Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Montag, 30. September 2019

ADHS & Kaiser Claudius: Ein Fazit – Woran litt Kaiser Claudius? (IIX)


Bei Erwachsenen sollen für eine sichere Diagnose in beiden Bereichen jeweils fünf von neun Symptomen erfüllt sein. Bei Kaiser Claudius sind es bei der Unaufmerksamkeit mindestens sieben von neun Symptomen und bei der Hyperaktivität mindestens acht von neun.

Dazu scheint Claudius noch an Begleit- und oder Folgeerkrankungen von ADHS zu leiden: Angststörungen, verzögerten Schlafphasen, Substanzmissbrauch und Störungen des Sozialverhaltens.
In Wikipedia heißt es über ADHS bei Erwachsenen: „Nach einer Studie in den Niederlanden von 2013 waren von 202 erwachsenen ADHS-Patienten 26 % gleichzeitig vom verzögerten Schlafphasensyndrom (Delayed sleep-phase disorder, DSPD) betroffen. In einer Kontrollgruppe von 189 Nicht-Patienten trat DPSD dagegen nur mit einer Häufigkeit von 2 % auf. Darüber hinaus war bei den ADHS-Patienten insgesamt der Schlaf kürzer, die Einschlafphasen länger, und die Mitte des gesamten Nachtschlafs später“.
Auch dies ist bei Sueton für Claudius überliefert: Kaiser Claudius braucht länger zum Einschlafen und schläft nicht vor Mitternacht, seine Nachtruhe ist „überaus kurz“, am Morgen ist er dann so müde, dass er vor Gericht einschläft und ihn die Anwälte kaum wecken können, wenn sie absichtlich laut werden (→ Suet.Claud. 33).
Im sozialen Umgang eckt Claudius durch seine Verhaltensweisen schon seit seiner Kindheit an, was Mutter und Großmutter heftig gegen ihn einnehmen lässt (→ Suet.Claud.3,2). Seine Berichterstatter kritisieren seine „kalten“ oder weit hergeholten Witze, die wohl nicht immer zur Belustigung beitragen (→ Suet.Claud. 21).
Substanzmissbrauch wie mit Alkohol ist bei ADHS signifikant höher als ohne. Dies trifft auch auf Claudius zu (→ Suet.Claud. 5; → Suet.Claud.33: vini appetentissimus). Seine Selbstbeherrschung ist eindeutig gestört, teilweise sogar wie aus dem Lehrbuch für ADHS bei Erwachsenen: „Sie wirken auf ihre Umgebung, als würden sie nicht nachdenken, bevor sie handeln oder sprechen“ (Wikipedia, s.v. ADHS bei Erwachsenen). Ebendas schreibt auch Sueton über Claudius (→ Suet.Claud. 40): ut nec quis nec inter quos, quove tempore ac loco verba faceret, scire aut cogitare existimaretur.

Angststörungen sind ebenfalls zu vermuten, nihil aeque quam timidus ac diffidens fuit, schreibt Sueton (→ Suet.Claud. 35).

Auffällig ist auch eine positive Eigenschaft, die ADHS-Betroffenen zugeschrieben wird: der Hyperfokus, mit dem sie sich wie im Flow besonders lang ausdauernd auf einen Gegenstand konzentrieren können, der sie fasziniert. So haut es Kaiser Augustus vor Überraschung glatt vom Stuhl, dass sein Enkel ihn mit einer Rede beeindruckt: Wo Claudius ständig so „unklug“ spricht, weiß er „klug“ zu überzeugen, wenn er sich konzentriert (→ Suet.Claud. 4,6).
Ist Claudius von einer Aufgabe eingenommen, die ihm gefällt, dann zeigt er eine im Vergleich zu sonst lang andauernde, kontinuierliche ungewöhnliche und hervorragende Planungs- und Organisationsfähigkeit. Beispiele hierfür sind die Planung und Umsetzung von Bauwerken wie Wasserleitungen, der Abzugskanal des Fuciner Sees zur Trockenlegung und die Hafenanlage von Ostia, wozu er sogar Berge durchstechen ließ und einen Leuchtturm nach der Art des Pharos von Alexandria errichten ließ (→ Suet.Claud.20). An der Komplexität dieser Aufgaben waren zuvor mehrere gescheitert, selbst G. Julius Caesar und zwar wiederholt (ebd.).

Bei der Diagnose der Hyperaktivität sollte man also nicht nur an Negatives denken. Außer zu kreativen Leistungen sind Menschen mit ADHS auch zu großen Taten und kontinuierlichen Planungsleistungen fähig – wenn sie eine Aufgabe fasziniert…

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