Bei
römischen Spielen denkt man sofort an Wagenrennen, Theateraufführungen
oder blutige Gladiatorenkämpfe,
sogenannte munera. Doch auch die
antiken Römer spielen meist ganz „normale“, ungefährliche und alltägliche
Spiele, bei denen es auf das Glück, Nachahmung, Geschicklichkeit, oder scharfes
Nachdenken ankommt.
Kinder
spielen natürlich zu allen Zeiten. In Rom findet man z.B. Modellbau,
mäusegesteuerte Spielzeugwägen, Gerade und Ungerade und Steckenpferd reiten
(Horaz, Sermones, II, 3, Verse 247-258: aedificare casas, plostello adiungere
muris / ludere par inpar, equitare in harundine longa). Außer den Kinderspielen
gibt es auch solche für Erwachsene und welche, die man in jedem Alter spielen
kann.
Daneben
gibt es auch zahlreiches Spielzeug wie Rasseln, Glöckchen, Puppen und
Puppenhäuser mit Mobiliar und umfangreicher Ausstattung (überwiegend für Mädchen),
Spielfiguren (Menschen- und Tierfigürchen mit Zubehör wie Wägelchen, Schiffchen
etc.). Außerdem man spielt mit Haustieren: Hunde, Papageien, Siebenschläfer und
Mäuse.
Geschicklichkeitsspiele
Zu
den typischen Kinderspielen zählen die Nussspiele (nuces / ludi nucum),
von denen viele Varianten auch schriftlich überliefert sind, wie das ludus castellorum: Drei Nüsse werden im
Dreieck gelegt. Die Spieler müssen versuchen, eine weitere Nuss so darauf
fallen zu lassen, dass sie auf den anderen liegen bleibt. Daneben gibt es auch
eine Art Nüsse-Kegeln, Nüsse-Büchsenwerfen (Nusspyramide statt Büchsen), Nüsse
zielsicher in kleine Löcher, Spielbrettvertiefungen oder leere Amphoren oder
auf eine Zielscheibe werfen.
Ebenso
als Kinderspiele gelten Bronzefliege bzw.
Blindekuh, Modellbau & Modellieren (meist
mit Holz, Ton, Wachs, Sand oder Lehm), Auf
einem Bein hüpfen, Ringelreihe, Schaukeln, Drachensteigen, Mikado, Radschlagen,
Stelzenlaufen, Kreisel, Spulen (Jo-Jo), Büchsenwerfen (mit Steinen oder
Nüssen), Bockspringen, Tauziehen,
Huckepackreiten, Topfschlagen, bei dem allerdings ein Spieler als „Topf“
erraten und packen muss, wer ihm auf den Rücken geschlagen hat (bei der
Variante Nagelspiel darf er dabei
einen in die Erde gerammten Nagel am Strick nicht loslassen, beim Soldatenschlag bückt man sich auf alle
Viere), sowie Verstecken.
Beim
Reifenspiel muss man seinen Reifen (trochus) mit einem Stock vorantreiben.
Anwohner schimpfen laut über den Krach und versuchen die Spieler zu
verscheuchen, denn viele Reifen sind aus Metall oder haben noch kleine
Metallringe, weshalb sie auf dem Steinpflaster der Städte einen höllischen Lärm erzeugen.
Kegeln gibt es auch, dabei
gilt es, neun Kegel umzuwerfen. Die Kugel rollt man nicht über eine begrenzte
Spielbahn sondern lediglich durch ein kleines Tor.
Beim
Scheibenschießen wirft man mit
Speeren und zeigt mit seiner Zielgenauigkeit zugleich seine kriegerischen
Fertigkeiten. Zielscheiben sind ein Stück (z.B. mit Wasser) markierte Erde,
Tonziegel oder Steine. Verschärft werden die Regeln, wenn dem Werfer die Augen
verbunden werden. Der Verlierer muss den Sieger huckepack tragen.
Ballspiele
…gibt es unzählige,
vom Jonglieren und Fangübungen bis hin zu echten Mannschaftsspielen und sie
sind in allen sozialen Schichten und in jedem Alter überaus beliebt: von Mucius
Scaevola über Marcus Antonius, Caesar (Macrobius, Sat. II, 6, 2) bis zu Augustus
(Sueton Aug. 83). Selbst nüchterne Moralapostel wie Marcus Porcius Cato der Jüngere, der auch nach größter Wahlschlappe unverdrossen auf dem Marsfeld Ball spielen geht (Plut.
Vit.Cato 50), sind begeisterte Ballspieler.
Für
jedes Spiel scheint es einen eigenen Ball (pila)
zu geben. Namentlich bekannt sind der kleine und sehr harte trigon, die mittelgroße paganica, (Leder, Federfüllung) und die
große follis (Leder, mit Luft
gefüllt). Die meisten Bälle sind relativ klein, bis zu neun Zentimetern und bestehen
aus Glas, Palmblättern oder aus zusammengenähten und bunt gefärbten Stoff, Leinen-
oder Lederstücken, gefüllt mit Luft, Wolle, Federn oder Rosshaar (pilus).
In
griechischen Sportstädten im Spharisterion
und römischen Thermen oder auf dem Marsfeld spielt man mit einem größeren Lederball
aus sechseckigen Lederstreifen, der unserem Fußball verblüffend ähnlich sieht.
Lexikonartikel über regelrechtes Fußballspiel in der Antike wie im Neuen Pauly (s.v. Apopoudobalia: Fußball
sei von den römischen Legionären nach Britannien gebracht worden, wo es sich
bis heute erhalten habe, „Festschrift für Matthias Sammer“) sind jedoch reine
Scherzartikel, ebenso wie die seit 1983 traditionelle „Steinlaus“ mit einer
Zeichnung Loriots im medizinischen Lexikon Pschyrembel
(s.v. Steinlaus).
Beim
dadatim ludere, „Geschenkter Ball“,
wird der Ball (im Kreis) zugeworfen, beim „Geraubten Ball“ jagt man sich die
Kugel ab, beim raptim ludere kämpft
man sich ähnlich des Rugby mit dem Ball mittels zahlreicher Pässe, Finten und
Tacklings über die Verteidigungslinie der gegnerischen Mannschaft. Ludere expulsim ähnelt Tennis ohne
Schläger und Netz, einigen Vasenbildern nach zu urteilen gibt es eine Art
Volleyball, einem Relief zufolge auch Hockey.
Es
gibt Ausschlussspiele, die dem Völkerball ähneln. Die Verlierer, die
ausscheiden, werden asini genannt –
Esel, wer übrig bleibt wird rex –
König, und darf den anderen jede beliebige Frage stellen.
Beim
Trigon „Dreierspiel“ steht man im
Dreieck und wirft sich mehrere Bälle zu, die man alle auffangen und schnell
zurückwerfen muss. Sklaven (oder Kameraden) dienen als Balljungen und zählen
die Punkte.
Im nächsten Post geht es um Nachahmungs-,Glücks- und Strategiespiele.
Weiterführende
Literatur:
- Besonders
schön fürs Auge mit Schwerpunkt auf den Abbildungen der Originalfunde ist das
Buch „Marco Fitta, Spiele und Spielzeug in der Antike. Unterhaltung und Vergnügen
im Altertum, Stuttgart 1998 (dt. Übersetzung von Cornelia Homann)“, welches auch
antikes Spielzeug auflistet.
- Weniger
farbenprächtig, handlicher und besser geeignet zum selbst nachspielen ist „Katharina
Uebel / Peter Buri, Römische Spiele. So spielten die alten Römer, Euskirchen
20113“.
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