Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 31. August 2017

IIX.Vorsicht Schlangen: Kupplerinnen wie Dipsas

Als Textprobe hier ein Auszug aus dem achten Kapitel des ersten Bandes „Die Liebesleiden des jungen Ovids – Einzig Corinna" (hier geht es  zumersten, zweitendritten, vierten, →fünften, sechsten und siebten Kapitel)
Über Anregungen und Kommentare würde ich mich freuen!


Kapitel 8: Vorsicht Schlangen: Kupplerinnen wie Dipsas

Schlangen bei Ovid: Die Kupplerin Dipsas
cb serpentes ©:  Stefan Gerlinger CC-BY 4.0
Naso war guter Dinge.
Er hatte ein Geschenk zusammengestellt, um sich bei Corinna zu entschuldigen, das Gedicht hatte er gerade vollendet, ein paar passende Zitate hatte er auch eingearbeitet - Naso wusste, dass Corinna zuletzt in Menandros‘ Komödie gelesen hatte. Vielleicht könnte sie schon wieder darüber lachen…
Und vor allem war er Titus und dessen Schläger losgeworden: Auf zur Armee, aus den Augen aus dem Sinn!
Fröhlich pfeifend ließ er etwas Sand über seine Verse rieseln, um die Tinte zu trocknen, rollte den Papyrus zusammen und steckte ihn in das Sandelholzkästchen, wo er bereits Kamm, Haarnadeln und Aufstecknägel verstaut hatte.
»Wenn das nicht hilft…«
Er zahlte, nahm umständlich die Blumen zum Kästchen in die linke Hand und drückte die doppelflügelige Tür mit der rechten auf.
Doch gleich ließ er den Türflügel wieder zu schwingen.
Er blieb er wie angewurzelt stehen.
Seine Nackenhaare stellten sich auf und ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Das Blut gefror ihm in den Adern.
»Corinna Arm in Arm mit … Dipsas
Dipsas! Die alte Vettel, die ihm Corinnas Adresse gegeben hatte… Was machte sie so eng mit Corinna? Naso stellte sich vor, wie sich Dipsas in den Nachthimmel schwang, mit einem Federkleid bedeckt, und auf Corinnas Häuschen landete. Gefährlich blitzte eine doppelte Pupille aus dem weinseligen Auge…. Hatte die alte Hexe Corinna am Ende verzaubert und dienstbar gemacht?
»Zuzutrauen wäre es ihr! Sie kann sicher auch Wolken am Himmel zusammenballen, wann sie will, mitten am helllichten Tag. Sicher kann sie Urahnen aus ihren Gräbern rufen und macht sie zu lebenden Toten…«
Naso versuchte die grausigen Bilder abzuschütteln.
Vorsichtig linste er durch den Spalt.
»Nein, sieht ganz so aus als machten sie lediglich einen Einkaufsbummel in der Via Sacra – ausgerechnet hier vor dem Laden!«
„Weißsst du, mein Goldkind, dasss du gestern Eindruck auf einen reichen jungen Mann gemacht hassst?“
