Glücksspiele
Spiele
wie par
et impar (Gerade und Ungerade), Kopf
oder Zahl und Knobeln (Raten der
Anzahl einzelner Gegenstände oder Finger) werden normalerweise ganz ohne
Wetteinsatz gespielt.
Generell
sind Glücksspiele um Geld in Rom eigentlich strengstens verboten, mit Ausnahme
der Festtage der Saturnalien im
Dezember. Doch selbst Kaiser lieben es zu spielen und die Einsätze können
schnell Unsummen erreichen, Kaiser Nero würfelt um 400.000 Sesterzen pro Punkt (ungefähr
4 Millionen Euro!; Sueton, Nero 30).
Nach Juvenal kann man aber auch ohne Kaiser zu sein 100.000 Sesterzen verspielen und zugleich aus Sparsamkeit seinen Sklaven
warme Kleidung vorenthalten (Iuvenal,Satiren, 1,89-94), ein Graffito eines
glücklichen Pompeianers bezeugt, dass er in der Kleinstadt Nuceria mal eben so
3.422 Sesterzen beim Spiel gewonnen hat (≈ 34.220€ - CIL IV, 2119). Gerade Jugendliche verfallen dem Suchtcharakter des
Spiels und geraten schnell in die Schuldenfalle, schlimmer, als man dies heute bei
Handy- und Computer-Abos, Apps etc. erleben kann. Damals stehen die jungen
Schuldner oft alleine da, so dass sie sich jedem zuwenden, der Hilfe
verspricht, wie z.B. auch Lucius Sergius Catilina…
Betrügereien
sind an der Tagesordnung, denn nicht nur Kaiser Caligula mogelt beim
Punktezählen (Sueton, Caligula 41,2).
Vor allem im zwielichtigen Stadtviertel der Subura
zwischen dem Forum Romanum und dem Esquilin gibt es viele Falschspieler, die
ihre Opfer ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Damit aus einem Glücksspiel kein
Geschicklichkeitsspiel wird, verlassen sich vorsichtige Spieler lieber auf
einen Würfelturm (turricula), bei dem man die Würfel oben hineinwerfen muss und sie
unten zufällig über Vorsprünge oder Treppchen fallend heraus purzeln. Doch
tauscht man gut gezinkte Würfel ungesehen aus, kann man selbst mit einer turricula betrügen (z.B. mit einem
versteckt eingebauten Gewicht im Würfel, oder durch Aushöhlen des Knochenmarks
eines Astragal-Knöchelchens und Ersetzen durch Blei).
Würfelspiele
Besonders
gerne spielen die Römer mit Würfeln, die jedoch unter besonderer Strafe stehen:
Die lex alearia betrachtet
Würfelspielgewinn gleichbedeutend mit Raub und verdonnert einen Gewinner im
Glücksspiel zur Strafzahlung des vierfachen Einsatzes (Fitta 1998, S. 108). Ein leidenschaftlicher Spieler lässt sich
davon jedoch nicht beeindrucken, Kaiser Augustus bekennt sich offen zu seiner
Leidenschaft und spielt nicht nur an den Saturnalien sondern auch an Werktagen
(Sueton, Augustus 71,1). Kaiser
Claudius schreibt ein ganzes Buch de arte
alearum - über die Würfelspielkunst und lässt sich die Federung seines
Reisewagens und einen Spieltisch so anpassen, dass das Spiel bei Unebenheiten
der Straße nicht durcheinandergerät (Sueton,
Claudius, 33,2). Die Kaiser Caligula, Vitellius und Domitian spielen an Werktagen
schon am frühen Morgen, Verus die ganze Nacht hindurch (Fitta 1998, S. 119).
An
Würfeln gibt es die klassischen sechsseitigen (W6), die mit Punkten beschriftet
sind, wie bei uns, bei denen die Summe der gegenüberliegenden Seiten immer
sieben ergibt. Sie werden aus Gold, Bernstein, Elfenbein, Glas, Bronze, Blei,
Keramik oder einfachen Knochen hergestellt.
Noch
beliebter sind jedoch die unregelmäßigen Würfel aus Sprunggelenkknöchelchen (W4)
oder Fußwurzelknochen von Schafen (zwischen Schien- und Wadenbein, der
sogenannte talus), die man schon vom
Dichter Homer kennt (damals Schullektüre):
- suppus / pranes, die konvexe Seite (nach
außen gebogen), zählt drei Punkte
- planus / yptia, die konkave (nach
innen gehöhlt), vier,
- koon, die instabilste 6
und wenn
- chion, die breiteste Seite,
unten liegt, einen.
