Jede Kultur hat ihre eigenen
Techniken zum Schmieden eines Schwertes entwickelt – außer den Römern, die ihr
Schwert einfach von den Keltiberer übernehmen: gladius hispanis, die römische Standardwaffe
zur Bewaffnung der Legionäre.
Seitdem hethitische Schmiede 1274 v. Chr. nach der Schlacht von Kadesch
für ihr Wissen des Eisenschmiedens berühmt werden, verbreitet sich auch das eiserne
Schwert. Überlegen macht es zuerst der beinahe überall vorfindbare Rohstoff
Eisen, nachdem das Härten des Eisens sich durchsetzt auch das Material selbst.
Das mettallurgische Können beherrschen nahezu alle antiken Völker. Bereits in
der Latènezeit kennt man bei den Kelten Damaszener Stahl, oft drei Streifen
Damast im Wechsel mit Raffinierstahl. Die Technik ist einfacher, als ihr Ruf, neueren
waffentechnischen Untersuchungen zufolge kann es sogar in der unruhigen
Völkerwanderungszeit der einschneidige Sax der frühen Sachsen mit einem
japanischen Schwert durchaus aufnehmen. Das damaszierte japanische Katana lebt mehr
von seinem legendenbildenden Ruf als von tatsächlicher
metallurgisch-waffentechnischer Überlegenheit…
Doch wie hätte ein Schmied des
keltisierten Germanenstammes der Ubier im ersten Jahrhundert v. Chr. ein Schwert
geschmiedet? Den guten Meteoritenstahl der stolzen Noricer hätten sie nur teuer
aus dem Südosten einkaufen können. Brauneisen war einfacher zu haben. In einem
Kapitel des ersten Rufus-Roman-Bandes habe ich mir dazu genauere Gedanken gemacht.
Anbei ein Auszug:
Irgendwie
besaß die Schmiede eine geradezu magische Anziehungskraft auf die Jungen, so
dass ihr Spaziergang sie natürlich zuerst in das Händlerviertel geführt hatte.
Waffen faszinierten alle drei, besonders die teuren Schwerter.
Neben
der Schmiede sahen sie Arbeiter an einem der hohen Schachtofen aus Stein, der
von oben mit Nadelholzkohle und sehr fein zerkleinertem Erz befüllt wurde. Ein
Arbeiter kniete vor den Blasebälgen die er gemessen auf und ab bewegte. An der
Straßenseite lagerten die bereits fertigen Waren.
Ganz
vorne standen farbenfroh bemalte Schilde aus mehreren Schichten Eichenholz in
wechselnder Faserrichtung, deren Rand mit Eisenblechen verstärkt war. Manche
hatten auch nur hölzerne Spindelgerippe und waren mit Leder bezogen. In der Mitte
lugte bei allen aber eine kegelförmige Spitze hervor, ein gewölbter
Schildbuckel aus Eisen, worin auf der Innenseite der Handgriff befestigt war.
Die großen Schilde für die Kämpfer zu Fuß wirkten riesig, fünf Fuß bis
mannshoch, vier- oder sechseckig, manche davon waren nach innen gewölbt.
Die
Reiterschilde waren dagegen viel kleiner, flach, oval oder rund und mit einem
langen Lederriemen versehen. Damit konnte man den Schild am Unterarm festbinden
und dirigieren, um die Hand für Zügel oder bereitgehaltene Wurfspeere frei zu
haben.
Dahinter
standen die Framen, Speere mit den kurzen Spitzen und etliche Bündel Pfeile. Allesamt
Allerweltswaffen, die sich jeder Freie leisten konnte. Weiter hinten sahen sie
auch ein paar Lanzen und längere Speere.
Während
einige Gehilfen des Schmiedes im Hintergrund an Kleinteilen wie Schildbuckeln,
Schildnägeln, und Pfeilspitzen arbeiteten, war der Schmied selbst mit einem
größeren Stück Metall beschäftigt. Er schob es gerade ins Feuer.
Schwitzend
stand der grobschlächtige Mann mit nacktem Oberkörper vor seiner Esse,
lediglich mit einer bodenlangen Schürze aus Leder gegen den Funkenflug
geschützt. Darunter trug er lediglich einen Schurz aus Leder.
Die
Hitze war noch bis nach draußen zu den Jungen zu spüren.
Er
ließ das Werkstück im Feuer und wechselte zu einem Tisch. Dort lagen mehrere
Blechstreifen mit zum Teil unterschiedlicher Farbe.
Sedavo
fing sofort an, seinen Freunden alles zu erklären. Da er im Handwerkerviertel
lebte, wusste er über solche Dinge genauestens Bescheid.
„Es
ist schwierig, genug Eisenblech in der gleichen Qualität herzustellen. Das
können nur wenige und nur, wo es genug gutes Erz gibt, wie beispielsweise in
Noricum. Die Schmiede haben aber gemerkt, dass es besser ist, wenn man unterschiedliche
Bleche benutzt: Wenn man Klingen aus verschiedenen Stahlstreifen zusammenschmiedet,
halten sie länger und lassen sich leichter biegen. Wenn man sie nur aus einem
einzigen Stück macht, dann werden sie nie so scharf, wie die hier.“
Euamellin
strengte seine Augen an. „Ich glaube, die beiden dunklen Streifen da sind aus einfachem
Brauneisen. Seht mal, da hinten liegt ein kostbarer norischer Barren, der da in
Ambossform.“ Er wies mit dem Kopf in die Richtung. „Daher kommen sicher die helleren
Streifen oder?“
Sedavo
nickte.
