Wie
genau Wahlen in Rom vor sich gehen, ist bekannt: Die wichtigsten Ämter wählt
„das Volk“ in den comitia centuriata. Entscheidend sind hier zuallererst
die reichsten Bürger Roms, da sie über die Mehrheit der Stimmen verfügen (nach Vermögen
in Hundertschaften gestaffelt).
Weniger
wichtige Ämter werden in den comitia tributa nach der Mehrheit der tribūs
vergeben (Stadtviertel bzw. Landkreis), in denen die einfache Mehrheit reicht
und jeder Bürger gleichermaßen eine Stimme besitzt.
Selbst
bei den Ämtern, deren Kandidaten in den Volksversammlungen der comitia populi tributa (oder im concilium plebis) gewählt werden,
bevorzugen die Wähler in 50-85% der Fälle Adlige- oder zumindest Vertreter aus
der Nobilität, d.h. Familien, aus denen (vor Sulla) bereits ein Konsul
hervorgegangen war (nobiles).
Unbekannt
ist dagegen der Einfluss, den die verschiedenen Faktoren auf den Wahlausgang
ausüben. Es scheint so, als ob die überwiegende Mehrheit der römischen Bürger einen
Hang zu großen und klingenden Namen hat.
Ist
der Bekanntheitsgrad der Familie des Kandidaten generell wichtiger als der des
Kandidaten alleine? Ist also der Wahlausgang mehr vom Klang des gentilizischen
Namens abhängig, von den vielzitierten Wachsbildern der Vorfahren (imagines)
und ihren berühmten Heldentaten (fortiter facta), als von der Person
des Kandidaten selbst?
Welche
Rolle spielen die vererbten Klienten und die Weisung eines Patrons, eine
bestimmte Person oder einen der amīcī der Familie zu wählen?
Gibt
es keinerlei (wenn auch nur rudimentäre) Wahlkampagnen im alten Rom?
Bisher
ging man in der Forschung davon aus, dass der Bekanntheitsgrad des
Familiennamens nahezu alleine entscheidend ist. Was aber, wenn sich Kandidaten
eventuell das ius agendi cum populo eines Prätors, oder Volkstribunen zu
Nutze machen, um ihr Programm (oder ihr Gesicht) vorzustellen und bekannt zu
machen?
Leider
lässt sich dies weder direkt belegen noch widerlegen: Die programmatischen
Reden der Kandidaten selbst, die sich in den schriftlichen Quellen finden lassen,
sind eigentlich alle Antrittsreden, und wiewohl sie eine Art Programm erkennen
lassen, alle (unmittelbar) NACH erfolgreicher Wahl von den Historikern als
gehalten beschrieben.
Was
den Einfluss des Klientelwesens betrifft, fehlen auch hier unumstößliche
Nachweise der Quellentexte. Es scheint wahrscheinlich, dass ein Klient, der
mit seinem Patron (den man durchaus auch wechseln kann) zufrieden ist, eher
dessen Weisung bei der Wahl befolgt. Ist der Klient mit seinem Patron
unzufrieden, wähl er eher die Gegenseite.
Doch
was ist mit dem Rest? Folgen die unentschlossenen Römer vor allem einer groben
Vorstellung des Kandidaten, die aus der Mund-Propaganda und verbreiteten
Versprechungen resultiert? Oder lassen sie sich mehr von der Erinnerung der Spiele
leiten, welche die Kandidaten als Ädile veranstalten? Beispielsweise
treten Caesar und Bibulus in derselben Besetzung an wie zu ihrer
glorreich-freigiebigen Aedil-Zeit und werden zu Bibulus‘ Leidwesen als ständiges
Beamten-Team (aber auch unter gleich hohen Bestechungssummen) wieder als
Konsuln gewählt.
Gibt
es keine Propaganda, kommt der Namen selbst als Programm zum Zug, z.B. die Familie
der Claudii und Metelli ohne Zusatz als Programm für eine konservative Haltung
und eine Art „rechten Flügel“. Verwandtschaften mit den Gracchen (und/oder
Marius) stehen demnach für eine „reformerische“, und „linke“ Haltung. Doch ist
diese offizielle Selbstdarstellung meist nur politische Wahlpropaganda und dient
im Grunde vor allem dem Zugewinn persönlicher und familiärer Macht.
Beschäftigt
man sich näher mit Sallusts Darstellung des Jugurthinischen Krieges, so drängt
sich die Überzeugung auf, dass nicht immer nur der Familienname der Kandidaten ausschlaggebend
ist.
Zumindest
G. Marius scheint eine regelrechte Wahlkampagne geführt zu haben, wie im
folgenden Post zu lesen sein wird…
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