Viele Skalpelle und andere Instrumente unterscheiden sich in ihrer Form wenig von heutigem chirurgischen Besteck, viele Erkenntnisse von Hippokrates (um 450 v. Chr.), Cornelius Celsus (ca. 25 v. – 50 n. Chr.) und Galenus (ca. 129–216 n. Chr.) gelten auch heute noch; Rezepte und, Kräuterbücher der antiken Herbarien sorgen nach ihrer Wiederentdeckung immer noch für „neue“ Wirkstoffe und Präparate der an diesen „rechtefreien Generika“ recht interessierten Pharmaindustrie.
- verschiedene Fachrichtungen und Fachärzte (Ophthalmologie, Zahnheilkunde, Gynäkologie [allerdings als „fehlerhafte“ Physiologie eines Mannes], Neurophysiologie, Chirurgie, kosmetische Chirurgie, Pharmakologie, Diätetik, Psychotherapie, Molekularmedizin, Physiotherapie, Allopathie, Pathologie, Anatomie, Balneotherapie…),
- hunderte von medizinischen Instrumenten (Skalpelle, Lanzetten, Pinzetten, Sonden, Zahn- und Knochenzangen, Knochenheber, Haken, Sägen, Feilen, Wundnadeln, Hohlnadeln [v.a. für grauen Star], Starnadeln, Specula [anale & gynäkologische], Brenneisen, Trepanationssägen / Trepane, Katheter, Salbenreibeplatten, Arzneikästchen [eine Art mobiler Medizinschrank], Phiolen, Schröpfköpfe…),
- Arzneimittel (Heilkräuter, Verbandsmaterial, Heiltränke, Pasten, Pillen, Dragees…)
- Wissenschaftliche Diagnostik und Prognostik, Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten, medizinische Ethik (z.B. „der“ Hippokratische Eid), Schwangerschaftsabbruch, sowie zielgerichtete Werbung.
Obwohl die (meist griechischen) richtigen Ärzte gut ausgebildet sind, kommt es auch unter ihnen bisweilen zu abstrusen Vorstellungen, die nach heutiger Kenntnis wenig hilfreich sind, beispielsweise wenn die bei Galen überarbeitete Lehre von der Harmonie der vier Säfte (schwarze und gelbe Galle, Schleim, Blut) einseitig interpretiert oder das zur Ader lassen übertrieben und falsch angewendet wird. Dazu ist die Mehrheit der Medikamente mehr oder weniger von Laien gemischt wohl nur in 10% der Fälle wirklich effektiv (vgl. → Nutton 1999, Spalte 1115). Während rationale Ärzte lieber erst einmal sorgfältig nach den Ursachen forschen und z.B. bei Infektionen kleinste unsichtbare Tierchen verantwortlich machen, die über die Atemwege, den Magen-Darm-Trakt oder offene Wunden aufgenommen werden und mit Feuer und Alkohol desinfizieren, rät die große Menge der Quacksalber dagegen schnell zu Blutegeln Aderlass und Schröpfköpfen – eine Methode die den Patienten schnell Kraft verlieren lässt und ihn für Infektionen erst recht anfällig macht, wenn sie unsauber ausgeführt wird.. Ohne Antibiotika verlaufen Infektionen oft tödlich (lange bevor Bartolomeo Gosio 1893 Penicillium isoliert oder erst 1942 der erste Patient mit Penicillin behandelt wird, werden schon antibiotische Wirkungen von Naturstoffen benutzt, wie z.B. der beim „Ötzi“ gefundene Birkenporling zeigt. Doch in der warmen Mittelmeerwelt wächst er nicht und taucht so in den überlieferten medizinhistorischen Texten auch nicht auf).
Würde das Zitat "Als ich die erste Vorlesung über Medizingeschichte an der Universität Heidelberg hörte, wurde den künftigen Ärzten gelehrt, dass die Erkenntnisse der heutigen Medizin einem Zwerg gleichen, der auf den Schultern von Riesen sitzt." gerne in meiner Seminararbeit verwenden, bräuchte dazu aber eine genau Quellenangabe. Wer hat es wann und wo gesagt? Eine Antwort wäre super:)
AntwortenLöschenProf. W. U. Eckart, Vorlesung an der Medizinischen Fakultät Heidelberg: Geschichte und Ethik der Medizin (I): Von der antiken zur frühneuzeitlichen Medizin, im Wintersemester 1999/2000.
LöschenDas habe ich aber mehrfach zu diversen Anlässen gehört, z.B. auch von Prof. Christoph Gradmann, damals Heidelberg, heute Professor für Medizingeschichte an der Universität Oslo. Er hat zusammen mit Prof. Eckart das Ärzte-Lexikon herausgegeben (Ärztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Aufl. Springer Berlin, Heidelberg, New York 2001, 3. Aufl. 2006, ISBN 978-3-540-29584-6.)…
Das Original-Zitat stammt vermutlich von einem (früh?-)neuzeitlichen Mediziner, der Bernhard von Chartres (um 1100) vom wissenschaftshistorischen und kulturellen in einen medizinhistorischen Kontext überträgt und einiges für die Antike übrig hat. Zum Spruch der Zwerge auf Riesenschultern allgemein findet sich ein schöner Artikel bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Zwerge_auf_den_Schultern_von_Riesen).
Die Blogadresse hier darf auch gerne in der Seminararbeit auftauchen… : )
Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort! :)
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