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Roms Aquädukte, Trinkwasser- und Brauchwassersystem, uva Romana |
Trinkwasser
Eine
der beeindruckenden Leistungen der alten Römer ist ihr Geschick im Bau von
Wasserleitungen. Im Gewirr römischer Straßen mit ihren Bürgersteigen und
zebrastreifenähnlichen Übergängen gluckern überall Brunnen mit frischem
Trinkwasser. Und nicht nur die besseren Familien verfügen über einen eigenen
Anschluss an eines der zahlreichen
Aquädukte, deren Gesamtlänge 351,6 km beträgt (jedoch nur 47,4 km werden
oberirdisch verlegt, vgl. Evans 1992). Mit Hilfe der Schwerkraft und Druckleitungen wird das Wasser
durch geschlossene Röhren (specus, rivus)
von der Quelle zum Verteilertank (castellum)
geführt, mehrere Sedimentstanks (piscinae)
dienen zur Reinigung. Die älteren Theorien,
das Wasser aus den Leitungen habe die alten Römer mit Blei vergiftet, sind
nichts als ein Mythos: Zwar finden auch Bleirohre Verwendung, genaue Analysen
haben jedoch nachgewiesen, dass das Blei römischer Rohre an der Oberfläche
schnell oxidiert und zusätzlich mit Sediment überzogen wird. In den erhaltenen Knochen
kann keine besondere Belastung mit Blei nachgewiesen werden. Durch die piscinae werden übrigens auch andere
Schadstoffe ausgefiltert. Die Aquädukte liefern täglich über 1.010.623 Kubikmeter
sauberes Trinkwasser! Dabei ist Rom zusätzlich reich
mit natürlichen Brunnen und Zisternen gesegnet. Wasser gibt es so stets im
Überfluss und der Wasserverbrauch ist dementsprechend hoch (nach Forbes 1955, S. 167):
Im Jahr 50 v. Chr. verbraucht Rom täglich 750 Liter pro Kopf,
300 n. Chr. sogar 1136 Liter täglich (1936 nur noch 578, etwa die Hälfte).
Zum
Vergleich:
In London und Paris sind es im Jahr 1823 n. Chr. lediglich 11 Liter pro Kopf am Tag (Forbes 1955, S. 167),
1936 n. Chr. in London 136 Liter, in Leipzig zur selben Zeit nur 76 Liter (für Paris gibt es zu dieser Zeit keine Angaben, doch hat auch heute noch nur jeder dritte Einwohner in Paris ein eigenes Bad. Manche Leute meinen, daher käme der typische Geruch in der Metro…
Stuttgart, eine Stadt mit unzähligen Brunnen und Schwimmbädern, verbraucht 2010 n. Chr. nur 124 l pro Kopf (Statistisches Amt 2013) – und das obwohl im
Stadtteil Bad Cannstatt das Wasser der Bäderbetriebe ständig aus dem Überlauf
direkt in den Neckar blubbert. Den Ergebnissen des Hauptseminars „Phänomenologie
einer antiken Großstadt“ von Prof. Dr. Frank Kolb zufolge (Tübingen SoSe 1998) ist
Stuttgart übrigens bezüglich der Einwohnerstruktur bestens mit dem Rom des Jahres
63 v. Chr. zu vergleichen: Erst in den folgenden Jahrzehnten wächst Rom zur
Millionenstadt heran….
Als Getränk der einfachen
Bevölkerung dient fast ausschließlich Wasser, doch wird es in einer nicht zu
beschreibender Vielfalt an Gläsern Kelchen, Phiolen (Schalen mit Griffmulden) etc.
getrunken - zum Einschenken dient ein einhenkliger Krug (vgl. Gerlach 2001, S.
40). Beim Frühstück nehmen (fast) alle Römer Wasser zu sich, Wein war früher
sogar für Frauen, Kinder und Jugendliche generell verboten und bei
Zuwiderhandlung ein legaler Grund, vom pater familias hingerichtet zu werden.
Antiker Wein
Kriterien für die Weinbeurteilung
sind Farbe, Duft und Geschmack. Getrunken wird antiker Wein möglichst kühl und verdünnt
(Gerlach 2001, S. 68), für jeden in individuellem Mischungsverhältnis mit
Wasser gereicht (ebd., S. 73)
Gelagert wird guter Wein zu Hause in
eigenen Weinkellern, wovon Horaz in seiner Satire 2,8 spricht - vermutlich
handelt es sich dabei um Eiskeller, wie sie zur Aufbewahrung von Lebensmitteln auch
in Deutschland vor der Erfindung des Kühlschranks üblich waren (vgl. auch Gerlach 2001, S. 75). In Rom wird auch Schnee vom Apenin oder aus den Hängen des Vesuvs
in Blöcke gepresst, damit wer es sich leisten kann, den Wein auch im Sommer gekühlt
zu sich nimmt.
Weinsorten des alten Rom
Den literarischen Zeugnissen nach
scheinen die Weißweine in der Antike zunächst hochwertiger. Tafelweine werden
jung getrunken, wie im östlichen Mittelmeer allgemein üblich. Die Römer
kultivieren jedoch auch alterungsfähige Weine. Diese werden mindestens ein Jahr
gelagert. Spitzenweine sind nach antiken Textstellen auch noch nach etlichen Jahrzehnten
trinkbar – solange sie nicht kippen.