Dipsas kniff ein Auge zu, griff mit ihren dürren Fingern nach einer Buchrolle und nahm sie prüfend in Augenschein, wobei sie ihren Kopf schräg hin und her wog.
Naso brach der Schweiß aus. Würde Titus doch noch in Rom blieben? Er hatte es am Ende doch so eilig gehabt, sich einzuschiffen! Richtig gerannt war er, um sein Schiff im Hafen noch zu erwischen…
„Du hassst ihm sssehr gefallen!“
„Aber Titus ist doch schon wieder bei der Armee, er hat es mir selbst gesagt…?“
Dipsas lachte kehlig und legte das Buch zurück in die Auslage.
„Nein, mein Schatz, nicht Titusss… ein wirklich reicher junger Mann steht auf dich.“
Naso drückte unwissentlich den Papyrus zusammen. Corinna hatte NOCH einen Liebhaber?! Hatten Titus‘ Idioten tatsächlich noch einen anderen Rivalen erspäht? Sie hatten ihn also nicht einfach mit einem reichen Lebemann verwechselt…
Corinna zog unwillkürlich die Augenbrauen zusammen.
„Auf mich…?“
„Doch, Liebesss, er blieb ssstehen und hing mit ssseinen Blick ganz in dir fessst. Du hassst ihn am Haken!“
Corinna griff zu einer Kopie des Vergilius, sah hinein und verdeckte damit ihr Gesicht. Dann ließ sie die Buchrolle plötzlich so weit sinken, dass gerade noch ihre lebhaften braunen Augen über den Rand lugten.
„Mich… bist du sicher?“
Dipsas lachte wieder ihr furchteinflößendes Lachen.
„Und warum sssolltest du ihm auch nicht gefallen? Keine steht dir an Schönheit nach! Wenn nur nicht…“
Sie schielte wieder seitwärts mit einem Auge, diesmal nach Corinna.
„Oh weh! Die nötige Pflege deines Körpersss lässst du vermisssen. Wasss hast du nur mit deiner Frisur gemacht?“
Corinna ließ den Vergilius fallen und griff sich mit beiden Händen in die Haare.
Nasos Kehle schnürte sich zu. Er verfluchte seine Unbeherrschtheit. Corinna tat ihm unendlich leid. Gleichzeitig stieg die Angst in ihm hoch.
»Was zum Hades bezweckt die Alte bloß? Die hat eindeutig irgendetwas vor, das sieht man ihr doch zehn Schritt gegen den Wind an…!«
„Ich wünschte, du wärsst genaussso vom Glück begütert, wie wunderschön du bissst!“, rief Dipsas aus. „Und wenn du reich geworden bissst, werde ich auch nicht arm bleiben…“, murmelte sie noch leise hinterher.
Corinna runzelte die Stirn.
„Wie war das?“
Doch anstatt einer Antwort blickte Dipsas zum Himmel, die Linke pathetisch nach oben gerichtet, die Rechte auf die Stirn des abgewandten Kopfes gelegt.
„Marsss ssstand ungünsssstig, dasss hat dir geschadet, mein Schätzsschen! Du mussst immer auf günssstige Gessstirne achten…“

