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freuen!
Kapitel 8: Vorsicht Schlangen: Kupplerinnen wie Dipsas
Naso
war guter Dinge.
Er
hatte ein Geschenk zusammengestellt, um sich bei Corinna zu entschuldigen, das
Gedicht hatte er gerade vollendet, ein paar passende Zitate hatte er auch
eingearbeitet - Naso wusste, dass Corinna zuletzt in Menandros‘ Komödie gelesen
hatte. Vielleicht könnte sie schon wieder darüber lachen…
Und
vor allem war er Titus und dessen Schläger losgeworden: Auf zur Armee, aus den
Augen aus dem Sinn!
Fröhlich
pfeifend ließ er etwas Sand über seine Verse rieseln, um die Tinte zu trocknen,
rollte den Papyrus zusammen und steckte ihn in das Sandelholzkästchen, wo er
bereits Kamm, Haarnadeln und Aufstecknägel verstaut hatte.
»Wenn
das nicht hilft…«
Er
zahlte, nahm umständlich die Blumen zum Kästchen in die linke Hand und drückte
die doppelflügelige Tür mit der rechten auf.
Doch
gleich ließ er den Türflügel wieder zu schwingen.
Er
blieb er wie angewurzelt stehen.
Seine
Nackenhaare stellten sich auf und ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Das
Blut gefror ihm in den Adern.
»Corinna Arm in
Arm mit … Dipsas?«
Dipsas! Die alte Vettel, die ihm Corinnas
Adresse gegeben hatte… Was machte sie so eng mit Corinna? Naso stellte sich
vor, wie sich Dipsas in den Nachthimmel schwang, mit einem Federkleid bedeckt,
und auf Corinnas Häuschen landete. Gefährlich blitzte eine doppelte Pupille aus
dem weinseligen Auge…. Hatte die alte Hexe Corinna am Ende verzaubert und
dienstbar gemacht?
»Zuzutrauen
wäre es ihr! Sie kann sicher auch Wolken am Himmel zusammenballen, wann sie will,
mitten am helllichten Tag. Sicher kann sie Urahnen aus ihren Gräbern rufen und
macht sie zu lebenden Toten…«
Naso
versuchte die grausigen Bilder abzuschütteln.
Vorsichtig
linste er durch den Spalt.
»Nein,
sieht ganz so aus als machten sie lediglich einen Einkaufsbummel in der Via
Sacra – ausgerechnet hier vor dem Laden!«
„Weißsst
du, mein Goldkind, dasss du gestern Eindruck auf einen reichen jungen Mann
gemacht hassst?“
Dipsas
kniff ein Auge zu, griff mit ihren dürren Fingern nach einer Buchrolle und nahm
sie prüfend in Augenschein, wobei sie ihren Kopf schräg hin und her wog.
Naso
brach der Schweiß aus. Würde Titus doch noch in Rom blieben? Er hatte es am
Ende doch so eilig gehabt, sich einzuschiffen! Richtig gerannt war er, um sein
Schiff im Hafen noch zu erwischen…
„Du
hassst ihm sssehr gefallen!“
„Aber
Titus ist doch schon wieder bei der Armee, er hat es mir selbst gesagt…?“
Dipsas
lachte kehlig und legte das Buch zurück in die Auslage.
„Nein,
mein Schatz, nicht Titusss… ein wirklich reicher junger Mann steht auf dich.“
Naso
drückte unwissentlich den Papyrus zusammen. Corinna hatte NOCH einen
Liebhaber?! Hatten Titus‘ Idioten tatsächlich noch einen anderen Rivalen
erspäht? Sie hatten ihn also nicht einfach mit einem reichen Lebemann
verwechselt…
Corinna
zog unwillkürlich die Augenbrauen zusammen.
„Auf
mich…?“
„Doch,
Liebesss, er blieb ssstehen und hing mit ssseinen Blick ganz in dir fessst. Du
hassst ihn am Haken!“
Corinna
griff zu einer Kopie des Vergilius, sah hinein und verdeckte damit ihr Gesicht.