Diese
Astragal-Würfel (astragaloi) sind in
der gesamten antiken Welt und in allen Gesellschaftsschichten verbreitet, auch
als Nachbildung in Gold, Silber, Elfenbein, Bronze, Marmor oder Keramik.
Daneben
finden sich polyedrische Würfel mit zwanzig Seiten (W20), Tetraeder (W4),
kubische (W12), sowie Stab-, Kreisel- (W4 / W10) und Pyramidenwürfel, sogar
Würfel in Menschengestalt (W6) aus Silber und Bronze.
Spielt
man mit drei „normalen“ Sechsseitern“ (W6), gilt drei Mal die Sechs als
„Venuswurf“, drei Mal die Eins als „Hundswurf“ (Ovid, ars amatoria, Buch 2,203-210). Bei den Astragaloi ist der
Wurf der „Venus“, wenn alle Knöchelchen auf verschiedenen Seiten landen, der
„Wurf des Hundes“ vier Knöchelchen mit einem Punkt auf der breitesten Seite
liegen. Es scheint zwar für jeden einzelnen der restlichen Würfe ebenfalls einen
eigenen Namen zu geben (allein bei den Astragaloi fünfunddreißig mögliche
Kombinationen!), doch gibt es hier Abweichungen und Unsicherheiten.
Der
Gewinn wird nach den Punkten ermittelt, die bei jedem Wurf gezählt werden. Nur
der Venuswurf ist (ähnlich wie die Einundzwanzig beim heutigen Mäxle- /
Lügenspiel) immer der unübertreffbare Wurf, auch wenn die Summe bei den
Astragaloi-Würfeln nur Vierzehn ergibt.
Kaiser
Augustus lässt beim Hundswurf für jeden Würfelpunkt je einen Denar in die Kasse
legen, der erste der die Venus wirft, streicht den gesamten Gewinn ein (Sueton, Augustus 71,2-4). Augustus
verliert so an einem Spielabend am Minervafest (10.-23. Mai) einmal 20.000 Sesterzen (≈ 200.000 €), aber
nur, weil er seinen Mitspielern Spielschulden in Höhe von 70.000 Sesterzen erlässt.
Mora – Pause
Wie
beim Knobeln zeigt man gleichzeitig mit den Fingern eine Zahl zwischen Null
(Faust machen) und Fünf (Handfläche und Finger geöffnet) und ruft sofort laut
die Summe (Fitta 1998, S. 123).
Das Hütchenspiel
…
zählt zwar seit den Tagen des altägyptischen Statthalters Menhotep zu den
Glücksspielen (Fitta 1998, S. 127),
ist aber mehr ein Geschicklichkeitsspiel: Unter mehreren gleichen Bechern,
Hütchen etc. wird eine Münze, Kugel oder anderer Gegenstand versteckt. Diese
werden so schnell hin und her geschoben, dass der Spieler raten muss, unter
welchem Hütchen dies sich befindet, wenn er nicht blitzschnell und aufmerksam folgen
kann. Doch lassen unehrliche Hütchenspieler auch heute noch gerne den
Gegenstand geschickt verschwinden, um ihn später unter eines der Hütchen zu
schieben, auf das der Spieler nicht getippt hat…
Nachahmungsspiele
…sind
überwiegend Kinderspiele. Im Moment sieht man bei uns viele Figuren aus Star
Wars, doch Dank Yakari gibt es wieder mehr Indianer und das gute alte Cowboy
und Indianer Spiel. Römischen Kindern haben es mehr die derzeit berühmten Gladiatoren angetan, deren Kämpfe man
nachspielt. Wagenrennen sind
ebenfalls hoch im Kurs, entweder mit Freunden als Pferde und Wagen, oder mit
Modellen, Spielzeug, vor das kleine Tiere gespannt werden können. Zinnsoldaten, mit denen ganze
Schlachten nachgespielt werden, gibt es aus Marmor, Bronze und Zinn. Römische
Kinder sehen keine Gerichtsshows, dafür spielen sie berühmte Prozesse, zu denen
sie oft mitgenommen werden (v.a. Jungs) als Gerichtsspiel nach. Beim Verkleiden
als Erwachsene dagegen sind auch in Rom nicht alle Eltern darüber erfreut, wenn
ihre Kleidertruhen geplündert werden.
Marionetten, gibt es aus Keramik
und Holz (z.B. mit an einen Holzkopf angenähten Kleidern). Selbst Roboter sind bezeugt, berühmt für die
Herstellung solch eines Automaton
(Selbstbewegtes) ist der Philosoph
Heron von Alexandria, der auch einen dampfbetriebenen Wagen erfindet. Zwar kann
sich nicht jeder die berüchtigte „Parfümschnecke“ des Königs Ptolemaios
leisten, die selbstständig durch Federkraft und komplizierte Mechanik einen
Prozessionsweg entlang“kriecht“ und eine Schleimspur aus Parfüm hinterlässt.