„Aber Mars steht doch gar nicht mehr entgegengesetzt, dafür…“
„Ja, Venusss! Der Göttin sssei Dank! Jetzt bringt sssie ihr günssstigesss Zzzeichen….“
„Aber du kannst doch nicht…“
Dipsas nahm Corinna gönnerhaft in den Arm.
„…und schau nur wie ihr Kommen dir nützzzt: Ein reicher Liebhaber begehrt dich! Er sssorgt sich darum, wasss dir fehlt…“ Dipsas fuhr sich mit den Händen über ihr Haar. „Auch sssein Gesssicht lässst sich mit deinem vergleichen, wenn er dich nicht kaufen wollte, SO einen müssste man sich kaufen!“

[…]

Sie zeigte ein listiges Lächeln und blinzelte mit den Liedern.
„Willst du mit den Urahnen der Julier etwa auf die Affären im Kaiserhaus anspielen?“
Dipsas schlug die Arme über dem Kopf zusammen.
„Kind, Schätzzchen! Wie kannssst du nur ssso etwas bosshaftes von mir denken, die dich erzzogen, der ich dir allessss beigebracht habe wie eine Mutter?“
„Eben darum! Welches Spiel spielst du? Immer noch ein unkeusches, wie mir scheint, auch nachdem ich freigelassen wurde…“
Für einen Augenblick funkelte Dipsas sie böse an. Naso dachte schon, eine Schlangenzunge würde herausfahren. Er fürchtete jeden Augenblick, sie würde Corinna beißen.
Doch stattdessen setzte Dipsas wider ihr gewinnendstes Lächeln auf und fuhr fort schmeichlerisch auf Corinna einzureden.
„Ich? Gar keinesss! Ich will dir nur helfen. Doch ssspielen ist gar nicht verkehrt und nur wenige wisssen dasss bessser als du: Alle schönen Frauen spielen: Keusch isst nur die, welche niemand gefragt hat! Glaube nicht, dasss gelte nur für Sklavinnen und Freigelasssene. Sssieh dir doch nur die feminas nobiles an, wer nicht allzu altmodisch ist, fragt selbst! Selbst issst die Frau, in diesssen modernen Zzeiten.“
Corinna ließ die Buchrolle sinken.
„Moderne Zeiten? Immer noch? Was ist mit den neuen Gesetzen des Erhabenen? Es sollen ihm viele ehrwürdige Matronen zugestimmt haben, vielleicht sogar welche dazu aufgefordert…“
Dipsas machte eine wegwerfende Bewegung mit ihrer Hand.
„Zugestimmt? Doch nur dess Anssstandess halber! Ssselbst diejenigen mit den dicken Falten auf der Stirn, sssehen das anders.“
Sie senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern und beugte sich ein wenig vor. Naso hatte Mühe, ihr zuzuhören, doch es gelang.
„Denkssst du, Livia isst immer keusch, die Frau mit dem faltigsten Stirnrunzeln des gesamten Reiches? Wie hat sssie wohl den Tiberiusss bekommen, die erhabene Reichsssmutter, einen leiblichen Sssohn des Augussstusss, nur drei Monate nach der neuen Heirat, wo doch ihr Exmann zuvor mehr als neun Monate von ihr fern geblieben issst?“
Lachend richtete sie sich wieder auf.
„Alssso schüttele diese Falten nur tüchtig ausss, da fallen viele Vergehen ausss den Runzeln heraus!“
Sie schüttelte den Bausch ihrer Palla, so dass ihr Geldbeutel zu klimpern begann.
Corinna verzog einen Mundwinkel.
„Ah, du hast doch etwas verdient, in letzter Zeit… Aber was ist mit der Tradition, dem Mythos, der Liebe? Wenigstens die Dichter haben noch ein Gespür für reine Liebe! Glaubst du nicht, du könntest uns wenigstens diesen kurzen Moment gönnen?“
„Reine Liebe, Dichter, Mythosss…? Pah!“
Dipsas spuckte förmlich aus.
