungsseite des Landesmuseums. Wer im Südwesten wohnt oder jemanden kennt, den er dort besuchen will, der sollte sich diese Ausstellung in Stuttgart gönnen – ein bisher nicht gezeigter Schwerpunkt einer Sonderausstellung. Dabei kann man sich mit vielen bedeutenden Ausstellungsstücken über die Römer in Südwestdeutschland informieren und zwar über:
  • Das Phänomen Stadt
  • Die Stadt als Abbild der römischen Zentralmacht (Verwaltung, Wirtschaft…)
  • Das Leben in einem städtischen Gefüge (Privatleben mit farbenprächtigen Wandmalereien und importierten Luxusgütern…)
  • Die Repräsentation der Stadt mit öffentlichen Bauten
Gezielt den jungen Römerfans widmet sich eine Mitmachausstellung „Römische Baustelle! Eine Stadt entsteht". Wer schon immer einmal eine römische Stadt bauen wollte, ein Haus oder ein Aquädukt, der ist hier bestens aufgehoben. Das Junge Schloss ist dabei dem Alltagsleben der Römer und ihrer großartigen Baukunst auf die Spur. Viele Stationen laden zum Ausprobieren und Entdecken für die ganze Familie ein. Beim Besuch von "Ein Traum von Rom" ist übrigens der Besuch des Kindermuseums kostenlos enthalten – für Nachfahren der Sueben am Nicer immer ein gutes Argument. Wer noch mehr mit Römern sparen will, kann auch noch die Kooperation mit dem sehenswerten Limesmuseum Aalen nutzen, das bei Vorlage eines Eintrittstickets "Ein Traum von Rom" ermäßigte Eintritte zur Sonderausstellung "GebrochenerGlanz - römische Großbronzen am UNESCO-Welterbe Limes" anbietet (noch bis 22.2.2015).

Freitag, 24. Oktober 2014

via, cloaca, aquaeductus - Technische Infrastruktur im alten Rom


infra structuram – welcher Unterbau findet sich tatsächlich schon im antiken Rom? Legt man moderne Kriterien an, kann man technische und soziale Infrastruktur unterscheiden, die das Funktionieren aller Bereiche der arbeitsteilig organisierten und hoch spezialisierten Hochkultur erleichtern.
Technische Infrastruktur Roms
Via Domitia, Pont du Gard, Cloaca Maxima, Aquädukt und Kanalisation

Technische Infrastruktur
  • Zum Leben einer Großstadt ist zuallererst die Wasserversorgung wichtig. Diese ist in Rom nie knapp. Neben Brunnen und Zisternen nutzen die Römer schon früh Aquädukte, die jedoch größtenteils unterirdisch verlegt dem Straßenverlauf folgen.
  • Für die hygienischen Zustände ist neben der Zufuhr von frischem auch die Abfuhr von gebrauchtem Wasser wichtig. Statt wie früher Abwasser über Bäche und Entwässerungsgräben zu entsorgen, legen die Römer schnell ein Abwassersystem von mehreren zunächst noch offenen cloacae an, die das Abwasser in verschiedene Flussabschnitte des Tibers leiten und bis in unsere Zeit das Stadtzentrum entwässern - die cloaca maxima (Baubeginn sechstes Jahrhundert v. Chr.) ist dabei nur ein Abwasserkanal von vielen, wenn auch der bekannteste (vgl. Ernstberger 2005, S. 18). Zuletzt sind die meisten Wohngebiete angeschlossen, die Hauptabwasserkanäle werden gemauert, durch Steinplatten abgedeckt und verlaufen unter den Gassen und Hauptstraßen entlang (ebd.).
  • Vielleicht die großartigste Leistung römischer Infrastruktur ist das römische Straßennetz, welches sich wie ein Spinnennetz vom Mittelpunkt Rom aus über Italien und die Provinzen erstreckt, bis ins 3. Jh. ca. 100.000 km (Ernstberger 2005, S. 7). Doch auch Flüsse und Küstenschifffahrt werden als Verkehrswege eifrig genutzt, Kanäle und Häfen angelegt und erweitert. Genaueres zu Römerstraßen findet sich im Blogeintrag viae, zu den genauen Reisegeschwindigkeiten zu Lande und zu Wasser folgt ein Blog Reisen im römischen Reich - „Wer alleine unterwegs ist, der hat einen Narren zum Begleiter“.
  • Große Energieversorger wie heute gibt es natürlich nicht. Wer sich nicht selbst sein Brennholz schlagen kann, muss auf das teure Angebot der Holz- und Holzkohlehändler eingehen oder ist auf fliegende Händler angewiesen, um zu heizen, zu backen und zu kochen. Ärmere und sparsame Römer gehen bei Dunkelheit ins Bett, wer gerne liest oder Beleuchtung benötigt, greift auf Öllämpchen zurück. Reichere Römer leisten sich Lampenöl, das weniger stark rust und sogar parfümiert ist, helle und geruchsfreie Wachskerzen sind Luxus. All dies ist in den kleinen Läden um die via sacra und in den n Märkten zu haben (die größeren finden jedoch nur alle neun Tage statt nundinae).