Dann ließ sie die Buchrolle plötzlich so weit sinken, dass gerade noch ihre
lebhaften braunen Augen über den Rand lugten.
„Mich…
bist du sicher?“
Dipsas
lachte wieder ihr furchteinflößendes Lachen.
„Und
warum sssolltest du ihm auch nicht gefallen? Keine steht dir an Schönheit nach!
Wenn nur nicht…“
Sie
schielte wieder seitwärts mit einem Auge, diesmal nach Corinna.
„Oh
weh! Die nötige Pflege deines Körpersss lässst du vermisssen. Wasss hast du nur
mit deiner Frisur gemacht?“
Corinna
ließ den Vergilius fallen und griff sich mit beiden Händen in die Haare.
Nasos
Kehle schnürte sich zu. Er verfluchte seine Unbeherrschtheit. Corinna tat ihm
unendlich leid. Gleichzeitig stieg die Angst in ihm hoch.
»Was
zum Hades bezweckt die Alte bloß? Die hat eindeutig irgendetwas vor, das sieht
man ihr doch zehn Schritt gegen den Wind an…!«
„Ich
wünschte, du wärsst genaussso vom Glück begütert, wie wunderschön du bissst!“,
rief Dipsas aus. „Und wenn du reich geworden bissst, werde ich auch nicht arm
bleiben…“, murmelte sie noch leise hinterher.
Corinna
runzelte die Stirn.
„Wie
war das?“
Doch
anstatt einer Antwort blickte Dipsas zum Himmel, die Linke pathetisch nach oben
gerichtet, die Rechte auf die Stirn des abgewandten Kopfes gelegt.
„Marsss
ssstand ungünsssstig, dasss hat dir geschadet, mein Schätzsschen! Du mussst
immer auf günssstige Gessstirne achten…“
„Aber
Mars steht doch gar nicht mehr entgegengesetzt, dafür…“
„Ja,
Venusss! Der Göttin sssei Dank! Jetzt bringt sssie ihr günssstigesss
Zzzeichen….“
„Aber
du kannst doch nicht…“
Dipsas
nahm Corinna gönnerhaft in den Arm.
„…und
schau nur wie ihr Kommen dir nützzzt: Ein reicher Liebhaber begehrt dich! Er
sssorgt sich darum, wasss dir fehlt…“ Dipsas fuhr sich mit den Händen über ihr
Haar. „Auch sssein Gesssicht lässst sich mit deinem vergleichen, wenn er dich
nicht kaufen wollte, SO einen müssste man sich kaufen!“
[…]
Sie
zeigte ein listiges Lächeln und blinzelte mit den Liedern.
„Willst
du mit den Urahnen der Julier etwa auf die Affären im Kaiserhaus anspielen?“
Dipsas
schlug die Arme über dem Kopf zusammen.
„Kind,
Schätzzchen! Wie kannssst du nur ssso etwas bosshaftes von mir denken, die dich
erzzogen, der ich dir allessss beigebracht habe wie eine Mutter?“
„Eben
darum! Welches Spiel spielst du? Immer noch ein unkeusches, wie mir scheint,
auch nachdem ich freigelassen wurde…“
Für
einen Augenblick funkelte Dipsas sie böse an. Naso dachte schon, eine
Schlangenzunge würde herausfahren. Er fürchtete jeden Augenblick, sie würde
Corinna beißen.
Doch
stattdessen setzte Dipsas wider ihr gewinnendstes Lächeln auf und fuhr fort
schmeichlerisch auf Corinna einzureden.
„Ich?
Gar keinesss! Ich will dir nur helfen. Doch ssspielen ist gar nicht verkehrt
und nur wenige wisssen dasss bessser als du: Alle schönen Frauen spielen:
Keusch isst nur die, welche niemand gefragt hat! Glaube nicht, dasss gelte nur
für Sklavinnen und Freigelasssene. Sssieh dir doch nur die feminas nobiles an, wer nicht allzu altmodisch ist, fragt selbst!
