Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 3. Dezember 2015

ludi circenses – Wagenrennen

Mögen einzelne Gladiatoren Starkult genießen und mächtig Eindruck auf die römische Weiblichkeit machen. Die Mega-Stars sind jedoch die antiken Wagenlenker und ihre Vereine finden ähnlich fanatische Anhänger wie heute nur noch die allertreuesten Fußballfans. Bereits in der Antike gibt es erste Fanartikel und bei einem der Wettquoten wegen verschobenen Rennen können Unruhen ausbrechen - zumindest Fankrawalle, wenn die falsche Mannschaft siegt.
            Begonnen hat alles mit einer religiösen Feier in der römischen Frühzeit der ersten Könige und den sakralen Charakter behalten die Wagenrennen bis zu ihrem Verbot im Christentum bei: Die Rennen werden immer an zu einem Fest veranstaltet, im Anschluss an eine feierliche Prozession. Diese pompa circensis nimmt den umgekehrten Weg der Triumphzüge: Vom Capitol am Tempel des Iupitter Capitolinus über das Forum zum Circus Maximus und umrundet dort die Wendemarken (metae; vgl. Hönle 1999, Sp. 1216, wie auch zum Folgenden). An der Spitze lenkt der amtierenden Prätor, Konsul oder Kaiser den Triumphwagen, dahinter reitet und marschiert die römische Jugend in militärischer Formation, dahinter springen junge Waffentänzer unter Musikbegleitung, danach Wettkämpfer mit ihren Pferden und Rennwagen und Athleten. Danach führen als Satyrn und Silene verkleidete Tänzer in Bocksfellen zu Flöten- und Kitharaklängen, ihre  ausgelassenen Tänze den Göttern vor. Letztere  werden als Statuen in reich geschmückten Sänften getragen, umhüllt von duftenden Weihrauchschwaden, als Abschluss und Höhepunkt des Festumzuges.
            Erst nachdem die Götterbilder verschwunden und der Sand frisch geharkt ist, kann das Rennen beginnen. (vgl. Nielsen 1999, Spalte 1210). Sowie der Veranstalter ein weißes Tuch fallen lässt, stürmen die Pferde unter atemberaubenden Gebrüll der euphorisierten Zuschauer aus ihren Boxen. Bei derart reger Anteilnahme der römischen Bevölkerung verwundert es nicht, dass der Rennsport eine professionelle Angelegenheit kapitalkräftiger Unternehmer wird (Hönle 1999, Sp. 1219). Das Faninteresse richtet sich auf die vier „Vereine“, die vier factiones deren Markenzeichen die gesamten Zuschauerränge dominieren: Die Weißen (factio albata), Roten (factio russata), Blauen (factio veneta) und Grünen (factio prasina). Den männlichen Bürgern unter den Fans sind jedoch Grenzen gesetzt, sie können sich nicht so kleiden wie der favorisierte Rennstall: Augustus sorgt mit Dekreten für eine Art Anzugzwang der freien Bürger und schreibt das unbequeme „Staatskleid“ der Toga vor, explizit mit Vereinsfarbenverbot für die oberen Ränge (vgl. ebd.).
            Umso wilder werden die Rennwagen angefeuert, die sieben Runden um die Wendemarken von jeweils drei Kegel (metae) auf einem Podest preschen (vgl. Nielsen 1999, Sp. 1210). Das Podest als Zentralbarriere ist mit verschiedenen Denkmälern geschmückt, Eier und Delphine zeigen die einzelnen Runden an (ebd.). Eng an der Kurve vorbei donnern zwei- (bigae) oder vierspännige Wagen (quadrigae, vgl. ebd.), oft auch zu eng. Unfälle gehören zur Tagesordnung, viele Wagenlenker sterben recht jung. Todesfälle gehören einfach dazu, genau beobachtet  von den Zuschauerrängen an Längs- und halbrunden Stirnseite. Auf der offenen Seite liegen die Startboxen (carceres) in einer asymmetrischen Bogenform, um für einen gestaffelten Start zu sorgen. Darüber nehmen Ädile, die die Spiele ausrichten, in einer speziellen Loge Platz.
Das Leben der jungen Rennfahrer ist extrem gefährlich, das Gehalt dafür astronomisch: Ein Star wie Scorpus verdient 15 sacci Gold pro Stunde (Mart. 10,74), Diocles häufte durch die Siegesprämien ein Vermögen von ca. 36.000.000 Sesterzen ein (vgl. Hönle1999, Sp. 12,19), ca. 360 Millionen €! Natürlich ist es wie im heutigen Profisport auch in der Antike üblich, zu besseren Vertragsbedingungen den Verein zu wechseln (ebd.). Wer könnte sich da schon zurückhalten…

1 Kommentar:

  1. Hallo Stefan,
    Die Bedeutung und Stellung der ludi circenses im Leben der römischen Bevölkerung ist vielen Archäologen nur marginal bekannt. Es muss doch überall dort, wo Spiele abgehalten wurden, auch intensiv trainiert werden. Die vier "Parteien" haben dies mit Sicherheit nicht gemeinsam, sondern vor den anderen verborgen getan. Event. haben ja je zwei sich zusammengeschlossen. In der Nähe des Circus von Trier, innerhalb der sog. Langmauer, die als Kaiserdomäne gilt, habe ich 2011 wohl eine Trainingsanlage durch eigene Luftbilder gefunden. Viele Einzelfunde und -bilder lassen das Szenarium einer solchen Anlage erkennen. (Römischer Trainingscircus.. in Akademia Edu). Der stellvertretende Landesarchäologe äußerte aber nur lapidar : "So etwas gibt es nicht!" Diese Aussage empfand ich, als selbst in Forschung und Lehre tätig gewesener - in einer anderen Disziplin, als überaus peinlich. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. äußerte sich in München der Lehrstuhlinhaber für Physik, Prof. P. Jolly gegenüber Max Planck, der nicht sicher war, ob er Musik oder Physik studieren sollte: "Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, studieren sie etwas anderes als Physik, in diesem Fach ist eigentlich schon alles erforscht und bekannt." Leider denken auch heute noch einige Wissenschaftler so. Fast vier Jahre nach der Entdeckung habe ich nach zuwarten und hoffen selbst einen Vortrag gehalten: "Formel I der Antike in der Eifel." und einen Bericht veröffentlicht in Beiträge zur Geschichte des Bitburger Landes Band 97: Ein einzigartiger Befund im Drachenluftbild bei Dudeldorf im Eifelkreis Bitburg-Prüm.
    Auch darauf hin erfolgte keinerlei Reaktion.

    Gruß Christian Credner

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