Die „Rufus“-Reihe soll jeder verstehen und genießen können, Jugendliche und Erwachsene, Studierte und Nichtstudierte. Wer sich im Roman auf fremde Welten einlässt, der wird auf unterhaltsame Weise ganz automatisch kennenlernen, was die damalige Zeit so alles zu bieten hatte - und lernt beim Lesen wie von selbst. Alles so authentisch und historisch korrekt wie möglich zu erzählen und dabei spannend zu bleiben, das ist mein Ziel.
Die „AMORES - Die Liebesleiden des jungen Ovid“ sind dagegen nicht immer ganz jugendfrei (wie auch die Originalverse Ovids und seiner Zeitgenossen). Der Laie kann sich über die „moderne“ Sprache & Handlung freuen, der Fachmann über zahlreiche Anspielungen und intertextuelle Scherze.
Auf dem Blog zeige ich einen Blick hinter die Kulissen. Dabei gebe ich auch Hintergrundinformationen über Politik und Alltagsleben der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Rom und einiger Kelten- und Germanenstämme.
Feste Probeleser aus verschiedensten Altersgruppen haben bereits die ersten Bände gelesen. Die Rückmeldungen setze ich um. Sehr gute Feedbacks kamen dabei nicht nur von Universitätsprofessoren und anderen Fachleuten sondern gerade auch von Schülerinnen und Schülern - vielleicht demnächst auch von dir? Gerne nehme ich jede gute Anregung auf (Rufus.in.Rom@gmail.com)...

Donnerstag, 30. Januar 2014

Wie lebt man richtig glücklich? Philosophische Schulen der Antike

Philosophenschule von Athen
"Philosophenschule" (Raffael nachempfunden)
"Philosophische Schulen“ – ein schöner Name für eine Möglichkeit, sich auch als Erwachsener weiter zu bilden. Es handelt sich weniger um eine Art allgemeine Universität, sondern mehr um einzelne Forscherzirkel, die sich gegenseitig austauschen und ihr Wissen auch anderen lehren. Jeder wichtige Philosoph hat einen eigenen Ansatz für seine Ideen und seine Forschungen, eine Art Projekt, das ihn umtreibt. Gründet er eine eigene „Schule“, verfolgt diese seine Denk-Richtung weiter.
Seit Sokrates ist die Sorge um die Seele des Menschen wichtig, dass sie möglichst gut werde. Immer wichtiger wird darauf die Frage, welche die antiken Menschen am meisten beschäftigt: „ Wie lebt man richtig? Wie lebt man glücklich?“

Wissen und Gelassenheit - Die „Naturphilosophen“ oder „Vorsokratiker
Die Vorsokratiker haben keine gemeinsame Schule gegründet, doch sie alle treibt die Frage nach dem Urstoff aller Dinge an, aus was die Welt besteht und wie Veränderungen bewirkt werden - im Großen (Makrokosmos) wie im Kleinen (Mikrokosmos): Mensch, Tier, Pflanzen oder auch das gesamte Universum bis hin zu den Atomen bei den Atomisten.
Wissenschaft soll aber auch zu einem besseren und glücklicheren Leben verhelfen. Thales (624-546 v. Chr.) rät für ein glückliches Leben, nichts zu tun, was man an anderen tadelt und nicht im Äußeren, sondern im Verhalten Schönheit zu zeigen. Demokrit (460-370 v. Chr.) will die Menschen durch das (naturwissenschaftliche) Wissen um das wahre Wesen der Dinge von der Furcht vor Göttern abbringen und zu innerer Ausgeglichenheit, „Euthymia“ führen (Wohlgemütsruhe).

Tugend und Wissen - Die Sokratiker
Sokrates (469-399 v. Chr.) steht für die Vorherrschaft der Tugend (¢ret»: aretä - virtus). Tugend und Wissen sind ausschlaggebend für ein gutes und glückliches Leben. Das Wissen um das Gute führt zum richtigen Handeln. So braucht man Wissen, um tugendhaft sein zu können Niemand, der das rechte Wissen hat, tut absichtlich Böses. Für die Seelenruhe und damit für ein glückliches Leben ist es schlimmer, Unrecht zu tun, als Unrecht zu erleiden.

