Auch
wenn viele Römer, v.a. die Reichen, einen relativ breiten Zugang zu guter
Bildung haben - Naturwissenschaften und Technik wird in Rom kaum gelehrt. Sie zählen
noch zur Philosophie und werden auf höchstem Niveau nur in den berühmten
griechischsprachigen Zentren des östlichen Mittelmeers unterrichtet, die alle
jungen Wissenschaftler anziehen, die sich wirklich für Ingenieurskunst,
Mathematik, Physik und Architektur begeistern – und daher auch viele junge
Römer.
Athen
kann seinen Status als Leuchtfeuer der Gelehrsamkeit jedoch nicht behaupten: Unter
den ptolemäischen Herrschern übertrumpft Alexandria mit seiner gigantischen
Bibliothek bald Athen und wird so berühmt wie Harvard, MIT (TU Massachusetts),
Oxford und Cambridge zusammen. Die Nachfahren des Ptolemaios, des Generals
Alexanders des Großen, beherrschen eine Großmacht (von Ägypten über Israel und
Syrien bis nach Kleinasien) und bauen ihre Hauptstadt Alexandria zu DER
Vorzeigstadt der Antike für Wissenschaft, Kunst und Kultur aus. Gelehrte
Reisende werden nach Büchern durchsucht, deren Titel noch nicht in der
Bibliothek stehen. Wird keine Kopie abgegeben, wird mancher so lange
festgehalten, bis eine Kopie erstellt und der Bibliothek hinzugefügt werden
kann. So kommt schnell eine unglaubliche Menge bester Literatur zusammen,
beinahe 500.000 Papyrusrollen.
Nur
ungestört kann man in Alexandria nicht studieren, die Bevölkerung ist leicht zu
Aufständen bereit, vertreibt gelegentlich einen Herrscher (wie z.B. 88 v. Chr.
Ptolemaios X.) und versucht, ihn durch einen anderen zu ersetzen, ein Anzeichen
des schleichenden Machtverfalls der Ptolemäer. Schon seit 168 v. Chr. treten
die Römer als Schutzmacht auf, damals noch gegen die Seleukiden. Vertriebene
Monarchen fliehen nach Rom, leihen sich dort größere Summen und lassen sich mit
römischer Militärmacht zurückgeleiten, wie Ptolemaios XII. Auletes – der Flötenbläser,
Vater der Cleopatra, dem auch der junge Marcus Antonius schon mit Reitereinheiten
zu Diensten ist. Wer an Bestechungsgeldern zu kurz kommt versucht im Gegenzug gelegentlich,
Ägypten als römische Provinz zu annektieren, wie Crassus 65 v. Chr.
Das
wissenschaftliche Zentrum Alexandrias bleibt von all diesem jedoch nahezu
unberührt (sieht man vom Brand der Bibliothek bei Caesars riskantem alexandrinischem
Abenteuer einmal ab). Neben Literatur und einer erstmals ernst zu nehmenden Literaturwissenschaft
mit kritisch philologischer Methode und Kommentar werden Mathematik, Physik, Technik,
Mechanik, Geographie und Astronomie hoch subventioniert. Die Gelehrten erhalten
ihr Gehalt vom Herrscher unabhängig vom praktischen Nutzen ihrer Forschung. Es
geht um das Prestige der Bildungseinrichtungen rund um den Palast und damit um das
Prestige und die Verherrlichung des Königs. Stolz kann dieser die Leistungen
seiner Forscher verkünden, die Berechnung des Erdumfangs durch Eratosthenes in
der Geographie, die analysierte Bewegung der Erde um die Sonne (Astronomie - Aristarchos)
oder die Entdeckung des Nervensystems in der Medizin (Herophilos).
Außer
gewaltigen Entdeckungen und bahnbrechenden Berechnungen entstehen in Alexandria
auch die ersten (und nie gewerblich genutzten) Dampfmaschinen und Automaten:
Blechfiguren, die schreiben, Flöte spielen und Trommeln können, Miniaturvögel
im Käfig, die sich bewegen und zwitschern und die berühmte Parfümschnecke: Ein
Automat, der mechanisch programmiert einen Prozessionsweg selbstständig und in
variierendem Tempo bewältigt (inklusive Kurven) und eine Schleimspur aus Parfüm
hinterlässt. Dummerweise werden alle wissenschaftlich-technische
Errungenschaften nur zu Lobpreis und Propaganda des Herrschers ausgeführt, der
sie finanziert: Anstatt rationaler Forschungsberichte und präziser
Gebrauchsanleitungen werden meist Lehrgedichte in Versform verfasst, selbst
Astronomie und physikalische Grundgesetze liest man im griechischen
Hexameter-Rhythmus.
Hinzu
kommt noch die Mischung unterschiedlichster Völkerschaften und Religionen in
Ägyptens brodelnder Millionenstadt. Alexandria ist und bleibt so ein spannender
Ort für Jedermann, nicht nur für Gelehrte, gerade auch für einen romanisierten
Ubier wie den Romanhelden Rufus: Zusammen mit Marcus Antonius soll er mit einer
germanischen Leibwache helfen, Ptolemaios Auletes in das politisch instabile
Alexandria zurückzuführen. Dort einen kühlen Kopf zu bewahren, entwickelt sich
zu einer echten Herausforderung...
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