Selbst issst die Frau, in diesssen modernen Zzeiten.“
Corinna
ließ die Buchrolle sinken.
„Moderne
Zeiten? Immer noch? Was ist mit den neuen Gesetzen des Erhabenen? Es sollen ihm
viele ehrwürdige Matronen zugestimmt haben, vielleicht sogar welche dazu
aufgefordert…“
Dipsas
machte eine wegwerfende Bewegung mit ihrer Hand.
„Zugestimmt?
Doch nur dess Anssstandess halber! Ssselbst diejenigen mit den dicken Falten
auf der Stirn, sssehen das anders.“
Sie
senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern und beugte sich ein
wenig vor. Naso hatte Mühe, ihr zuzuhören, doch es gelang.
„Denkssst
du, Livia isst immer keusch, die Frau mit dem faltigsten Stirnrunzeln des
gesamten Reiches? Wie hat sssie wohl den Tiberiusss bekommen, die erhabene
Reichsssmutter, einen leiblichen Sssohn des Augussstusss, nur drei Monate nach
der neuen Heirat, wo doch ihr Exmann zuvor mehr als neun Monate von ihr fern
geblieben issst?“
Lachend
richtete sie sich wieder auf.
„Alssso
schüttele diese Falten nur tüchtig ausss, da fallen viele Vergehen ausss den
Runzeln heraus!“
Sie
schüttelte den Bausch ihrer Palla, so dass ihr Geldbeutel zu klimpern begann.
Corinna
verzog einen Mundwinkel.
„Ah,
du hast doch etwas verdient, in letzter Zeit… Aber was ist mit der Tradition,
dem Mythos, der Liebe? Wenigstens die Dichter haben noch ein Gespür für reine
Liebe! Glaubst du nicht, du könntest uns wenigstens diesen kurzen Moment
gönnen?“
„Reine
Liebe, Dichter, Mythosss…? Pah!“
Dipsas
spuckte förmlich aus.
„Mythosss!
Sssiehe ihn dir an, den ersssten Dichter: Schon bei Homerosss erprobt Penelope
die Stärke der jungen Männer an ihrem Bogen und wasss ihre Lende verspricht,
dass war ein Bogen,“ Dipsas umfasste mit ihren Händen einen imaginären
Gegenstand, „festes Horn!“
Corinna
konnte nicht gegen ein Lächeln ankämpfen, als Dipsas mit ihrer Zunge über ihre
oberste Faust strich.
Naso
wurde übel.
„Du
lachssst, aber ssie wird vergehen, die schöne Jugend, täuschend entgleitet
sssie auf Flügeln.“
Dipsas
formte mit ihren knochigen Fingern Flügeln nach, wie ein Schmetterling wanden
sich ihre Hände in die Luft.
Corinna
musste kichern.
„Doch!
Und auch dasss rasssende Jahr entgleitet im gestreckten Galopp! Nutze dein
Zzeit! Metall glänzt nur, sssolange man esss gebraucht. Hör auf mich, glaube
mir! Ein verlassenes Haus wird baufällig. Sssieh mich an, Schönheit verfällt
mit dem Alter, wenn sie niemand gebraucht…“
Dipsas
hielt inne. Corinna starrte sie unverhohlen kritisch an. Anscheinend zu
kritisch für ihren Geschmack, denn nun hielt sie sich ein Buch vor ihr Gesicht.
Als sie es langsam senkte, stockte Naso der Atem. Blitzte da eine doppelte
Pupille?
»So
eine alte Hexe!«
„Augen
zzzu, vertraue mir! Ach, früher hassst du doch immer auf mich gehört – und esss
nicht bereut. Ssieh nur, am Ende hat man dich sssogar freigelasssen.“
„Eben,
es reicht doch, für den Augenblick. Er kann ja auch etwas beitragen und Titus
hat mir genügend da gelassen, jetzt, da er fern in der Armee weilt…“
„Nein!
