Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Sonntag, 4. Mai 2014

Wandelhalle gegen Gärtchen: Stoa und Epikur

Die Philosophie des Zenon und Epikur im Vergleich (Stoizismus und Epikureimus))
Epikur (links, grüne Thesen) und Zenon (rechts, rote Thesen) im Vergleich (schwarz: Gemeinsamkeiten)
Römer sind nicht zimperlich, das zu übernehmen, was ihnen gefällt. Zwei gegensätzliche Richtungen aus der Spätzeit der griechischen Philosophie haben es ihnen besonders angetan, Epikur und die epikureische Weltanschauung sowie Zenon und die stoische. Doch so rigoros wie Cato, der streng auf den Lehren der Stoa festhängt, sind die meisten Römer nicht: Sie picken sich aus verschiedenen Lehren das heraus, was ihnen am meisten zusagt (Eklektizismus), Cicero vereint z.B. Ansichten, der Skeptiker, der Akademie der Stoa und Epikurs. Dabei interessiert die Römer weniger das theoretische Gesamtkonstrukt, sondern konkrete ethische Probleme: Vor allem soll ihnen die Beschäftigung der Philosophie auch einen konkreten Nutzen bringen: „Wie lebe ich glücklich?“.

Die Gründer: Epikouros (* um 341 v. Chr) und Zenon von Kition (* um 300 v. Chr.)
Zenon und Epikur kamen auf unterschiedlichen Wegen zur Philosophie, Epikur beginnt bereits bei einem Schüler des Atomisten Demokrit zu studieren, geht ins Exil, gründet zuerst in Mytilene und Lampsakos erste Schulen und schließlich als Prophet der Lust in Athen sein Gärtchen, das gleichbedeutend mit seiner philosophischen Richtung wird.
Zenon erleidet als erfolgreicher Händler einen Schiffbruch, worauf er von einem Buchhändler aufgenommen in die Philosophie einsteigt. Er trifft sich mit seinen Schülern in einer Säulen- bzw. Wandelhalle, der Stoa Poikile in Athen, einem öffentlichen Bauwerk. So streng und ernst wie das Gebäude ist auch seine Philosophie, er wird der Prophet der Pflicht.

summum bonum: vita beata
In ihrer Vorstellung, was das höchste Gut (summum bonum) sein soll, das der Mensch erreichen kann, sind sich beide Richtungen wieder einig: Ein glückliches Leben zu führen, bei dem die Seele ausgeglichen und ungestört von Stürmen der Gefühle ist (Eudämonie: Glückseligkeit / Apahtia: Abwesenheit von Affekten / Ataraxia: Unerschütterlichkeit der Seele). Wie dies jedoch aussehen soll, da unterscheiden sie sich: Logik, Tugend, das Ehrenhafte, so Zenon. Logik findet auch Epikur gut, jedoch nur um positive Lust anzustreben und dabei Schmerz als negative Lust zu vermeiden.
Wie das Glück, das auf dieser Ausgeglichenheit beruht, zu erreichen ist? Sich auf das zu beschränken, was natürliche und naturnotwendige Bedürfnisse sind, würden beide sagen. Alles Seiende ist für Zenon wie Epikur rein materiell: Ohne Materie gibt es weder Leiden noch Wirken. Deshalb wollen beide den Menschen durch die Philosophie aufklären, vom religiösen (abergläubischen) Eifer (Beten und Opfern) abbringen und zum rechten Leben hinführen. Ansonsten widersprechen sie sich:

