In Ciceros Briefen findet sich
immer immer wieder einmal ein Hinweis auf seine Häuserprojekte oder einzelne Stücke seiner Wohnungseinrichtung. Ein
Geschenk seines Bruders Quintus, eine Büste von Atticus oder auch der Preis für die Anbindung an das öffentliche Wassernetz oder seine Vorlieben bei der Wohnzimmergestaltung. Schade nur, dass sich die Stellen
nahezu ausschließlich auf Ciceros Neubauprojekte beschränken.
Wie das erste Haus Ciceros
ausieht, das bescheidene Familienerbstück auf dem Esquilin, habe ich mir in
meinem Roman Rufus – Catilina und die Jugend
in Rom Gedanken gemacht. Im Folgenden zum Atrium aus Kapitel 8:
Das Atrium war klein - ungewöhnlich
klein für das Haus eines Politikers, erst recht, wenn man es mit demjenigen der
Fabier verglich. In der Mitte des Impluvium stand eine einfache dorische Säule
mit zwei kleinen Jungen, aus deren Mündern Wasser quoll.
»Ob der Brunnen wohl von einem eigenen
Wasseranschluss gespeist wird? Aber wie soll das Wasser sonst ständig da hinaus
gluckern?« Das Plätschern empfand Rufus als sehr angenehm und beruhigend
–schließlich liebte er Wasser. »Jetzt Schwimmen gehen, das wäre toll! Aber im
Tiber, da gibt es mehr Platz…«
„Kaum zu glauben, dass das hier das Haus
eines römischen Konsuls ist!“, meine Crixos und wies auf die spärliche
Einrichtung des kleinen aber makellos gepflegten Atriums.
Kein Fresko, keine Wandgemälde, nur
sauber verputzte Wände – lediglich ein paar griechische Figuren in den
Stuckarbeiten des Atriums, ein griechischer Stehleuchter aus polierter Bronze
und Türen mit Giebel-Verzierung und roten Vorhängen, die ein griechisches
Akanthusmotiv zierte – Bärenklau.
Nur im Vestibulum hatte Rufus beim
Hereinkommen ein paar Rahmen an der Wand gesehen. Es waren aber keine Bilder
gewesen, sondern die üblichen Anschläge der tabulae
hospitii: Jeder Gastfreund hatte eine eigene Tafel, auf der Name und
Familie vermerkt waren. Rufus war aufgefallen, dass besonders viele Griechen
dabei gewesen waren, die meisten aus Sizilien - darunter nannten ihn ganze
Städte ihren Gastfreund und Schutzherren:
tabulae patronatūs.
Doch Cicero protzte nicht, jedenfalls
nicht mit Reichtum.
Dafür war das Atrium geschmackvoll und
kostbar genug ausgestattet, dass niemand auf den Gedanken kommen könnte, er sei
arm. Vielleicht wollte Cicero mit seiner vornehmen Zurückhaltung einen allzu
großen Kontrast zu den bescheidenen Ausmaßen seines Wohnhauses vermeiden.
»Vielleicht ist das aber auch seine
Vorstellung von Stil und Eleganz«, dachte sich Rufus, während er das Haus auf
sich wirken ließ.
Crixos nahm sich eine handvoll
gerösteter Kichererbsen, die in einer silbernen Schale auf einem Dreifuß bereit
lagen. „Bei Esos und Cernunnos, keiner der einflussreichen Senatoren, die wir
bisher aufgesucht haben, hat so ein kleines Haus! Nicht einmal Troucillos…“
[…] Und über Ciceros Arbeitszimmer:
Verschämt ließ er ein paar Blicke über
Ciceros Bibliothek schweifen – oder war dies sein Arbeitszimmer?
Rufus hatte nicht für möglich gehalten,
dass man Bücherregale so voll packen konnte. Dazwischen standen mehrere kleine
Tischgruppen. Dunkles Holz, einfache Formen, dafür verziert mit feinen
Schnitzereien im griechischen Stil und mit Einlegearbeiten aus Elfenbein und
getriebenen Bronze- und Silberplättchen, die kleine Geschichten erzählten…
[…]
Rufus trat nervös von einem Bein auf das
andere.
Aus dem Atrium hörte man das leise
Plätschern des Brunnens.
Durch eine leichte Brise hob sich der
Vorhang und raschelte ein wenig am Türrahmen.
Dahinter bemerkte Rufus eine schwere
Eichentüre, die von dem Vorhang verdeckt wurde. Man konnte fast meinen, sie
schämte sich für ihr Dasein und für die Möglichkeit, einmal nicht offen stehen
zu können.
Offen standen auch die schmalen Fenster,
die nahe an der Decke in die Wand eingelassen waren. Hindurch drang helles
Sonnenlicht und ein sanfter Luftzug, aber kein weiterer Laut; »... ungewöhnlich
auf dem Esquilin.«
[…]
Er versuchte Ciceros Blick aus dem Weg
zu gehen und blieb mit den Augen an einer Büste über dem Türsturz hängen.
ʺEpikourosʺ stand darunter auf Griechisch.
„Schön, nicht wahr?“ Cicero war Rufus‘
Blick gefolgt. „Der war ein Geschenk. Den hat mir Atticus mitgebracht. Titus
Pomponius Atticus: Ein Wohltäter Athens, ein großer Gelehrter und ein
hervorragender Freund. Seine Familie lässt sich bis auf den römischen König
Numa Pompilius zurückverfolgen ... dabei ist er gar kein Patrizier, sondern
Ritter wie ich.“
„Hat Atticus deine Wohnung eingerichtet?
Im ʺattischenʺ Stil?“
Cicero musste lachen.
„Nein, so weit geht es dann doch nicht,
obwohl wir schon zusammen zur Schule gegangen sind… Aber ich nutze jede
Gelegenheit, um mir gute Stücke mitbringen zu lassen. Den Zenon da drüben hat
mir zum Beispiel mein Bruder Quintus aus Athen besorgt.“ Cicero wies auf die
Büste über der Türe, hinter der Cicatrix verschwunden war.
Rufus entdeckte noch weitere
Philosophenköpfe: Platon, Karneades, Aristoteles. Teils waren sie über echten
Türstürzen angebracht, teils auf Durchgängen, die täuschend echt auf die Wand
aufgemalt waren.
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