Du mussst auch an ssspäter denken. Hör auf mich, glaube mir! Das issst nicht
genug, der Ertrag, den nur der eine oder andere erbringt. Sssicherer und
weniger unliebsssam für den Geber issst, wasss man von vielen zusammenrafft.
Eine fette Beute kommt den Wölfen zu, wenn sssie eine ganze Herde jagen.“
„Aber
mein Poet kann mir tausende Verse geben, Unsterblichkeit…“
Dipsas
schüttelte energisch den Kopf.
„Sssieh
doch nur, wasss kann dir denn schon dieser Dichter da, an dem du so hängst,
geben - außser ein paar neuen Gedichten? Willsssst du denn von deinem Liebhaber
viele Tausssende -nicht aussssbezahlt bekommen, sondern- lesssen müsssen? Wer
liesst dasss schon? Doch von dem neuen, von dem ich spreche, da kannssst du
viele Tausssende einstreichen - harte Sesssterzen, nicht vergängliche Verssse!
Der Gott der Dichter, DER hat ssselbst einen Mantel aus Gold, mit dem er die
Blicke auf sssich zieht. Sssicher, er sssingt und schlägt harmonisch die
Ssseiten dazu – aber SSEINE Leier issst mit Gold verkleidet!“
Corinna
lauschte tonlos.
„Alssso,
wer dich beschenkt, der sssoll dir mehr gelten alsss der große Homerosss.
Glaube mir, jemanden zu beschenken, dasss issst schon ein sssicherer Beweisss
von Talent!“
Corinna
verschränkte die Arme, doch Naso sah zu seinem Entsetzen, dass langsam aber
sicher die Entschlossenheit aus Corinnas Antlitz entwich.
„Talent,
das sind für dich wohl nur der Wechselkurs von dreißigtausend Sesterzen?“
Dipsas
grinste zufrieden.
„Aber
was ist damit, dass er aus gutem Hause kommt, zählt das nichts? Mehr als nur
frei geboren, eine alte römische Familie – das ist doch schon etwas! ein
Nachfahre einer altehrwürdigen Ritterfamilie…“
Dipsas
verzog ihr Gesicht. Etwas Speichel troff aus ihrem Mundwinkel.
[…]
„Und
deinem Dichter, dem haben ssseine Ahnen noch dazu eine riessige Nassse
vermacht…“
„Ach
Mütterchen“, murmelte Corinna leise, „mir gefällt er trotz seiner Nase. Ich
finde ihn schön, ich mag ihn doch…“
Sie
wischte sich eine Träne weg, die sich aus ihrem Auge gekämpft hatte.
„Aber
Goldschätzzchen, ich will doch nur, dass esss dir einmal bessser geht, alsss
mir! Dessshlab gebe ich dir all‘ die Tipsss, die du brauchssst. Hör auf mich,
glaube mir! Dann wird esss dir immer gut gehen.“
Dipsas
wischte ihr eine weitere Träne weg.
Corinna
ließ es zu.
Verzweiflung
erfüllte Nasos Brust.
»Hat
sie sich denn tatsächlich von der alten Hexe einfangen lassen…?«
„Sssoll
etwa einer, nur weil er schön issst, ohne Geschenk eine Nacht mit dir verlangen
können? Nein, mein Schatzzz, dann ssssoll er doch einfach einen Liebhaber für
sssich sssuchen und von dem einstreichen, wasss er dir geben sssoll! SSSO
kommsst du zu einem sicheren Alter.“
„Ich
muss immer gleich die größten Geschenke einfordern?“
Dipsas
strich ihr beruhigend über den Kopf.
