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"Philosophenschule" (Raffael nachempfunden) |
"Philosophische Schulen“ – ein schöner Name für eine
Möglichkeit, sich auch als Erwachsener weiter zu bilden. Es handelt sich
weniger um eine Art allgemeine Universität, sondern mehr um einzelne Forscherzirkel,
die sich gegenseitig austauschen und ihr Wissen auch anderen lehren. Jeder
wichtige Philosoph hat einen eigenen Ansatz für seine Ideen und seine
Forschungen, eine Art Projekt, das ihn umtreibt. Gründet er eine eigene
„Schule“, verfolgt diese seine Denk-Richtung weiter.
Seit Sokrates ist die Sorge um die Seele des
Menschen wichtig, dass sie möglichst gut werde. Immer wichtiger wird darauf die
Frage, welche die antiken Menschen am meisten beschäftigt: „ Wie lebt man
richtig? Wie lebt man glücklich?“
Die Vorsokratiker
haben keine gemeinsame Schule gegründet, doch sie alle treibt die Frage nach
dem Urstoff aller Dinge an, aus was die Welt besteht und wie Veränderungen
bewirkt werden - im Großen (Makrokosmos) wie im Kleinen (Mikrokosmos): Mensch,
Tier, Pflanzen oder auch das gesamte Universum bis hin zu den Atomen bei den Atomisten.
Wissenschaft
soll aber auch zu einem besseren und glücklicheren Leben verhelfen. Thales (624-546 v. Chr.) rät für ein
glückliches Leben, nichts zu tun, was man an anderen tadelt und nicht im Äußeren, sondern im
Verhalten Schönheit zu zeigen. Demokrit
(460-370 v. Chr.) will die Menschen durch das (naturwissenschaftliche) Wissen
um das wahre Wesen der Dinge von der Furcht vor Göttern abbringen und zu
innerer Ausgeglichenheit, „Euthymia“ führen (Wohlgemütsruhe).
Tugend
und Wissen - Die Sokratiker
Sokrates (469-399 v. Chr.) steht für die Vorherrschaft der
Tugend (¢ret»: aretä - virtus). Tugend
und Wissen sind ausschlaggebend für ein gutes und glückliches Leben. Das Wissen
um das Gute führt zum richtigen Handeln. So braucht man Wissen, um tugendhaft
sein zu können Niemand, der das rechte Wissen hat, tut absichtlich Böses. Für
die Seelenruhe und damit für ein glückliches Leben ist es schlimmer, Unrecht zu
tun, als Unrecht zu erleiden.
Gerechtigkeit,
Vernunft und Ideal - Die Platoniker / alte Akademie
Platon (428-347 v. Chr.), der berühmteste Schüler des Sokrates, gründet eine eigene
„sokratische“ Schule, die Akademie in
Athen im heiligen Hain des Helden Akademos, in der über den Dialog nach Erkenntnis geforscht wird.
Zum rechten Leben gehört für Platon, sich von der Vernunft leiten zu lassen und
ein inneres Gleichgewicht zu finden. Ein idealer Staat sollte deswegen von
Philosophen regiert werden, die sich von Vernunft leiten lassen. Die Bürger sollen
für Gerechtigkeit sorgen, indem sie sich nur den Aufgaben widmen, von denen sie
von Natur aus geeignet sind und die ihren Beruf ausmachen. Mischt man sich in
Dinge ein, von denen man nichts versteht, erzeugt dies Ungerechtigkeit. Gerecht
zu sein macht glücklich und führt über die höchsten Tugenden der Seelenteile (Besonnenheit,
Tapferkeit, Weisheit) zu einem glücklichen Leben.
Schockiert davon, dass eine Demokratie wie Athen
ihren wahrhaftigsten und besten Bürger, Sokrates, kurzerhand zum Tode
verurteilen kann, prägen ihn die Gegensätze zwischen Ideal und Wirklichkeit.