Laut dem älteren Plinius (nat.hist. XIV 150)
kennt man in Rom 185 (!) Weinsorten, darunter Allobrogica, Aminea, Biturica und Nomentana, von denen die meisten
einigermaßen erschwinglich sind: 1 Maß Wein kostet 1 As, 1 Maß Falerner das Vierfache,
1HS (Gerlach 2001, S. 66). Dazu sind Unmengen an Rezepturen für römische Liköre
(vinum piperatum) erhalten – ein echter Exportschlager am Mittelmeer, z.B. mit
Anis-Minzgeschmack, Pistazien, Zimt, Zitronatzitronen, Honig, Pfeffer etc. (Gerlach 2001, S. 69)
Die
bekanntesten antiken Weine
sind:
falernus – Falerner: Er ist die berühmteste römische Weinsorte schlechthin, ein oft in antiken Quellen gerühmter Spitzenwein. Das Anbaugebiet liegt im ager falernus im Norden Kampaniens. Laut Plinius dem Älteren wird herber, halbtrockener und süßer Falerner gekeltert (→ Plin.nat.hist. 15, 63: austerum, tenue, dulce), als Rot- und als Weißwein. Der Falerner wird an Ulmen und Maulbeerbäumen gezogen und lässt sich (für antike Verhältnisse) hervorragend lagern: Seine optimale Reife erreicht er erst nach fünfzehn Jahren. Den nachweislichen Altersrekord hält das gleichzeitige Nonplusultra an Qualität, der Spitzenjahrgang opimianum aus dem Amtsjahr der Konsuln Lucius Opimius und Quintus Fabius Maximus Allobrogicus 121 v.Chr.: Noch gut ein dreiviertel Jahrhundert später wird dieser Jahrgang Ende der 40er Jahre des 1. Jh. v. Chr. von Cicero mit großem Genuss getrunken. Der Namensgeber hatte weniger Glück: 116 v. Chr. nahm Opimius Bestechungsgelder vom numidischen König Jugurtha an, nach einer quaestio, einem Sonderermittlungsverfahren, musste er lebenslänglich ins Exil.
caecubum - Caecuber: Als Weißwein ist der Caecuber einer der zwei bekanntesten römischen Spitzenweine. Das Anbaugebiet liegt im ager caecubus in Kampanien bei Amyclae an der Küstenregion Latiums, den pontinischen Sümpfen, entlang der Via Appia.
Surrentinum - Sorrentiner: Dieser Weißwein ist einer der bekannteren Weine der Antike und gehört laut dem älteren Plinius zu den drei besten Spitzenweinen. Das Anbaugebiet liegt auf der Halbinsel Sorrent in Kampanien.
Mulsum – Mulsum: Dieser gemischte Honigwein wird als Aperitif, zu Vorspeisen, dem ersten Gang einer cena oder als Medizin getrunken (soll gegen Blähungen helfen und zur Langlebigkeit führen). Es sind unterschiedliche Zubereitungen überliefert: Herber Wein mit abgekochtem Honig vermischt, Traubensaft mit Honig in einem verschlossenen Gefäß vergoren, oder gärender Traubenmost mit Honig weiter vergoren. Außer Columella (12,41) liefert auch der ältere Plinius eine Anleitung (Plin.nat.hist.22,113): Zu einem Krug Most (13l) 10 Pfund Honig (3,3 kg) dazufügen (oder auch ¼ kg abgekochter Honig auf 1l Wein), umrühren, in eine vergipste Flasche umfüllen, 30 Tage reifen lassen, in Tongefäß umfüllen und räuchern. Mulsum wird auch heute noch für Freunde der Antike hergestellt, z.B. in Trier käuflich zu erwerben im Restaurant Zum Domstein. Prosit!
Das ist eine beeindruckend detaillierte Darstellung der Trinkwasser- und Weinversorgung der Römer.
AntwortenLöschenEtwas stutzig gemacht hat mich die Zahl "... mehr als 1.010.623 Kubikmeter Wasser pro Tat..."
Woher weiß man das so genau?
Die absolute Wassermenge der Aquädukte ist relativ simpel zu bestimmen: Die erhaltenen Überreste lassen physikalische Berechnungen zu (Durchmesser, Neigungswinkel, Fließgeschwindigkeit…) - ein Teil der Aquädukte dient übrigens nach über 2.000 Jahren immer noch zur Trinkwasserversorgung des modernen Rom.
LöschenDabei stimmt das Bild der antiken Text-Quellen mit den archäologischen Quellen überein: Sextus Iulius Frontinus, sechs Jahre lang Oberaufseher über die Aquädukte in Rom (curator aquarum), informiert 97 n. Chr. in seinen zwei Büchern "de aquaeductu urbis Romae" akribisch über die einzelnen Namen der Quellen, der Leitungen (inklusive Normgrößen) und über die genauen Messungen der einzelnen Zu- und Abflussleistung nebst präziser Verteilung der Wassermengen auf die Stadtbezirke.
Der pro Kopf Verbrauch ist dagegen relativ spekulativ, da man dazu erst die genaue Bevölkerungszahl kennen müsste und auf Schätzungen angewiesen ist. In einer amerikanischen Universität wurde sogar ernsthaft versucht, eine genaue Einwohnerzahl des antiken Rom über das Kloakensystem zu ermitteln: Man listete sämtliche Entsorgungskanäle und Röhren auf, analysierte den Zusammenhang zwischen Einwohnerzahl und Abwassermengen des modernen New York und experimentierte mit der Fließgeschwindigkeit moderner Exkremente…