„Nein,
nein, nicht immer gleich. Sssolange du
noch die Netze ausssspannsst, sssei zurückhaltender - mit der
Preisssgessstaltung, sssonst ergreifen sssie zu früh die Flucht. Wer einmal in
deinem Netz zappelt, dem kannssst du nach Belieben einheizen.“
„Wirkt
das dann nicht zu kalt? Sehnen sich die Männer denn nicht nach Liebe?“
„Vorgespielte
Liebe hat noch nie geschadet. Lasss ihn nur glauben, dasss er geliebt wird,
aber passs auf, dasss sich diessse Liebe auch bezahlt macht! Verweigere ihm oft
die Nächte, denk dir Kopfschmerzen ausss, erfinde Migräne, auch der Ritusss der
Isisss kann dir einen Grund bieten, um dir einen Vorwand zu verschaffen. Dann
jedoch nimm ihn bald wieder auf, damit er nicht erfahren in seinem Leid wird
und dasss Verlangen nach dir nachlässst.“
Ein
Lächeln huschte über Corinnas Gesicht.
„Also
das Tor öfter mal zulassen, wenn er keine Geschenke bringt?“
„Jetzzzt
hassst du esss begriffen, mein Schatzzz! Gegenüber dem, der nur bittet, sssoll
deine Tür taub sein, offen für den, der etwasss bringt. Der Liebhaber, den du
reinlässst, der sssoll nur hören, wasss der ausssgeschlosssene draußen sssagt!“
„Und
wenn er darüber beleidigt ist?“
„Hassst
du ihn einmal gekränkt, dann ssspiele ssselbst die Gekränkte und sei ihm
bössse: Ess verschwindet deine Schuld, wird sssie mit ssseiner aufgewogen. Aber
sssei ihm niemalsss länger zornig, oft wird aus hinziehendem Groll Feinschaft
und Hasss.“
Eine
ungemütliche Stille trat ein.
„Hm,
ich sollte wohl darüber nachdenken. Ich danke dir Dipsas…“
[…]
„Dann
stell einfach einen Geburtsssstagssskuchen hin und lasss ihn die Schlüsse
ziehen! Kaufe einen libum und sssieh,
wie er reagiert. Notfallsss esssst ihr ihn einfach ssso – auch nicht verkehrt.
Aber du musssst dich unbedingt vorsssehen, dasss er dich nicht unbessssorgt
liebt, ohne Furcht vor einem Rivalen! Wenn du diesssen Wettstreit entfernssst,
dauert die Liebe nicht lang. Er sssoll überall in deinem Bett die Spuren eines
Mannesss sssehen und dasss dein Halsss mit Zeichen der Übermut blau geworden
issst. Vor allem ssssoll er die Geschenke sssehen, die ein anderer geschickt
hat!“
Corinna
kniff ihre Lippen zusammen.
„Ssso,
keiner gibt mehr… na, wenn niemand etwasss gegeben hat, dann kauf dir doch hier
etwasss, in einem der kleineren Lädchen der Via Sssacra - etwassss, dasss sehr
wertvoll aussssieht, aber wenig kostet.“
Corinna
zog eine Buchrolle heraus.
„Wie
wäre es zum Beispiel mit ein wenig Propertius?“
„Nein,
besssser Blumen, ein Vassse, ein Kamm, Haarnadel, Sssandelholzkästchen oder
ssso. Zusammen mit einem Gedicht wirkt dassss zu extravagant. Dasss könnte nach
zu viel ausssehen. Aber fallsss du einmal wirklich zu viel ausss ihm
heraussssgezogen hassst, bitte ihn doch darum, etwasss aussssleihen zu dürfen.
Nur dasss nicht allesss nach Geschenk ausssieht – aber gib esss ihm niemalssss
zurück!“
„Eine
nette Idee, aber wie soll ich das umsetzten, ohne dass er es merkt?“
Naso
knüllte unwillkürlich den Papyrus zusammen und lehnte sich ein wenig an die
Tür, die sich einen größeren Spalt weit öffnete.