„Mythosss! Sssiehe ihn dir an, den ersssten Dichter: Schon bei Homerosss erprobt Penelope die Stärke der jungen Männer an ihrem Bogen und wasss ihre Lende verspricht, dass war ein Bogen,“ Dipsas umfasste mit ihren Händen einen imaginären Gegenstand, „festes Horn!“
Corinna konnte nicht gegen ein Lächeln ankämpfen, als Dipsas mit ihrer Zunge über ihre oberste Faust strich.
Naso wurde übel.
„Du lachssst, aber ssie wird vergehen, die schöne Jugend, täuschend entgleitet sssie auf Flügeln.“
Dipsas formte mit ihren knochigen Fingern Flügeln nach, wie ein Schmetterling wanden sich ihre Hände in die Luft.
Corinna musste kichern.
„Doch! Und auch dasss rasssende Jahr entgleitet im gestreckten Galopp! Nutze dein Zzeit! Metall glänzt nur, sssolange man esss gebraucht. Hör auf mich, glaube mir! Ein verlassenes Haus wird baufällig. Sssieh mich an, Schönheit verfällt mit dem Alter, wenn sie niemand gebraucht…“
Dipsas hielt inne. Corinna starrte sie unverhohlen kritisch an. Anscheinend zu kritisch für ihren Geschmack, denn nun hielt sie sich ein Buch vor ihr Gesicht. Als sie es langsam senkte, stockte Naso der Atem. Blitzte da eine doppelte Pupille?
»So eine alte Hexe!«
„Augen zzzu, vertraue mir! Ach, früher hassst du doch immer auf mich gehört – und esss nicht bereut. Ssieh nur, am Ende hat man dich sssogar freigelasssen.“
„Eben, es reicht doch, für den Augenblick. Er kann ja auch etwas beitragen und Titus hat mir genügend da gelassen, jetzt, da er fern in der Armee weilt…“
„Nein! Du mussst auch an ssspäter denken. Hör auf mich, glaube mir! Das issst nicht genug, der Ertrag, den nur der eine oder andere erbringt. Sssicherer und weniger unliebsssam für den Geber issst, wasss man von vielen zusammenrafft. Eine fette Beute kommt den Wölfen zu, wenn sssie eine ganze Herde jagen.“
„Aber mein Poet kann mir tausende Verse geben, Unsterblichkeit…“
Dipsas schüttelte energisch den Kopf.
„Sssieh doch nur, wasss kann dir denn schon dieser Dichter da, an dem du so hängst, geben - außser ein paar neuen Gedichten? Willsssst du denn von deinem Liebhaber viele Tausssende -nicht aussssbezahlt bekommen, sondern- lesssen müsssen? Wer liesst dasss schon? Doch von dem neuen, von dem ich spreche, da kannssst du viele Tausssende einstreichen - harte Sesssterzen, nicht vergängliche Verssse! Der Gott der Dichter, DER hat ssselbst einen Mantel aus Gold, mit dem er die Blicke auf sssich zieht. Sssicher, er sssingt und schlägt harmonisch die Ssseiten dazu – aber SSEINE Leier issst mit Gold verkleidet!“
Corinna lauschte tonlos.
„Alssso, wer dich beschenkt, der sssoll dir mehr gelten alsss der große Homerosss. Glaube mir, jemanden zu beschenken, dasss issst schon ein sssicherer Beweisss von Talent!“
Corinna verschränkte die Arme, doch Naso sah zu seinem Entsetzen, dass langsam aber sicher die Entschlossenheit aus Corinnas Antlitz entwich.
„Talent, das sind für dich wohl nur der Wechselkurs von dreißigtausend Sesterzen?“
Dipsas grinste zufrieden.
„Aber was ist damit, dass er aus gutem Hause kommt, zählt das nichts? Mehr als nur frei geboren, eine alte römische Familie – das ist doch schon etwas! ein Nachfahre einer altehrwürdigen Ritterfamilie…“
Dipsas verzog ihr Gesicht. Etwas Speichel troff aus ihrem Mundwinkel.