Nach seiner Ideenlehre existiert außer
einer vergänglichen und veränderbaren Welt der sinnlichen Eindrücke noch eine
höhere, ewiglich gleichförmige Welt der Ideen, welche sein Höhlengleichnis erklärt. Alle Vorgänge und Gegenstände der Natur sind
nur unvollkommene Schattenbilder der Ideenwelt. Verbunden sind die Welten über
Wiedergeburt und Seelenwanderung: Die unsterbliche Seele war einst Teil der Ideenwelt und freut
über die jedes Mal neu über jede Erkenntnis der reinen Ideen, unter denen sie
sich einst befand und an die sie sich erinnert. Wahre Glückseligkeit gibt es
damit nur im Tod vor der nächsten Wiedergeburt, während die Seele in der Welt
der Ideen weilt. So neigen die Platoniker der Welt der Ideen zu und gelten als
sehr theorielastig.
Die goldene Mitte:
Tugend
und gesicherte Lebensverhältnisse- Logik und Wirklichkeit bei Aristoteles und den Peripatetikern
Ganz
im Gegenteil zu seinem Lehrer Platon geht der Arztsohn Aristoteles
(324-322 v. Chr.) aus dem Studierzimmer hinaus in die Natur und unter die Leute,
um nicht die theoretische Idee, sondern die fassbare Wirklichkeit, Mensch,
Tier, Pflanzen und auch die menschliche Gesellschaft nach wissenschaftlichen
Kriterien genauestens zu untersuchen. Einfach alles ordnet er unter logischen
Gesichtspunkten, wobei er neue Wissenschaftszweige schafft oder stark weiterentwickelt
(Wissenschaftssystematik, Logik, Dichtungstheorie (Literaturwissenschaft),
Argumentationstheorie, Politikwissenschaft, Biologie, Medizin, Physik, Theologie,
Psychologie, Wissenschaftstheorie …). Nur sein Frauenbild und seine Einstellung
zu Fremden (Ausländen, Barbaren…) ist leider weniger gleichberechtigt, als bei
seinem toleranten Lehrers Platon.
Um
richtig leben zu können, braucht man nach Aristoteles Glück (eudaimonia) und
Tugend oder den inneren Bestzustand (aretê). Für diesen Seelenzustand benötigt
man die Verstandestugenden (Klugheit, Wissen und Erfahrung) und die
Charaktertugenden, die durch Erziehung und Gewöhnung erreicht werden (Tapferkeit,
Besonnenheit, Sanftmut, Einfühlungsvermögen).
Aristoteles
meint, dass das Ziel aller absichtlichen Handlungen das im „guten Leben“
verwirklichte Glück ist – als oberstes Gut und Tätigkeit der Seele zugleich.
Die Ausbildung von Tugenden ist wesentlich dafür, dieses Ziel zu erreichen (Tugendethik).
Der Mensch muss dazu die Fähigkeit seiner Vernunft das ganze Leben lang gebrauchen
und nicht nur besitzen.
Körperliche
Gebrechen, das Fehlen von Lust, Geld (und Macht), können einen aber daran
hindern, glücklich zu werden. So vertritt Aristoteles
gewissermaßen eine Ethik des rechten Maßes und der goldenen Mitte: Besitztümer
sind für ihn selbst für das Glück eines Philosophen nicht ganz unentscheidend…
Die
Schule des Aristoteles „Peripatos“, heißt nach der „Wandelhalle“, in der er
lehrt. Seine Schüler, die Peripatetiker oder Aristoteliker, meinen ebenfalls,
dass zu einem guten und glücklichen Leben Tugend und ein Mindestmaß an Reichtum
gehört, um ungestört arbeiten und tugendhaft bleiben zu können.