Gerechtigkeit, Vernunft und Ideal - Die Platoniker / alte Akademie
Platon (428-347 v. Chr.), der berühmteste Schüler des Sokrates, gründet eine eigene „sokratische“ Schule, die Akademie in Athen im heiligen Hain des Helden Akademos, in der über den Dialog nach Erkenntnis geforscht wird. Zum rechten Leben gehört für Platon, sich von der Vernunft leiten zu lassen und ein inneres Gleichgewicht zu finden. Ein idealer Staat sollte deswegen von Philosophen regiert werden, die sich von Vernunft leiten lassen. Die Bürger sollen für Gerechtigkeit sorgen, indem sie sich nur den Aufgaben widmen, von denen sie von Natur aus geeignet sind und die ihren Beruf ausmachen. Mischt man sich in Dinge ein, von denen man nichts versteht, erzeugt dies Ungerechtigkeit. Gerecht zu sein macht glücklich und führt über die höchsten Tugenden der Seelenteile (Besonnenheit, Tapferkeit, Weisheit) zu einem glücklichen Leben.
Schockiert davon, dass eine Demokratie wie Athen ihren wahrhaftigsten und besten Bürger, Sokrates, kurzerhand zum Tode verurteilen kann, prägen ihn die Gegensätze zwischen Ideal und Wirklichkeit. Nach seiner Ideenlehre existiert außer einer vergänglichen und veränderbaren Welt der sinnlichen Eindrücke noch eine höhere, ewiglich gleichförmige Welt der Ideen, welche sein Höhlengleichnis erklärt. Alle Vorgänge und Gegenstände der Natur sind nur unvollkommene Schattenbilder der Ideenwelt. Verbunden sind die Welten über Wiedergeburt und Seelenwanderung: Die unsterbliche Seele war einst Teil der Ideenwelt und freut über die jedes Mal neu über jede Erkenntnis der reinen Ideen, unter denen sie sich einst befand und an die sie sich erinnert. Wahre Glückseligkeit gibt es damit nur im Tod vor der nächsten Wiedergeburt, während die Seele in der Welt der Ideen weilt. So neigen die Platoniker der Welt der Ideen zu und gelten als sehr theorielastig.

Die goldene Mitte:
Tugend und gesicherte Lebensverhältnisse- Logik und Wirklichkeit bei Aristoteles und den Peripatetikern
Ganz im Gegenteil zu seinem Lehrer Platon geht der Arztsohn  Aristoteles (324-322 v. Chr.) aus dem Studierzimmer hinaus in die Natur und unter die Leute, um nicht die theoretische Idee, sondern die fassbare Wirklichkeit, Mensch, Tier, Pflanzen und auch die menschliche Gesellschaft nach wissenschaftlichen Kriterien genauestens zu untersuchen. Einfach alles ordnet er unter logischen Gesichtspunkten, wobei er neue Wissenschaftszweige schafft oder stark weiterentwickelt (Wissenschaftssystematik, Logik, Dichtungstheorie (Literaturwissenschaft), Argumentationstheorie, Politikwissenschaft, Biologie, Medizin, Physik, Theologie, Psychologie, Wissenschaftstheorie …). Nur sein Frauenbild und seine Einstellung zu Fremden (Ausländen, Barbaren…) ist leider weniger gleichberechtigt, als bei seinem toleranten Lehrers Platon.
Um richtig leben zu können, braucht man nach Aristoteles Glück (eudaimonia) und Tugend oder den inneren Bestzustand (aretê). Für diesen Seelenzustand benötigt man die Verstandestugenden (Klugheit, Wissen und Erfahrung) und die Charaktertugenden, die durch Erziehung und Gewöhnung erreicht werden (Tapferkeit, Besonnenheit, Sanftmut, Einfühlungsvermögen).
Aristoteles meint, dass das Ziel aller absichtlichen Handlungen das im „guten Leben“ verwirklichte Glück ist – als oberstes Gut und Tätigkeit der Seele zugleich. Die Ausbildung von Tugenden ist wesentlich dafür, dieses Ziel zu erreichen (Tugendethik). Der Mensch muss dazu die Fähigkeit seiner Vernunft das ganze Leben lang gebrauchen und nicht nur besitzen.
Körperliche Gebrechen, das Fehlen von Lust, Geld (und Macht), können einen aber daran hindern, glücklich zu werden. So vertritt Aristoteles gewissermaßen eine Ethik des rechten Maßes und der goldenen Mitte: Besitztümer sind für ihn selbst für das Glück eines Philosophen nicht ganz unentscheidend…
Die Schule des Aristoteles „Peripatos“, heißt nach der „Wandelhalle“, in der er lehrt. Seine Schüler, die Peripatetiker oder Aristoteliker, meinen ebenfalls, dass zu einem guten und glücklichen Leben Tugend und ein Mindestmaß an Reichtum gehört, um ungestört arbeiten und tugendhaft bleiben zu können.

