Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Samstag, 20. Februar 2016

Wozu eigentlich Verse? - Antike Dichtung einfach gesprochen I.

Der Skorpionmensch tat den Mund auf: [...]

„Des Berges Inneres hat niemand durchschritten,
Auf zwölf Doppelstunden ist finster sein Inneres!
cur poesis, cur versus? Versdichtung als ErinnerungshilfeDicht ist die Finsternis, kein Licht ist da!
Zum Sonnenaufgang lenkt sich der Weg,
Zum Sonnenuntergang [...]“
[…]
Als er eine Doppelstunde weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis, kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt zu sehen, was hinten liegt.

Als er zwei Doppelstunden weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis, kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt zu sehen, was hinten liegt.

Als er drei Doppelstunden weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis, kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt zu sehen, was hinten liegt.
[…]
Die restlichen Meilen seien dem Leser erspart – er kann sie sich leicht denken - es geht entsprechend weiter, aber „als er zwölf Doppelstunden weit gedrungen, herrscht die Helle.“ Endlich draußen…
Ein merkwürdiger Eindruck, doch ohne Frage Dichtung in Versen; im Original vermutlich recht wuchtig, 2 x 2 Hebungen mit je 1-2 Senkungen (bisweilen 2 x 3 Hebungen, selten 3 x 2 (laut WWW-Quelle). Wer es noch nicht erraten hat, es handelt sich hierbei um das Gilgamesch-Epos [neunte Tafel], der vermutlich älteste Mythos der Menschheitsgeschichte und eines der frühesten erhaltenen Schrift-Dokumente überhaupt. Die überlieferten babylonischen bzw. genauer akkadischen (ab 1.800 v. Chr.),  sumerischen und hetitischen Fassungen gehen alle auf eine Urform des 24. Jahrhundert v. Chr. zurück – über 4.000 Jahre!
Uralte Dichtung also. Aber wie funktioniert Dichtung in einer uralten Sprache? Dazu ein erstes Einführungsvideo auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=XNmX-nDxj2s
Da stellt sich die Frage, was generell das besondere an Dichtung ist: Wozu überhaupt Verse und immer gleiche formelhafte Wendungen? Ein Blick nach oben hilft, bereits das Gilgameschlied führt einem den Nutzen und die Entstehungsgeschichte von Dichtung in Versen vor Augen:
Man kann dem Vortrag folgen - oder auch einen erschaffen -, ohne unbedingt Lesen und Schreiben zu können. Gerade das Epos fußt zuallererst auf mündlicher Weitergabe, bzw. mündlicher Überlieferung (Oral Poetry) und Sprechgesänge.
Die Versform hilft schlicht und ergreifend, sich den Inhalt besser merken zu können (Memorierhilfe), wie im Gilgameschepos jeder nach der dritten Meile die Ereignisse der folgenden Meilen automatisch im Kopf hat.
Zusätzlich hilft das Versmaß beim Vortrag, antike Dichtung besteht (zuallermiest) nicht aus der Abfolge von einzelnen Betonungen, den Hebungen (Iktus, akzentuierenden Metrik) oder gar neuzeitlichen Reimen sondern aus metrisch regelmäßig gegliederter Rhythmen in bestimmten Versmaßen. So kommt man leicht in Flow und der Sprechgesang fließt. Die Versmaße sind dabei ähnlich wie in der Musik in Metren gegliedert, die auf griechisch durchnummeriert werden (wie schon der Begriff Metron - Tetrameter: 4 Metren, Pentameter: 5 Metren, Hexameter: 6 Metren).

Solche Verse kann man sich besser merken und weiter erzählen, in einem festen Liedrhythmus ist es noch viel leichter. Wie genau sehen diese Rhythmen aus?  Dazu werden in den nächsten Blog-Artikeln folgende Versmaße erklärt und mit Hörbeispielen und Anleitungen zum metrischen Lesen (Skandieren) ausgerüstet:


Weitere Schritte zum Skandieren antiker Dichtung finden sich unter:
     Die allgemeine Übersicht gibt es unter Antike Dichtung einfach gesprochen - Metrisch Skandieren: Eine Einführungsreihe in antike Metrik mit (moderner) Musik Wer es nicht erwarten kann,für den sei hier bereits ein Hörbeispiel zum elegischen Ditichon beigefügt↓, gerappt vom humanistischen Japaner Masanobu Paul Wakai:

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