Zweifeln:
Immer mit Täuschung rechnen - Die Skeptiker / mittlere und neue Akademie
Schon
Pyrrhon von Elis (360– 270 v. Chr.), beeinflusst von Sokrates‘ „ich weiß, dass ich nichts weiß“, lehrt eine Ununterscheidbarkeit
aller Dinge (Indifferentismus),
dass man immer mit Täuschung rechnen muss und dass alle festen Glaubenssätze
(Dogmen), die einem genau sagen wie etwas ist, oder wie etwas zu tun ist, daher abzulehnen sind.
Unabhängig
davon entsteht später auch an der Akademie in Athen eine Art Skeptizismus. Der strikte
Agnostizismus des Arkesilaos (315-24 v. Chr.) in der „Mittleren Akademie“ wird
jedoch von Karneades (214-128 v. Chr.) in der „Neuen Akademie“ zu einer Art Wahrscheinlichkeitslehre
gemildert. Am Ende gründet Ainesidemos (1. Jh. v. Chr.) den Pyrrhonismus neu,
wonach man sich von jedem Urteil enthalten und dadurch Seelenruhe (Ataraxie) und
Glückseligkeit (Eudaimonie) herstellen soll.
Bedürfnislosigkeit – „Diogenes
in der Tonne“ und die Kyniker
Eine
sehr eigenwillige Art, die Philosophie des Sokrates weiter zu entwickeln, findet
Diogenes von Sinope (405 bis um 320 v. Chr.). Diogenes versucht möglichst ohne
materiellen Besitz auszukommen und lebt ohne festen Wohnsitz unter Säulenhallen
oder auch einmal in einem leeren Vorratsfaß. Lediglich einen einfachen
Wollmantel, einen ein Rucksack mit Essensresten und einen Stock trägt er bei
sich. Seinen Trinkbecher wirft er auch noch weg, als er sieht, wie ein Kind aus
seinen hohlen Händen Wasser schöpft. Er nennt sich „Hund (Kyon)“ und beißt mit
scharfem Spott. Als ihm Leute wie einem Hund Knochen zuwerfen, hebt er wie ein
Hund sein Bein und pinkelt er sie auch an.
Obwohl
er sich stets daneben benimmt, wird er schnell zur Berühmtheit. Selbst
Alexander Große will ihn sehen und brüstete sich damit, dass er ihm jeden
Wunsch erfüllen könne. Was antwortet Diogenes auf die Frage nach seinem größten
Wunsch? „Geh mir aus der Sonne!“
Diogenes
meint, dass man nur in Selbstgenügsamkeit glücklich sein kann, frei von überflüssigen
Bedürfnissen und von äußeren Zwängen unabhängig. Alles außer Essen und Trinken,
Kleidung, Wohnung und Sex ist überflüssig und hindert einem am glücklichen
Leben.
Seine
Schüler nennen sich nach ihrem Meister „Kyniker - die Hunde“ und streben
danach, „das Menschsein“ hinter sich zu lassen.
Lustgenuss – Epikur und
der Kepos (Garten)
Wer jedoch denkt, Epikur von Samos (341-270) sei ein
Prophet der Partypeople und des maximalen Spaßfaktors, der irrt gewaltig. Den
Vorsatz, im Leben die Lust zu maximieren, den Schmerz zu minimieren und hemmungslos
zu genießen, gibt es zwar auch in der Antike. Doch nennt sich diese Richtung Hedonismus
und geht auf Aristippos (435-355) zurück.
Epikur lehrt dagegen das Lustkalkül: Was danach
Schmerz verursacht, darf nicht genossen werden: Ein „zuviel an Alkohol“, löst z.B.
am nächsten Tag einen Kater aus, also darf man nur ein wenig trinken, ohne jemals
in den Vollrausch zu kommen. Der Schmerz an Arbeit muss man auf sich nehmen und
auf Faulheitsgenuss verzichten, um sich am Lohn der Mühen zu erfreuen (d.h.
Hausaufgaben als Schüler erledigen, um sich an guten Noten zu freuen).