Der
Schmied bestrich mehrere Blechstreifen mit Leinöl, wobei er aber ständig das
Metallstück in der Esse im Auge behielt. Dann erhitzte er sie zwischen
glühenden Kohlen, worauf das Leinöl dampfend verschwand und die Streifen dunkler
wurden.
Ein
beißender Geruch drang bis zu ihnen durch.
Sedavo
war entzückt. „Oh, das wird aber ein elegantes Schwert!“, und zu den fragenden
Gesichtern seiner Freunde gewandt: „Er versucht, das Flammenbild der Klinge zu
betonen, indem er eine Beschichtung aufträgt. Man sieht danach die
abwechselnden Lagen der Streifen wie ein organisches Muster.“
Fiskja
verschränkte die Arme. „"Organisches Muster", ist ja gut, Dünner,
beim Wodan! Du störst die Magie des Augenblicks, in dem eine edle Waffe geboren
wird. Spar dir deinen Atem lieber fürs Trainieren! Ist doch egal, ob die
Streifen ein Muster bilden, oder ob er später Dellen rein kloppt…“
„Dellen?“,
grinste Sedavo, „Wie die an deinem Kopf, hm? Du meinst wohl ein Muster durch "Punzieren".“
Fiskja
stöhnte.
„Das
ginge auch“, fuhr Sedavo ungerührt fort, „aber das Abbrennen des Leinöls macht
das Ganze gleichzeitig haltbarer und schützt vor Rost, vor allem wenn es
regelmäßig eingeölt oder gefettet wird, dann…“
Fiskja
stieß ihn unsanft an: „Ich öle dich auch gleich ein, wenn du keine Ruhe gibst!“
Der
Schmied war inzwischen eilig zu seiner Esse zurückgekehrt. Er zog den weiß,
leicht rötlich, glühenden Klumpen Metall mit einer Zange schnell aus dem
Schmiedefeuer, legte ihn zwischen die Blechstreifen und verschweißte diese
unter gewaltigen Hammerschlägen miteinander.
Milmass
saß auf seinen Hinterpfoten und jaulte gegen den Lärm an, was aber im Dröhnen
der Schläge vollkommen unterging.
Die
Jungen hielten sich die Ohren zu, ihre Augen waren jedoch weit geöffnet und
starrten fasziniert auf die Geburt eines Meisterwerkes. Bei jedem Schlag wurde
der gleißende Spalt zwischen den Streifen kleiner, bis der Schmied die Masse,
die jetzt ungefähr dreieinhalb Fuß lang war, erneut im Schmiedefeuer erhitzte.
„Jetzt
überschmiedet er die aufeinander geschweißten Blechstreifen mehrmals kräftig.
Dadurch wird die Klinge erst richtig scharf und hiebfest, bleibt aber dennoch
biegsam, damit sie sich einfach zurückbiegt, wenn sie auf einen harten
Gegenstand aufprallt … Uhh!“
Fiskja
hieb Sedavo freundschaftlich in die Seite. „Wie bei dir, dir muss man auch eins
drauf geben, dann wirst du widerstandsfähiger und zerbrichst nicht gleich!“
Euamellin
kicherte. „So wie du dich zurückbiegst, möchte man meinen, dass Fiskjas Faust
auch so hart ist wie ein Schwert oder wie ein Schildbuckel.
Auf
einmal zischte es wild und blubberte.
Der
Schmied hatte das Schmiedestück, von den Jungen unbemerkt, ins Wasser getaucht.
Dampf stieg auf.
„Seht
ihr? Jetzt wird der Stahl durch Abschrecken im Wasser gehärtet.“
Fiskja
grinste: „Abhärten durch Wasser? Das können wir auch, nicht wahr, Euamellin?“
Euamellin
zog leicht die Schultern hoch und schaute nach oben, die anderen zwei lachten.
Milmass
schaute zu den dreien hoch und bellte wieder, dieses Mal um Aufmerksamkeit zu
erlangen. Während das Überschmieden und Härten sich noch eine Weile hinzog, plagten
sich andere Gehilfen, in einem mit Kalk getünchten hellen Raum, neben der
Schmiede, mit der Vollendung eines Kettenhemdes ab.
„Das
dauert ja ewig. Kein Wunder, dass die Dinger so wertvoll sind“, bemerkte
Sedavo.
„Schade,
so ein feines Teil werde ich mir nie leisten können“, bedauerte Fiskja.
„Tja,
ich vielleicht auch nicht.“ stöhnte Sedavo.
„Abwarten“,
meinte Euamellin, „ihr braucht doch nur einen reich gewappneten Feind zu bezwingen.
Einem guten Krieger erlaubt sein Gefolgsherr, wertvolle Beute zu behalten.“
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