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Wachstäfelchen mit Stilus, Wachsspachtel und Buchrollen |
Wie schreiben die alten Römer? Im Gegensatz zu uns
schreiben sie ohne Punkt und Komma (scriptio
continua), ohne Groß- und Kleinschreibung, also mit noch weniger Umständen
als bei einer SMS - und das mit ziemlich schräger Schrift. Zwar haben wir unsere Großbuchstaben von römischen Inschriften
übernommen, aber anders als bei Asterix wird im antiken Rom nicht nur auf
Marmor gemeißelt: Üblicherweise schreibt man auf Wachs oder Papyrus und selten
auf dem teuren Pergament in römischer Kursivschrift.
tabulae ceratae
Am
häufigsten wird auf Wachstäfelchen geschrieben, tabulae ceratae, der „antike Tablet-PC’“ für Konzepte, Notizen,
Rechnungen, Schulaufgaben etc. Sie bestehen aus mehreren rechteckigen
Holzplättchen, die außen mit Stegen umrandet und deren Innenflächen mit
Bienenwachs gefüllt werden. Wer mit seinem Reichtum protzen will, nimmt Elfenbein
oder Metall. Zusammengehalten werden die Täfelchen entweder über Lederbändchen,
Schnüre oder auch Metallscharniere. Je nachdem wie viele Plättchen man
zusammenfügt nennt man die tabulae in
gebildeten Kreisen auch griechisch diptychon
(2 Tafeln), triptychon (3) oder polyptychon
(viele).
Als
Schreibstift benützt man einen stilus,
einen Griffel aus Holz, Knochen, Metall oder Elfenbein. Mit dem spitzen Ende
des stilus ritzt man die Buchstaben
ins Wachs, das flache Ende dient als Tintenkiller, indem man Fehler einfach
glatt streicht. Für größere Partien dient ein breiter Wachsspachtel als Radiergummi.
Wachstäfelchen
eignen sich besonders gut, um Briefe zu verschicken. Man verschnürt sie und
versiegelt die Bindung mit heißem Wachs und dem Abdruck seines Siegelrings. Ist
das Siegel beim Empfänger unversehrt, kann man sicher sein, dass der Überbringer
den Inhalt nicht gelesen hat. Noch sicherer sind sogenannte Siegelkapseln. Bei unwichtigen
Neuigkeiten wird sofort recycelt: Man streicht einfach das Geschriebene aus.
Noch bequemer lässt man die Täfelchen in der Sonne stehen oder legt sie an
einen Ofen, um wieder eine makellos glatte Oberfläche zu erhalten (damit dies
nicht unbeabsichtigt auftritt, wird das Wachs noch mit Zusätzen wie Harz und Ruß
vermischt).
Preisgünstige
Exemplare (fertig oder zum Selberbasteln) findet man z.B. im Versandhandel Antike zum Begreifen.
Auf
Buchrollen wird eigentlich nur geschrieben, wenn es sich lohnt und wenn das das
Konzept bereits fertig vorliegt. Ein Buch der Antike sieht allerdings anders
aus als bei uns: Es besteht aus Papyrus-Fasern aus dem Mark des Pflanzenstängels,
die gewässert einmal längs und einmal quer aufeinander gepresst, geklopft und
getrocknet werden. Der Pflanzensaft klebt die Fasern fest zusammen. Die einzelnen
Papyrusbögen werden anschließend verleimt und auf Holz, Elfenbein oder Metallstäbe aufgerollt. So eine antike Buchrolle ist zwischen 20-25cm hoch und kann 8-10m breit
sein.
Beschriftet
wird eine Buchrolle in einzelnen Kolumnen mit einem calamus, einem Schreibstift, und farbiger Tinte. Dabei bleibt nahezu der gesamte Text links und rechts auf den Stäben, nur die Spalte des Abschnittes, an dem man gerade liest (oder den man beschreibt) ist sichtbar. Als calamus dient üblicherweise ein zugespitztes
Schreibrohr aus Schilf, man kann aber auch einen Gänsekiel nehmen. Schwarze
Tinte stellt man aus Gummiarabikum, Holzkohle, Ruß und kaltem Wasser her, rote
Farbe mit Ocker. Als Tintenkiller dient ein einfaches Stückchen Naturschwamm.
Codex:
Der
codex ist im Wesentlichen die noch heute
verwendete Buchform, er besteht ursprünglich aus mehreren zusammengebundenen
Wachstäfelchen oder aus Papyrus. Ab dem 1. Jh. n. Chr. geht man für wertvolle
Exemplare zum haltbareren (aber auch erheblich teureren) Pergament über, im 4.
Jh. wird dies die übliche Buchform.
Spiegelschrift
Gelegentlich
stößt man im Museum oder direkt bei Ausgrabungen auf Spiegelschrift. Regelmäßig
ist dies bei Fluchtäfelchen der Fall, also wenn schwarze Magie im Spiel ist und
jemand verflucht werden soll. Aber auch Medizinprodukte gehen in Spiegelschrift
auf die Handelswege, Medizinalstempel werden so geschnitten, dass man sie nur in
Spiegelschrift lesen kann.
Bei
einer Ausgrabung auf dem Hallschlag in Bad Cannstatt, einem Stadtteil
Stuttgarts, fand man 2009 einen Teller des Töpferwarenherstellers Hilario, dessen
unterer Rand ebenfalls in Spiegelschrift beschriftet ist (hilarionis). Warum der Pate der
Töpfe des Hilario aus dem römischen vicus in Bad Cannstatt Spiegelschrift verwendete, war
auch dem Landeskonservator Dr. Andreas Thiel ein Rätsel. Eine magische oder
medizinische Anspielung, ein Wunsch nach guter Gesundheit? Wer weiß…
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