[…]

„Und deinem Dichter, dem haben ssseine Ahnen noch dazu eine riessige Nassse vermacht…“
„Ach Mütterchen“, murmelte Corinna leise, „mir gefällt er trotz seiner Nase. Ich finde ihn schön, ich mag ihn doch…“
Sie wischte sich eine Träne weg, die sich aus ihrem Auge gekämpft hatte.
„Aber Goldschätzzchen, ich will doch nur, dass esss dir einmal bessser geht, alsss mir! Dessshlab gebe ich dir all‘ die Tipsss, die du brauchssst. Hör auf mich, glaube mir! Dann wird esss dir immer gut gehen.“
Dipsas wischte ihr eine weitere Träne weg.
Corinna ließ es zu.
Verzweiflung erfüllte Nasos Brust.
»Hat sie sich denn tatsächlich von der alten Hexe einfangen lassen…?«
„Sssoll etwa einer, nur weil er schön issst, ohne Geschenk eine Nacht mit dir verlangen können? Nein, mein Schatzzz, dann ssssoll er doch einfach einen Liebhaber für sssich sssuchen und von dem einstreichen, wasss er dir geben sssoll! SSSO kommsst du zu einem sicheren Alter.“
„Ich muss immer gleich die größten Geschenke einfordern?“
Dipsas strich ihr beruhigend über den Kopf.
„Nein, nein, nicht immer gleich.  Sssolange du noch die Netze ausssspannsst, sssei zurückhaltender - mit der Preisssgessstaltung, sssonst ergreifen sssie zu früh die Flucht. Wer einmal in deinem Netz zappelt, dem kannssst du nach Belieben einheizen.“
„Wirkt das dann nicht zu kalt? Sehnen sich die Männer denn nicht nach Liebe?“
„Vorgespielte Liebe hat noch nie geschadet. Lasss ihn nur glauben, dasss er geliebt wird, aber passs auf, dasss sich diessse Liebe auch bezahlt macht! Verweigere ihm oft die Nächte, denk dir Kopfschmerzen ausss, erfinde Migräne, auch der Ritusss der Isisss kann dir einen Grund bieten, um dir einen Vorwand zu verschaffen. Dann jedoch nimm ihn bald wieder auf, damit er nicht erfahren in seinem Leid wird und dasss Verlangen nach dir nachlässst.“
Ein Lächeln huschte über Corinnas Gesicht.
„Also das Tor öfter mal zulassen, wenn er keine Geschenke bringt?“
„Jetzzzt hassst du esss begriffen, mein Schatzzz! Gegenüber dem, der nur bittet, sssoll deine Tür taub sein, offen für den, der etwasss bringt. Der Liebhaber, den du reinlässst, der sssoll nur hören, wasss der ausssgeschlosssene draußen sssagt!“
„Und wenn er darüber beleidigt ist?“
„Hassst du ihn einmal gekränkt, dann ssspiele ssselbst die Gekränkte und sei ihm bössse: Ess verschwindet deine Schuld, wird sssie mit ssseiner aufgewogen. Aber sssei ihm niemalsss länger zornig, oft wird aus hinziehendem Groll Feinschaft und Hasss.“
Eine ungemütliche Stille trat ein.
„Hm, ich sollte wohl darüber nachdenken. Ich danke dir Dipsas…“

[…]