Die
Rosen lösten sich aus seiner schwächer werdenden Umklammerung. Eine erste Blüte
entrann seinen Fingern und segelte zu Boden. Im Fluge zog die Luft an den
Blütenblättern, die bei ihrem sachten Aufprall auseinandergerissen wurden. Dann
folgte eine zweite, schließlich eine nach der anderen – unendlich langsam,
unbemerkt und unbeweint.
„Ganzz
einfach: Deine Zunge sssoll Helferin sssein und deine Gesssinung verdecken!
Reden kannssst du doch, mein Schatzzz. Umgarne ihn schmeichelnd, schade ihm
dabei, tückisches Gift verbirgt sich in süßem Honig.“
Corinna
biss sich auf die Unterlippe.
„Du
rätst mir aber nicht, ihn mit Bittermandeln in Süßgebäck zu vergiften, oder?“
Dipsas
brach in ihr kehliges Gelächter aus.
„Aber
nein! Wassss hättessst du davon? Nichtsss - jedenfallssss noch nichtssss… Aber
ernsthaft, Schatzzz, wenn du meine Lehren befolgssst -du kennssst meine lange
Erfahrung auf diesssem Gebiet- und sie nicht in den Wind schlägssst, dann
wirssst du mich noch oft sssegnen, sssolange ich lebe und wenn ich tot bin,
wirst du oft beten, dass meine Knochen sanft ruhen mögen. Und wasss diesssen
minderwertigen Dichter betrifft, der dir da…“
Dipsas
war noch am Reden, als Naso durch die Tür stolperte und von der grellen Sonne
getroffen wurde. Er blinzelte und suchte Deckung hinter einem Verkaufsregal,
doch seine Bewegung und sein Schatten hatten ihn bereits verraten.
„Issst
dass nicht genau der Tunichtgut, von dem wir reden?“, zischelte Dipsas.
„Beim
Hercules! Dir trage ich noch einmal eine Amphore nach oben, du alte Vettel!“
Naso
hätte sie am liebsten an ihren weißen schütteren Haaren gezogen ihre runzligen
Backen zerfleischt und ihre weinseligen Augen ausgekratzt! Nur mit äußerster
Mühe –und mit Corinna, die ihn sanft aber bestimmt zurückhielt- gelang es ihm,
seine Hände von Dipsas fern zu halten.
„Mögen die Götter dir keine Heimstatt für
Hausgötter geben,
mittellos, Winter mit Frost, Durst, der nie endet, sei
dein!“,
brach
es noch aus ihm heraus.
Dipsas
schien das Wortspiel mit ihrem Namen, dem Durst und ihrer Alkoholsucht zwar
verstanden zu haben, doch lachte sie nur kehlig und machte sich amüsiert davon.
Sie
hatte ihr Gift bereits verspritzt.
[…]
[Naso
eilt so schnell er kann zu Corinnas Haus. Es gelingt ihm, noch vor ihr dort zu
sein und Nape zu bestechen, doch bevor sie ihm verraten kann, bei wem es sich
um den reichen Rivalen handelt, kommt Corinna mit unbekanntem Gast zurück. Naso
bringt es fertig, ungesehen zu entkommen und auf ein Dach in der Nähe zu
gelangen. Er beobachtet Corinnas Haus, verpasst jedoch den entscheidenden
Moment und verfolgt die grüne Sänfte bis zu einem Mietshaus, wo er die Spur
zunächst verliert. Schließlich klärt Dipsas ihn auf, der Konkurrent ist ernst zu
nehmen: jung, gutaussehend, reich – Gaius Vedius Pollio. Propertius, der
ebenfalls damit zu kämpfen hat, dass ihm eine alte Kupplerin die Geleibte an
einen reicheren Mann bringen will, schmiedet er Pläne. In den Thermen warnen
sie mit Gedichten die männliche Zuhörerschaft vor solch grausamen Hexen.]
[…]
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