Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Sonntag, 31. März 2019

hrista - Wie schmieden Keltogermanen ein Schwert?


Jede Kultur hat ihre eigenen Techniken zum Schmieden eines Schwertes entwickelt – außer den Römern, die ihr Schwert einfach von den Keltiberer übernehmen: gladius hispanis, die römische Standardwaffe zur Bewaffnung der Legionäre.
Seitdem hethitische Schmiede 1274 v. Chr. nach der Schlacht von Kadesch für ihr Wissen des Eisenschmiedens berühmt werden, verbreitet sich auch das eiserne Schwert. Überlegen macht es zuerst der beinahe überall vorfindbare Rohstoff Eisen, nachdem das Härten des Eisens sich durchsetzt auch das Material selbst. Das mettallurgische Können beherrschen nahezu alle antiken Völker. Bereits in der Latènezeit kennt man bei den Kelten Damaszener Stahl, oft drei Streifen Damast im Wechsel mit Raffinierstahl. Die Technik ist einfacher, als ihr Ruf, neueren waffentechnischen Untersuchungen zufolge kann es sogar in der unruhigen Völkerwanderungszeit der einschneidige Sax der frühen Sachsen mit einem japanischen Schwert durchaus aufnehmen. Das damaszierte japanische Katana lebt mehr von seinem legendenbildenden Ruf als von tatsächlicher metallurgisch-waffentechnischer Überlegenheit…

Doch wie hätte ein Schmied des keltisierten Germanenstammes der Ubier im ersten Jahrhundert v. Chr. ein Schwert geschmiedet? Den guten Meteoritenstahl der stolzen Noricer hätten sie nur teuer aus dem Südosten einkaufen können. Brauneisen war einfacher zu haben. In einem Kapitel des ersten Rufus-Roman-Bandes habe ich mir dazu genauere Gedanken gemacht. Anbei ein Auszug:


Irgendwie besaß die Schmiede eine geradezu magische Anziehungskraft auf die Jungen, so dass ihr Spaziergang sie natürlich zuerst in das Händlerviertel geführt hatte. Waffen faszinierten alle drei, besonders die teuren Schwerter.
Neben der Schmiede sahen sie Arbeiter an einem der hohen Schachtofen aus Stein, der von oben mit Nadelholzkohle und sehr fein zerkleinertem Erz befüllt wurde. Ein Arbeiter kniete vor den Blasebälgen die er gemessen auf und ab bewegte. An der Straßenseite lagerten die bereits fertigen Waren.
Ganz vorne standen farbenfroh bemalte Schilde aus mehreren Schichten Eichenholz in wechselnder Faserrichtung, deren Rand mit Eisenblechen verstärkt war. Manche hatten auch nur hölzerne Spindelgerippe und waren mit Leder bezogen. In der Mitte lugte bei allen aber eine kegelförmige Spitze hervor, ein gewölbter Schildbuckel aus Eisen, worin auf der Innenseite der Handgriff befestigt war. Die großen Schilde für die Kämpfer zu Fuß wirkten riesig, fünf Fuß bis mannshoch, vier- oder sechseckig, manche davon waren nach innen gewölbt.
Die Reiterschilde waren dagegen viel kleiner, flach, oval oder rund und mit einem langen Lederriemen versehen. Damit konnte man den Schild am Unterarm festbinden und dirigieren, um die Hand für Zügel oder bereitgehaltene Wurfspeere frei zu haben.
Dahinter standen die Framen, Speere mit den kurzen Spitzen und etliche Bündel Pfeile. Allesamt Allerweltswaffen, die sich jeder Freie leisten konnte. Weiter hinten sahen sie auch ein paar Lanzen und längere Speere.
Während einige Gehilfen des Schmiedes im Hintergrund an Kleinteilen wie Schildbuckeln, Schildnägeln, und Pfeilspitzen arbeiteten, war der Schmied selbst mit einem größeren Stück Metall beschäftigt. Er schob es gerade ins Feuer.
Schwitzend stand der grobschlächtige Mann mit nacktem Oberkörper vor seiner Esse, lediglich mit einer bodenlangen Schürze aus Leder gegen den Funkenflug geschützt. Darunter trug er lediglich einen Schurz aus Leder.
Die Hitze war noch bis nach draußen zu den Jungen zu spüren.
Er ließ das Werkstück im Feuer und wechselte zu einem Tisch. Dort lagen mehrere Blechstreifen mit zum Teil unterschiedlicher Farbe.
Sedavo fing sofort an, seinen Freunden alles zu erklären. Da er im Handwerkerviertel lebte, wusste er über solche Dinge genauestens Bescheid.
„Es ist schwierig, genug Eisenblech in der gleichen Qualität herzustellen. Das können nur wenige und nur, wo es genug gutes Erz gibt, wie beispielsweise in Noricum. Die Schmiede haben aber gemerkt, dass es besser ist, wenn man unterschiedliche Bleche benutzt: Wenn man Klingen aus verschiedenen Stahlstreifen zusammenschmiedet, halten sie länger und lassen sich leichter biegen. Wenn man sie nur aus einem einzigen Stück macht, dann werden sie nie so scharf, wie die hier.“