„Dann stell einfach einen Geburtsssstagssskuchen hin und lasss ihn die Schlüsse ziehen! Kaufe einen libum und sssieh, wie er reagiert. Notfallsss esssst ihr ihn einfach ssso – auch nicht verkehrt. Aber du musssst dich unbedingt vorsssehen, dasss er dich nicht unbessssorgt liebt, ohne Furcht vor einem Rivalen! Wenn du diesssen Wettstreit entfernssst, dauert die Liebe nicht lang. Er sssoll überall in deinem Bett die Spuren eines Mannesss sssehen und dasss dein Halsss mit Zeichen der Übermut blau geworden issst. Vor allem ssssoll er die Geschenke sssehen, die ein anderer geschickt hat!“
Corinna kniff ihre Lippen zusammen.
„Ssso, keiner gibt mehr… na, wenn niemand etwasss gegeben hat, dann kauf dir doch hier etwasss, in einem der kleineren Lädchen der Via Sssacra - etwassss, dasss sehr wertvoll aussssieht, aber wenig kostet.“
Corinna zog eine Buchrolle heraus.
„Wie wäre es zum Beispiel mit ein wenig Propertius?“
„Nein, besssser Blumen, ein Vassse, ein Kamm, Haarnadel, Sssandelholzkästchen oder ssso. Zusammen mit einem Gedicht wirkt dassss zu extravagant. Dasss könnte nach zu viel ausssehen. Aber fallsss du einmal wirklich zu viel ausss ihm heraussssgezogen hassst, bitte ihn doch darum, etwasss aussssleihen zu dürfen. Nur dasss nicht allesss nach Geschenk ausssieht – aber gib esss ihm niemalssss zurück!“
„Eine nette Idee, aber wie soll ich das umsetzten, ohne dass er es merkt?“
Naso knüllte unwillkürlich den Papyrus zusammen und lehnte sich ein wenig an die Tür, die sich einen größeren Spalt weit öffnete.
Die Rosen lösten sich aus seiner schwächer werdenden Umklammerung. Eine erste Blüte entrann seinen Fingern und segelte zu Boden. Im Fluge zog die Luft an den Blütenblättern, die bei ihrem sachten Aufprall auseinandergerissen wurden. Dann folgte eine zweite, schließlich eine nach der anderen – unendlich langsam, unbemerkt und unbeweint.
„Ganzz einfach: Deine Zunge sssoll Helferin sssein und deine Gesssinung verdecken! Reden kannssst du doch, mein Schatzzz. Umgarne ihn schmeichelnd, schade ihm dabei, tückisches Gift verbirgt sich in süßem Honig.“
Corinna biss sich auf die Unterlippe.
„Du rätst mir aber nicht, ihn mit Bittermandeln in Süßgebäck zu vergiften, oder?“
Dipsas brach in ihr kehliges Gelächter aus.
„Aber nein! Wassss hättessst du davon? Nichtsss - jedenfallssss noch nichtssss… Aber ernsthaft, Schatzzz, wenn du meine Lehren befolgssst -du kennssst meine lange Erfahrung auf diesssem Gebiet- und sie nicht in den Wind schlägssst, dann wirssst du mich noch oft sssegnen, sssolange ich lebe und wenn ich tot bin, wirst du oft beten, dass meine Knochen sanft ruhen mögen. Und wasss diesssen minderwertigen Dichter betrifft, der dir da…“
Dipsas war noch am Reden, als Naso durch die Tür stolperte und von der grellen Sonne getroffen wurde. Er blinzelte und suchte Deckung hinter einem Verkaufsregal, doch seine Bewegung und sein Schatten hatten ihn bereits verraten.
„Issst dass nicht genau der Tunichtgut, von dem wir reden?“, zischelte Dipsas.
„Beim Hercules! Dir trage ich noch einmal eine Amphore nach oben, du alte Vettel!“
Naso hätte sie am liebsten an ihren weißen schütteren Haaren gezogen ihre runzligen Backen zerfleischt und ihre weinseligen Augen ausgekratzt! Nur mit äußerster Mühe –und mit Corinna, die ihn sanft aber bestimmt zurückhielt- gelang es ihm, seine Hände von Dipsas fern zu halten.
Mögen die Götter dir keine Heimstatt für Hausgötter geben,
            mittellos, Winter mit Frost, Durst, der nie endet, sei dein!“,
brach es noch aus ihm heraus.
Dipsas schien das Wortspiel mit ihrem Namen, dem Durst und ihrer Alkoholsucht zwar verstanden zu haben, doch lachte sie nur kehlig und machte sich amüsiert davon.
Sie hatte ihr Gift bereits verspritzt.

[…]
[Naso eilt so schnell er kann zu Corinnas Haus. Es gelingt ihm, noch vor ihr dort zu sein und Nape zu bestechen, doch bevor sie ihm verraten kann, bei wem es sich um den reichen Rivalen handelt, kommt Corinna mit unbekanntem Gast zurück. Naso bringt es fertig, ungesehen zu entkommen und auf ein Dach in der Nähe zu gelangen. Er beobachtet Corinnas Haus, verpasst jedoch den entscheidenden Moment und verfolgt die grüne Sänfte bis zu einem Mietshaus, wo er die Spur zunächst verliert. Schließlich klärt Dipsas ihn auf, der Konkurrent ist ernst zu nehmen: jung, gutaussehend, reich – Gaius Vedius Pollio. Propertius, der ebenfalls damit zu kämpfen hat, dass ihm eine alte Kupplerin die Geleibte an einen reicheren Mann bringen will, schmiedet er Pläne. In den Thermen warnen sie mit Gedichten die männliche Zuhörerschaft vor solch grausamen Hexen.]

[…]

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