Donnerstag, 25. September 2014

VII. Pflicht und Lust. Leseprobe aus "Catilina und die Jugend Roms"

Nun ein Auszug aus Kapitel Sieben (aus dem zweiten Band gibt es bisher Ausschnitte zum ersten, zweiten, dritten, vierten, fünften und sechsten Kapitel). Anregungen und Kommentare sind wie immer erwünscht (Rufus.in.Rom@gmail.com)!
Pflicht und Lust: Zenon und Epikur
Pflicht & Lust: Zenon & Epikur (Glück)

Kapitel VII: Pflicht und Lust

            Ein Klatschen, ein Spritzen, dann ein erstickter Schrei. Gaius musste endgültig den Halt verloren haben. Rufus sprang sofort hinterher. Rufus folgte der Strömung, doch konnte er Gaius in dem schlammigen Wasser und der absoluten Finsternis nicht finden. Bei allen Muttergottheiten und beim Apoll der Römer, Gaius hatte doch hoffentlich das Schwimmen nicht vergessen! „Gaius! Gaius wo bist du?“ Seine Schreie wurden vom Tonnengewölbe der Kanalisation vielfach gebrochen hin und her geworfen. Keine Antwort. Als das Echo verklungen war, hört er doch noch etwas: ein panisches Röcheln. „Gaius! Bleib ruhig! Spuck das Wasser wieder aus. Schwimm einfach auf der Stelle!“ Als Antwort hörte Rufus nur ein gurgelndes Geräusch, doch das reichte ihm. Zielsicher packte er zu und zog ihn wieder über Wasser. „Gaius, beruhige dich!“ Rufus legte ihm seinen linken Arm um den Hals und zog ihn rückwärts schwimmend mit. Gaius prustete und spuckte, schließlich ließ er sich aber von Rufus führen.
            Ein starker Sog zerrte die beiden mit. Die Kanalisation wurde offenbar laufend mit viel Frischwasser von den Aquädukten versorgt. Orientierungslos wurden sie im Kanal hin und her geworfen und stießen sich die Köpfe. Dennoch kämpfte sich Rufus immer wieder an eine Seite und tastete nach Vorsprüngen oder Planken. Schließlich konnte er sich an etwas festhalten. „Komm jetzt, hoch mit dir!“ Der Rand war glitschiger als erwartet. Als ihr erster Versuch scheiterte, begann Gaius wieder hektisch zu strampeln. „Gaius, was soll denn das? Bleib ruhig!“ „Hier kommen wir nie wieder raus! Entweder ersaufen wir hier unten oder wir verhungern! So wie der arme Kerl vor uns, dessen hohler Schädel uns verhöhnt hat... Ai!“ Rufus hatte sich inzwischen auf den Vorsprung schwingen können und Gaius eine kräftige Ohrfeige verpasst. Das half. Er ließ sich wieder folgsam mitziehen. „Und nun?“, stieß er zwischen zwei Schluchzern aus. „Kein Licht! Hier kommen wir nie wieder raus!“
            Rufus dachte nach. Abwasser, Strömung… Wir müssen nur dem Wasser folgen. „Heureka!“, rief er schließlich. „Wasser fließt nur in eine Richtung: bergab. Also folgen wir einfach der Richtung des Wassers! So kommen wir zum Tiber.“ „Meinst du denn, wir können so lange schwimmen? So wie es aussieht, gibt es am Rand meist nur diese verdammt glatten Tunnelwände, beim Pluto…“ „Keine Sorge, ich kann dich lange genug abschleppen. Solange wir welche finden, nehmen wir Vorsprünge oder Bretter. Ich tauche mal meinen Fuß rein, um zu sehen, in welche Richtung wir weiter müssen..., aber he, moment Mal!“ „Was ist? Warum lachst du?“ „Wir Dummköpfe! Das Wasser ist hier gar nicht so tief, da kann man stehen!“ „Wirklich?“ Rufus sprang wieder in den Kanal. „Wirklich! Komm!“