Schwimmen wie ein Römer


c0 (public domain) / SilviaP_Design  (besucht: 29.12.2017)
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Aus heutiger Perspektive könnte man erwarten, dass antike Römer ihre Kinder sachte in warmem und nicht allzu tiefen Wasser an das feuchte Element gewöhnen. Schließlich hat man in Rom kein Mangel an Thermen: Badeanlagen wie die balneae Pallacinae nahe des Circus Flaminius auf dem Marsfeld (zwischen Tiber-Insel und Kapitol), die Bädern an der Porta Capena und die Senianischen Bäder direkt außerhalb des Forum an der Via Sacra, sind schon in republikanischen Zeiten in Betrieb.
Doch die Angst vor dem Wasser scheint tief zu sitzen: Ohne zwingende Not wagt sich nur ein Wahnsinniger auf eine Reisen zu See. Ovid lässt das Elegische Ich seiner amores ein Stoßgebet gen Himmel senden, da seine Geliebte vor hat über das tückische Meer zu fahren (Ov.am.2,11) und beschwört 56 Verse lang grauenhafte Gefahren und Ängste einer Seereise aus.
Natürlich hat antike Seefahrt auch ihre Tücken, Stürme, Klippen und bis 67 v. Chr. und dem Spezial-Kommando des Pompeius Magnus auch Piraten. Dass aber noch Tacitus von dem Römischen Soldaten als nandi pavidus (Tac.hist.5,14,2) spricht, hat nichts damit zu tun, dass Römer etwa nicht schwimmen könnten. Sie lernen alle schwimmen, meist bringen die Eltern es ihnen bei, spätestens in der Armee folgen weitere Schwimmkurse –  Schwimmen gehört einfach zur Grundausbildung römischer Legionäre dazu: Geübt wird in Friedenszeiten im Tiber und im Meer sowie in Flüssen, sommers wie winters (→ Veg.mil. 1,10; 2,23,12; 3,4,5).
Dass die Römer in allen erhaltenen Texten als zutiefst wasserscheue Kultur wirken, ist nur ein Topos, eine Klischeevorstellung (vgl. Gerlinger 2008; S. 174-176) - vielleicht weil sie ihren früheren Gegnern den alten Seefahrerkulturen der phönizischen Karthager und der Griechen im Seekrieg zunächst so hemmungslos unterlegen waren.
Literarisch gesehen ist das Schwimmen für die Römer ausnahmslos angstbesetzt – und das obwohl sich die Eltern doch um die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder sogar aufopfernd mit Schwimmhilfen kümmern. Vielleicht liegt aber genau hier der Hund begraben: Die Kinder werden nicht in den Thermen daran gewöhnt, sondern einfach ins kalte Wasser geworfen: In der Komödie des Plautus liest man, dass kleine Jungen mit Hilfe von Schwimmhilfen das Schwimmen erlernen (aulularia 5,595: quasi pueris, qui nare discunt scirpea induitur ratis). Wer ein Binsengeflecht als Auftriebshilfen umgebunden bekommt, an eine Art Angel gehängt und dann ins kalte Wasser geworfen wird, der entwickelt vermutlich nicht die allergrößte Zuneigung zum Schwimmen…