Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 1. Mai 2014

scriptio continua - Schrift und Schreibmaterial im alten Rom

Wachstafeln (tabulae ceratae), Stilus, Antike Buchrollen aus Papyrus
Wachstäfelchen mit Stilus, Wachsspachtel und Buchrollen
Wie schreiben die alten Römer? Im Gegensatz zu uns schreiben sie ohne Punkt und Komma (scriptio continua), ohne Groß- und Kleinschreibung, also mit noch weniger Umständen als bei einer SMS - und das mit ziemlich schräger Schrift. Zwar haben wir unsere Großbuchstaben von römischen Inschriften übernommen, aber anders als bei Asterix wird im antiken Rom nicht nur auf Marmor gemeißelt: Üblicherweise schreibt man auf Wachs oder Papyrus und selten auf dem teuren Pergament in römischer Kursivschrift.

tabulae ceratae
Am häufigsten wird auf Wachstäfelchen geschrieben, tabulae ceratae, der „antike Tablet-PC’“ für Konzepte, Notizen, Rechnungen, Schulaufgaben etc. Sie bestehen aus mehreren rechteckigen Holzplättchen, die außen mit Stegen umrandet und deren Innenflächen mit Bienenwachs gefüllt werden. Wer mit seinem Reichtum protzen will, nimmt Elfenbein oder Metall. Zusammengehalten werden die Täfelchen entweder über Lederbändchen, Schnüre oder auch Metallscharniere. Je nachdem wie viele Plättchen man zusammenfügt nennt man die tabulae in gebildeten Kreisen auch griechisch diptychon (2 Tafeln), triptychon (3) oder  polyptychon (viele).
Als Schreibstift benützt man einen stilus, einen Griffel aus Holz, Knochen, Metall oder Elfenbein. Mit dem spitzen Ende des stilus ritzt man die Buchstaben ins Wachs, das flache Ende dient als Tintenkiller, indem man Fehler einfach glatt streicht. Für größere Partien dient ein breiter Wachsspachtel als Radiergummi.
Wachstäfelchen eignen sich besonders gut, um Briefe zu verschicken. Man verschnürt sie und versiegelt die Bindung mit heißem Wachs und dem Abdruck seines Siegelrings. Ist das Siegel beim Empfänger unversehrt, kann man sicher sein, dass der Überbringer den Inhalt nicht gelesen hat. Noch sicherer sind sogenannte Siegelkapseln. Bei unwichtigen Neuigkeiten wird sofort recycelt: Man streicht einfach das Geschriebene aus. Noch bequemer lässt man die Täfelchen in der Sonne stehen oder legt sie an einen Ofen, um wieder eine makellos glatte Oberfläche zu erhalten (damit dies nicht unbeabsichtigt auftritt, wird das Wachs noch mit Zusätzen wie Harz und Ruß vermischt).
Preisgünstige Exemplare (fertig oder zum Selberbasteln) findet man z.B. im Versandhandel Antike zum Begreifen.

Buchrolle
Auf Buchrollen wird eigentlich nur geschrieben, wenn es sich lohnt und wenn das das Konzept bereits fertig vorliegt. Ein Buch der Antike sieht allerdings anders aus als bei uns: Es besteht aus Papyrus-Fasern aus dem Mark des Pflanzenstängels, die gewässert einmal längs und einmal quer aufeinander gepresst, geklopft und getrocknet werden. Der Pflanzensaft klebt die Fasern fest zusammen. Die einzelnen Papyrusbögen werden anschließend verleimt und auf Holz, Elfenbein oder Metallstäbe aufgerollt. So eine antike Buchrolle ist zwischen 20-25cm hoch und kann 8-10m breit sein.
Beschriftet wird eine Buchrolle in einzelnen Kolumnen mit einem calamus, einem Schreibstift, und farbiger Tinte. Dabei bleibt nahezu der gesamte Text links und rechts auf den Stäben, nur die Spalte des Abschnittes, an dem man gerade liest (oder den man beschreibt) ist sichtbar. Als calamus dient üblicherweise ein zugespitztes Schreibrohr aus Schilf, man kann aber auch einen Gänsekiel nehmen. Schwarze Tinte stellt man aus Gummiarabikum, Holzkohle, Ruß und kaltem Wasser her, rote Farbe mit Ocker. Als Tintenkiller dient ein einfaches Stückchen Naturschwamm.

Codex:
Der codex ist im Wesentlichen die noch heute verwendete Buchform, er besteht ursprünglich aus mehreren zusammengebundenen Wachstäfelchen oder aus Papyrus. Ab dem 1. Jh. n. Chr. geht man für wertvolle Exemplare zum haltbareren (aber auch erheblich teureren) Pergament über, im 4. Jh. wird dies die übliche Buchform.

Spiegelschrift
Gelegentlich stößt man im Museum oder direkt bei Ausgrabungen auf Spiegelschrift. Regelmäßig ist dies bei Fluchtäfelchen der Fall, also wenn schwarze Magie im Spiel ist und jemand verflucht werden soll. Aber auch Medizinprodukte gehen in Spiegelschrift auf die Handelswege, Medizinalstempel werden so geschnitten, dass man sie nur in Spiegelschrift lesen kann.
Bei einer Ausgrabung auf dem Hallschlag in Bad Cannstatt, einem Stadtteil Stuttgarts, fand man 2009 einen Teller des Töpferwarenherstellers Hilario, dessen unterer Rand ebenfalls in Spiegelschrift beschriftet ist (hilarionis). Warum der Pate der Töpfe des Hilario aus dem römischen vicus in Bad Cannstatt Spiegelschrift verwendete, war auch dem Landeskonservator Dr. Andreas Thiel ein Rätsel. Eine magische oder medizinische Anspielung, ein Wunsch nach guter Gesundheit? Wer weiß…

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