            Erschöpft lagen schließlich beide am Tiberufer und atmeten durch. „Ich hätte wetten können, dass wir in der Cloaca Maxima rauskommen“, meinte Gaius verwundert. „Umso besser, das Ende der Cloaca Maxima ist noch nicht überdeckt, ich hätte mich ungern so auf dem Forum gezeigt.“ Dabei hob er seine abwasserdurchtränkten Ärmel in die Höhe. Rufus versuchte sich zu orientieren. Die Nacht war beinahe vorbei, aber der Tag hatte noch nicht richtig begonnen. Im Zwielicht konnte er zu ihrer Linken schemenhaft eine Insel ausmachen. Das musste die Insel des Äskulapius sein, des Sohnes des Apollo. Gegenüber wimmelte es vor Menschen zwischen all den Kais und den Kränen der navalia – das mussten die Dockanlagen sein und dahinter die großen Speicher, wo das Getreide zwischengelagert wurde, das zur Unterstützung ärmerer Römer verteilt wurde. Kein Wunder, alle Lastkähne von Roms Hafen Ostia drängelten sich hier wie Ferkel an den Zitzen des Muttertiers. […]
            Gerade ging die Sonne hinter dem nächstgelegenen Hügel auf, an dem er die alte Stadtmauer zu erkennen glaubte. Also lag hinter ihrem Rücken Osten. Rechts von ihnen breitete sich das Feld am Tiber weiter aus, auf dem bereits junge Soldaten ihr militärisches Training begannen und waghalsige Wagenlenker den Staub bis in den Himmel warfen. Dahinter Stadtmauern und weitere Hügel. „Dann führt ein anderer Kanal vom Esquilin über die Subura zum Marsfeld?“ Gaius warf sich wieder zurück ins Gras. „Ach wer weiß schon welcher Kanal wo hin fließt, seit der alte Etruskerkönig die Ebenen Roms entwässert hat. Das Kanalsystem ist weit verzweigt. So viel ich gesehen habe, gibt es viele Querverbindungen und Sackgassen. Diesen Ausgang hat vielleicht seit Tarquinius Priscus niemand mehr zu Gesicht bekommen. Völlig zugewuchert und fast vollständig unter Wasser. Ein Wunder, das wir da heil durch gekommen sind – Mercurius sei Dank!“ Rufus rieb sich die Schürfwunden an Armen und Gesicht, die er sich im Kanal zugezogen hatte. Gaius sah ein wenig peinlich berührt zu ihm hinüber. „Ach was soll‘s“, grunzte er schließlich, ging zu Rufus hinüber und packte seinen rechten Arm bis zum Ellenbogen: „Dir gebührt ebenso großer Dank! Du hast mir das Leben gerettet. Schau mir in die Augen, Rufus, Sohn eines Adligen aus dem fernen Norden: Jetzt bist du wirklich mein Bruder, nicht nur irgendein Gastfreund meines Vaters!“ Gerührt verkniff sich Rufus eine Träne. Er hatte sich schon immer einen großen Bruder gewünscht. Vor allem jetzt, wo seine große Schwester als Geisel der Sueben in der Ferne weilte. „Bruder.“ „Bruder.“ Feierlich wandten sie sich gen Osten und sahen gemeinsam zu, wie die Sonne über dem Kapitol aufging. Langsam tauchte sie Tempeldächer und Statuen in eine rotgoldene Glut, deren Widerschein auf den einzelnen Strahlen bis zu ihnen zu gleiten schien.

