Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Freitag, 30. November 2018

Lentulus „die Wade“ Sura – Spitznamen & Korruption in Rom


Auch wenn immer wieder Antikorruptionsgesetze erlassen werden, ist Bestechlichkeit in Rom allgegenwärtig. Offiziell bleibt den meisten im Senat nicht viel anderes übrig, als solchen Gesetzen zuzustimmen. Aber nicht nur unbeobachtet von Wählern und Politikerkollegen gehen viele Senatoren andere Wege – wenn es ein Scherflein einzustreichen gibt.
Wer es als Vorsitzenden im Gerichtshof mit dem Prätor 63 v. Chr. zu tun bekommt, der weiß jedenfalls sofort, womit man zu rechnen hat: P. Cornelius Lentulus Sura – oder wie bei historischen Berichten und direkt im Senatsprotokoll: einfach nur ʺSuraʺ - „die Wade“.
sura, crus & Korruption im alten Rom
cb sura ©: S. Gerlinger CC-BY 4.0
DIe Römer zählen nun nicht gerade zum höflichsten Menschenlag, dem man sich vorstellen kann: Abgesehen von vorherrschendem Chauvinismus nehmen sie auch untereinander wenig Rücksicht und reden ihre Mitmenschen am Liebsten nur mit Spott- und Spitznamen an, cognōmina, die sie ihrem Gegenüber allein schon bei Äußerlichkeiten aufdrücken. So gibt es Namen wie Hackfresse Fabius (Fabius Verrucosus), die Glatze (Glaber), der Fettsack (Crassus) und die Wildsau (Verres).
Die Wade Sura stammt zwar aus der edlen Familie der Cornelii Lentuli, hat jedoch keinen all zu edlen Charakter. Dafür scheint er beim Volk ungemein beliebt, auch wenn Cicero frotzelt, die Wade sei mehr in der Ausführung der Rede, als in der Wortwahl hervorragend.
In einem ist die Wade Sura jedoch nahezu genial – in der Annahme von Bestechungsgeldern und darin, sich aus jeder Affäre zu ziehen. So steigt Sura nach seinem Amt als Prätor 75 v. Chr 71 v. Chr. noch bis zum Konsul auf. Doch seine vielen „Unregelmäßigkeiten“ fallen auf und 70 v. Chr. wirft man ihn hochkant aus dem Senat (remōtus ex sēnātū). Doch sein souverän-selbstironischer Umgang mit seinen Verfehlungen, zu denen er steht, und seine Volksnähe (er spielt Trigon – eine Ballspielvariante, die ähnlich dem Straßenfußball in höheren Kreisen eigentlich etwas ungebührlich ist) und kommt beim römischen Volk damit gut an.
Seinen Namen verdankt er auch dem Volkssport Trigon: Wer im Trigon ein Foulspiel begeht, streckt danach seine Wade hin – wenn er fair ist. Als Lentulus im Senat der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigt wird, entblößt er einfach vor allen Senatoren seine Wade. Alle müssen lachen, und seitdem heißt er nur noch „Sura“ – „die Wade“.
So steigt er erneut auf, obwohl seine Karriere am Ende scheint: Im Jahre 63 v. Chr. erlangt er zum zweiten Mal eine Prätorenstelle.
„Vielleicht ist er nicht ganz ohne Fehler, aber er steht dazu“, scheinen die Wähler zu denken. „Und dass er nach seinem Ausschluss aus dem Senat ein zweites Mal erfolgreich die Ämter durchlaufen konnte, das spricht für ihn“.
Doch so ganz ohne Foulspiel bleibt Sura nicht: 63 v. Chr. schließt er sich den Verschwörern des Catilina an, plant einen Staatsstreich und wird am Ende hingerichtet.
Stark beweint wird er von seinem geliebten Ziehsohn, dem späteren Triumvirn und Bürgerkriegsgegner des Augustus: Marcus Antonius. Glaubt man Plutarch, dass Antonius sich schon als junger Mann Trinkgelagen, Frauenbekanntschaften und Extravaganzen hingibt und so die für sein Alter große Summe von 250 Talenten Schulden aufhäuft, so kann man vermuten, dass der Lebensstil des Sura auch auf seinen Ziehsohn Antonius abgefärbt hat…

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