Doch gibt es auch bei den Römern mechanische Tauben, die (kurz) fliegen können
(Gellius, Noctes Atticae X, 12, 9), Frauenfigürchen, die Nudelteig ausrollen
und Figuren, die mittels Luftstrom und Pfeifchen zwitschern oder Musik erzeugen
können.
Strategiespiele
Brettspiele,
bei denen nicht das Glück allein zählt, gibt es bereits seit Anbeginn der
allerersten Zivilisationen (vgl. Fitta1998, S. 130-161). Auch die Römer kennen davon eine ganze Menge. Darunter
sind
Alquerque
…spielt
man mit 2x12 Spielsteinen, die auf die Schnittpunkte der Linien gestellt werden
auf einem Schachbrett (9x9 Linien). Darüber werden noch die Diagonalen gezogen,
so dass sich einundachtzig Schnittpunkte ergeben, welche ein Ziehen zur Seite,
diagonal oder geradeaus ermöglichen. Wie beim Damespiel schlägt man gegnerische
Spielsteine durch überspringen.
ludus latrunculorum –
Das Söldnerspiel
….
erfordert Intelligenz und strategisches Denkvermögen. Man spielt es in seiner
vollständigsten Version auf einem aus wertvollen Holzsorten zusammengefügten Schachbrett
(tabula latruncularia) von 8x8 Reihen
und 16 Spielsteinen (latrones). Abwechselnd
gemusterte Quadrate ergeben vierundsechzig domūs
- Häuser.
Ein
Spieler übernimmt die acht dunklen Figuren , der andere die acht hellen. Der bellator, der Kommandant, kann in alle
Richtungen ziehen (da rex in Rom das
verhasste Wort für einen Tyrannen darstellt, wird diese Figur nicht König genannt). Jeweils acht ordinarii können vor oder zurück aber
nie zur Seite oder schräg ziehen. Die sieben vagi, länglichere „Läufer“ ziehen diagonal.
Wird
eine Spielfigur gerade, schräg oder über Eck zwischen zwei gegnerischen Figuren
eingeklemmt, wird diese geschlagen und aus dem Spiel genommen. Kann eine Figur
nicht weiter, ist sie blockiert – incitus.
Wird der bellator incitus (matt) gesetzt, hat man das Spiel
gewonnen, ebenso, wenn einem am Ende eine Figur mehr bleibt als dem Gegner
(z.B. auch wenn ein Zeitpunkt vereinbart wird oder ein Spieler weiter
aufbrechen). Der Sieger wird als imperator
ausgerufen.
Für
Römer ist latrunculi ein angesehener
Denksport, den man zu jeder Zeit betreiben darf, selbst Frauen
fortgeschrittenen Alters. Einer der konservativsten Figuren in Rom gilt als
bester Spieler überhaupt: Gaius Calpurnius Piso, ein ehemaliger Konsul und ein gefürchteter Gegner des
Pompeius.
mola - Mühle
…wird
entweder auf drei aufeinanderliegenden Quadraten wie auf Spielbrettern (und
Einritzungen auf Steinen öffentlicher Plätze und Bauten) in der heutigen Form
oder als Rundmühle (mola rotunda) gespielt.
tris
Ähnlich
wie bei Tic Tac To wird ein Quadrat in neun Felder eingeteilt (3x3) und einen
Sieger gibt es nur, wenn ein Spieler nicht aufpasst und einen falschen Zug
unternimmt. Anstelle von Kreuzen und Kreisen auf Papier werden je drei kleine
Steinchen gesetzt, die man als erster in einer Reihe ausrichten muss (Ovid, Tristia, 2,481).
duodecim scripta –
tabula - Backgammon
Vor
allem in der Kaiserzeit spielt man den Vorläufer des Backgammon. Ursprünglich
werden Wörter aus jeweils sechs Buchstaben in zwei gegenüberliegenden
Dreierreihen auf einem Marmorbrett angeordnet. Die sechsunddreißig Buchstaben
ergeben so sechsunddreißig Felder in drei parallelen Reihen. Als Spielsteine
dienen zweimal je fünfzehn runde Scheiben, die das Spielbrett einmal
durchlaufen müssen, wie weit man bei jedem Zug kommt, bestimmen die Würfel.
Bei
tabula werden die drei Reihen auf
zwei reduziert, schließlich die Buchstaben durch schmale Dreiecke ersetzt, wie
dies auch heute noch der Fall ist (Neugriechen nennen ihre heutige
Backgammon-Variante immer noch Tavli
(tάβλι),
Türken Tavla).
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