Dienstag, 2. September 2014

ludi - Ablauf von Theaterspielen


Während der zahlreichen religiösen Feste in Rom werden Festspiele (ludi) gegeben. Darunter zählen auch Theateraufführungen. In Roms Theatern werden schnell Tragödien und Komödien getrennt voneinander aufgeführt, nicht wie in den mehrtägigen Festen des Dionysos jeweils drei Tragödien, gefolgt von einer Komödie in einem einzigen Theater, wie in Athen. Die Oberaufsicht haben die Ädile, sie sind für alle Spiele und Aufführungen zuständig und bezahlen die meisten aus der eigenen Tasche, da sie danach auf die Wählergunst für das nächsthöhere Amt der Prätur hoffen.
Dazu lassen sie neben einem Tempel oder im Circus Maximus ein langgestrecktes Podest errichten (pulpitum), worauf auch Boxer, Seiltänzer (und bei Beerdigungen auf ludi fúnebres auch Gladiatoren) auftreten (Blume 2002, Spalte 272).
Die Ädilen engagieren die Schauspieltruppen meist persönlich. Der dominus gregis, der Leiter der Truppe kauft dem Dichter das Stück ab, lässt die Musik für die umfangreichen Gesangspartien komponieren (cantica), engagiert einen choragus, einen Kostümverleiher und übernimmt oft auch die Hauptrolle (vgl. Blume 2002, Spalte 272). Wenn er nicht wie bei den großen Spielen in Rom selbst im Voraus bezahlt wird, inszeniert er auf eigenes Risiko (ebd.).
Bühnenwand eines römischen Theaters
scenae frons - Römische Bühnenwand im Theater von Pamukkale (Kleinasien)
Nun kommen die Besucher und zwar in großer Zahl und wohl auch deshalb finden verschiedene Veranstaltungen gleichzeitig statt. Ins Theater darf nämlich jeder: Männer und Frauen, Sklaven, Kinder - und selbst Ammen mit ihren Säuglingen (Blume 2002, Spalte 272).

Dienstag, 12. August 2014

imperatores - „Warlords“


imperatores - Gaius Julius Caesar, Marcus Licinius Crassus, Gnaeus Pompeius Magnus
Die römische Aristokratie steht unter enormem Konkurrenzdruck, seit Homer gilt es schließlich, die anderen nobiles möglichst zu übertreffen und es gibt es gerade einmal zwei Konsulstellen pro Jahr! 
Dieser Konkurrenzkampf wird immer zerstörerischer, zuerst für den Privatbesitz der Bewerber, die Unsummen für den Wahlkampf ausgeben und nur dann nicht Bankrott gehen, wenn sie die Wahl gewinnen und sich danach mit einer lukrativen Provinzverwaltung finanziell sanieren können. Doch wer nach Höherem strebt, der braucht immer mehr: Zuletzt geht man dazu über, seine Soldaten an der Beute zu beteiligen, wenn man als Statthalter einer Grenzprovinz in Kriege verwickelt wurde oder welche anzettelte. Im Krieg lässt man sich möglichst auf dem Schlachtfeld zum imperator ausrufen. Dazu braucht man es einen als „gerecht“ angesehenen Krieg und 5.000 tote Feinde, doch wer wird denn schon so genau nachzählen, wenn ein strahlender Sieger mit vielen Truppen vor den Toren Roms steht: Dann überzeugt der Feldherr und seine amici-Freunde oft kritische Stimmen – oder machen sie mundtot. Nur so kann einem vom Senat ein Triumphzug zugesprochen werden, denn der ist extrem nützlich – eine bessere (Wahl-)Propaganda und Empfehlung für weitere Aufgaben gibt es nicht. Mit Krieg, Sieg, manchmal auch Triumph, vor allem aber der Beute und Versorgung nach dem Krieg machen die Feldherren den ursprünglichen alten Patronen die Klienten abspenstig und vermehren ihre eigene Klienten sprunghaft um Tausende. Zukünftig werden sie für ihren ehemaligen Feldherrn stimmen.
Besonders erfolgreiche nobiles wie Sulla, Pompeius und Caesar nutzen ihre Soldaten als Demonstranten, Wahlkampfgehilfen und Wähler. Wer mit seinen alten Netzwerken nicht weiter kommt, begibt sich unter ihre Fittiche: Um an einflussreiche Posten zu kommen, werden selbst Patrizier und nobiles, Männer aus eigentlich recht mächtigen Familien zu ihrem Klienten und lassen sich als Propagandaredner oder Anwalt für ihre Gefolgsmänner verpflichten.
In Ausnahmesituationen können die geschulten Einheiten dieser Warlords sogar die Straße beherrschen, sie brüllen oder knüppeln konkurrierende Politiker und Redner nieder und sorgen dafür, dass ihr ehemaliger und zukünftiger Feldherr und Patron die gewünschten Gesetze einbringt und mit den begehrten Beamtenstellen, Kommandos und außergewöhnlichen Vollmachten ausgestattet wird (besonders erfolgreich sind dabei Caesar und Pompeius). Damit sprengen diese charismatische Führer und erfolgreichen Militärs den Rahmen und zerstören zuletzt das System. Am Ende steht der Bürgerkrieg, in dem die Republik untergeht.