Epikur – Seelenruhe durch pflichtloses Glück und Genuss
Verkürzt führen vier Mittel (τετραφάρμακον) zum glückseligen Leben, die richtige Auffassung von der Natur der Götter (ohne Bedeutung), vom Tod (geht uns nichts an), von der Lust (suchen) und vom Leiden (meiden).
  • Die rechte Lebensfreude wird durch den Genuss eines jeden Tages und die Vermeidung von Unlust erreicht: carpe diem. Um eine Beeinträchtigungen des Seelenfriedens zu vermeiden, muss man Furcht, Schmerz und Begierden meiden. Dies führt zu Einsicht und stabiler Daseinslust. 
  • Unvernunft führt dagegen zu schädlichen Abhängigkeiten. Bekannt ist das sogenannte Lustkalkül: Hemmungsloser Genuss ist nicht Epikurs Sache: Man muss nach langfristiger Lust streben, die niemandem Schmerz bringt. Deshalb soll man in Maßen genießen, was zur Seelenruhe führt. Ein Beispiel: Ein Becher zu viel am Abend zuvor könnte vielleicht kurzfristigen Lustgewinn bringen, am Morgen danach aber einen länger dauernden Kater, wenn nicht schlimmeres (Unfall, eine unbedachte Äußerung im Suff, an der eine Freundschaft zerbricht…). Also: Sein lassen! Das Vorurteil, dass Epikureismus zu dekadenten Orgien führt (Vulgäerepikureismus), gibt es zwar schon in der Antike, ist aber verkehrt. So soll Epikur nur ab und zu einmal einen Becher Wein, in der Regel aber nur Wasser getrunken haben. 
  • Der Rückzug ins Private ist wichtig: „Lebe im Verborgenen!“ (l£qe bièsaj - lathe biosas): Freundschaft ist der wichtigste Wert. Vielleicht dachte Epikur auch schmerzhaft an die politischen Enttäuschungen und das Exil seiner Eltern. Außerdem lehnt Epikur Ehe, Familie und Politik ab.
  • Die Götter als personifizierte Naturgewalten bestehen aus Atomen: Es gibt unendlich viele Götter, sie greifen aber nicht in das Weltgeschehen und in die menschlichen Schicksale ein. Deshalb ist Gottesfurcht nur Aberglauben. Wer sich an das atomistische Weltbild und die rein wissenschaftliche Erklärung der Welt hält, hat eine Sorge weniger.
  • So wenig wie die Götter ist auch der Tod nur natürlich und nicht zu fürchten: Solange wir leben, sind wir ja nicht tot, und wenn wir tot sind, können wir nicht darüber nachdenken.

Stoa - Seelenruhe durch Tugend und Pflicht
Bei den Stoikern sind drei Dinge wichtig: die Pflicht, die Tugend und die Logik. Sie erscheinen so als "die Vulkanier der Antike"…
  • Die Beschäftigung mit der Philosophie als Streben nach Weisheit verhindert Affekte und führt zu innerer Freiheit. In allen Naturerscheinungen offenbart sich ein waltendes göttliches Prinzip, die Weltvernunft (logos). Dies ist zugleich ein kosmopolitischer Ansatz, allen Menschen überall in der Welt ist diese Weltvernunft zuteil. Gerechtigkeit ist daher im Menschen angelegt (Naturrecht). Das Naturrecht verbindet alle Menschen untereinander. Wer nach der Weltvernunft und gemäß der Natur und ihrer Gesetze lebt (secundum naturam vivere), erreicht Seelenruhe.
  • Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen (zùon politikÒn - zoon politikon), Ehe und Kinder sind staatsbürgerliche Pflichten. Jeder Mensch hat in dieser Gemeinschaft vernunftbegabter Wesen die Pflicht, sich zum Guten zu beteiligen: Jeder muss daher die eigenen besonderen Fähigkeiten herausfinden, als Individuum seinen Platz in dieser Ordnung erkennen und ausfüllen.
  • Stets muss man emotionale Selbstbeherrschung einüben und sein Los akzeptieren. Dies bedeutet, stets tugendhaft zu handeln. Dabei führen Gelassenheit und Seelenruhe bzw. Unerschütterlichkeit (ataraxia) zur Weisheit. Meditieren und Gewissensprüfung treibt die Selbstvervollkommnung voran.

3 Kommentare:

  1. Der Widerspruch der beiden Philosphien lässt sich ganz leicht verstehen. Es kommt darauf an, welche Gehirnhälfte dominiert. Meiner Meinung nach fehlt hier noch Platon, dessen Ideenlehre sich von Epikur und Zenon unterscheidet. Ich behaupte mal ganz frech, dass sich alle Philosophien im Großen und Ganzen in eine dieser 3 Richtungen einordnen lassen.
    Interesant ist, dass jeder Philosoph meint seine Philosophie müsse für alle Menschen gelten. Das macht aber keinen Sinn sondern nur Probleme
    Mehr darüber findet man entweder unter dem Stichwort "Omnisophie" von Prof. Dr. Gunter Dueck oder auf meinen Blog unter http://royofinnigan.blogspot.de/2013/01/omnisophie-unterscheidung-verschiedener.html
    (Sorry für die Eigenwerbung aber bei dem Thema kann ich nicht widerstehen)

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  2. Ich glaube Artikel auf solchen Blogs werden viel zu selten gewürdigt. Ganz ehrliches DANKESCHÖN für diese Zusammenfassung!!!

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  3. Sehr gut und verständlich zusammengefasst, der Artikel spendet mir gerade einige Anregungen für mein Kolloquium. Danke.

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