Nach Epikur soll man sich auch besser aus der
Politik heraushalten und zurückgezogen leben. Abgeschieden (am besten in seinem
Garten) soll man dann die (Seelen-)Ruhe genießen, mit abgewogenen und stets
maßvoll dosiertem Genuss.
In Rom wird Lukrez (97-55
v. Chr.), ein römischer Dichter, der berühmteste "Epikurer". Wie die anderen Atomisten möchte Lukrez innere Ausgeglichenheit über das Licht des Wissens erreichen: „Alles aus kleinsten „Atomen“ aufgebaut, die Götter können ein Vorbild sein, haben aber nichts mit den Menschen (und deren
Glück) zu tun“. Man muss die Götter daher genauso wenig
fürchten wie den Tod, soll aber wie sie ein glückliches Leben führen (in Gemütsruhe für sich selbst existieren).
Unbeugsame Tugend - Zenon
und die Stoa
Zenon von Kition (333–264) sucht nach strengster Kontrolle über
alle Gelüste und Emotionen des Menschen, um die Seele zu befreien. Für ihn ist
der Mensch immer Teil einer Gemeinschaft, so dass die Beschäftigung mit Politik
die Pflicht der Tugend ist. Diese steht im Einklang mit dem Universum.
Zenon möchte also den inneren Schweinehund und die menschliche
Natur überwinden und in jeder Lage stets die Tugend bewahren. Das macht das
Glück des Weisen aus: „Der Weise erkennt die Tugend, lebt sie und ist
glücklich“. Selbst unter Folter…
Nach der bemalten „Säulenhalle“ vor der Agora in
Athen, wo Zenon lehrt, nennt sich seine Schule „Stoa“. Die Stoiker gelten bei
lebensfrohen Zeitgenossen mitunter nicht nur als ernst, sondern auch als etwas
trocken.
Besonders stark beeindruckt die Stoa die Römer der
ausgehenden Republik (manchmal jedoch weniger der Verzicht auf allen Genuss,
sondern mehr die Pflicht der politischen Teilnahme am Gemeinwesen). Der
berühmteste Stoiker in Rom wird später der Kaiser Mark Aurel (121-180 n. Chr.), der „Philosoph
auf dem Thron“
Das Eine und Gute- Die
spätantike Seinspyramide des Plotin und der Neuplatonismus
Als
Rom gegen die andrängenden Barbarenhorden um sein Überleben kämpft, verliert
die Philosophie an Bedeutung. Im Inneren gibt es Unruhen und eine Vielzahl von
Religionen des Vielvölkerstaates. Der Philosoph Plotin (205-270 n. Chr.) sucht
nach Gemeinsamkeiten, die man vereinheitlichen könnte, nach dem Einen, nach dem
Göttlichen. Fündig wird er bei Platon, und seiner Ideenlehre. Später lassen
sich sogar dieser Neuplatonismus und die christliche Religion verknüpfen. Nur
dass die Neuplatoniker die Welt als „Seinspyramide“ sehen, mit dem Einen und
Guten an der Spitze und an Seelenwanderung glauben.
Tugendhaftigkeit
zeigt das Streben nach dem (einen und) Guten an. Die Annäherung an das Gute
führt die Seele zugleich zum Schönen, da das „Licht“ des Guten der Ursprung
aller Schönheit ist. Dabei kann man eine Vereinigung mit der „formlosen
Gottheit“ erleben.
Eklektizismus
- Die Römer
Für das antike Rom muss man jedoch bedenken, dass
sich (wie z.B. auch Cicero) fast kein
Römer an eine einheitliche Schuldogmatik hält, sondern selbst eine eigene
Auswahl jeweils derjenigen philosophischen Teilsätze trifft, welche er selbst
übernehmen will und welche nicht (Eklektizismus). Meistens sind sie Stoiker,
Epikureer, Peripatetiker und Skeptiker zugleich…
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