Zweifeln: Immer mit Täuschung rechnen - Die Skeptiker / mittlere und neue Akademie
Schon Pyrrhon von Elis (360– 270 v. Chr.), beeinflusst von Sokrates‘ „ich weiß, dass ich nichts weiß“, lehrt eine Ununterscheidbarkeit aller Dinge (Indifferentismus), dass man immer mit Täuschung rechnen muss und dass alle festen Glaubenssätze (Dogmen), die einem genau sagen wie etwas ist, oder wie etwas zu tun ist,  daher abzulehnen sind.
Unabhängig davon entsteht später auch an der Akademie in Athen eine Art Skeptizismus. Der strikte Agnostizismus des Arkesilaos (315-24 v. Chr.) in der „Mittleren Akademie“ wird jedoch von Karneades (214-128 v. Chr.) in der „Neuen Akademie“ zu einer Art Wahrscheinlichkeitslehre gemildert. Am Ende gründet Ainesidemos (1. Jh. v. Chr.) den Pyrrhonismus neu, wonach man sich von jedem Urteil enthalten und dadurch Seelenruhe (Ataraxie) und Glückseligkeit (Eudaimonie) herstellen soll.

Bedürfnislosigkeit – „Diogenes in der Tonne“ und die Kyniker
Eine sehr eigenwillige Art, die Philosophie des Sokrates weiter zu entwickeln, findet Diogenes von Sinope (405 bis um 320 v. Chr.). Diogenes versucht möglichst ohne materiellen Besitz auszukommen und lebt ohne festen Wohnsitz unter Säulenhallen oder auch einmal in einem leeren Vorratsfaß. Lediglich einen einfachen Wollmantel, einen ein Rucksack mit Essensresten und einen Stock trägt er bei sich. Seinen Trinkbecher wirft er auch noch weg, als er sieht, wie ein Kind aus seinen hohlen Händen Wasser schöpft. Er nennt sich „Hund (Kyon)“ und beißt mit scharfem Spott. Als ihm Leute wie einem Hund Knochen zuwerfen, hebt er wie ein Hund sein Bein und pinkelt er sie auch an.
Obwohl er sich stets daneben benimmt, wird er schnell zur Berühmtheit. Selbst Alexander Große will ihn sehen und brüstete sich damit, dass er ihm jeden Wunsch erfüllen könne. Was antwortet Diogenes auf die Frage nach seinem größten Wunsch? „Geh mir aus der Sonne!“
Diogenes meint, dass man nur in Selbstgenügsamkeit glücklich sein kann, frei von überflüssigen Bedürfnissen und von äußeren Zwängen unabhängig. Alles außer Essen und Trinken, Kleidung, Wohnung und Sex ist überflüssig und hindert einem am glücklichen Leben.
Seine Schüler nennen sich nach ihrem Meister „Kyniker - die Hunde“ und streben danach, „das Menschsein“ hinter sich zu lassen.

Lustgenuss – Epikur und der Kepos (Garten)
Wer jedoch denkt, Epikur von Samos (341-270) sei ein Prophet der Partypeople und des maximalen Spaßfaktors, der irrt gewaltig. Den Vorsatz, im Leben die Lust zu maximieren, den Schmerz zu minimieren und hemmungslos zu genießen, gibt es zwar auch in der Antike. Doch nennt sich diese Richtung Hedonismus und geht auf Aristippos (435-355) zurück.
Epikur lehrt dagegen das Lustkalkül: Was danach Schmerz verursacht, darf nicht genossen werden: Ein „zuviel an Alkohol“, löst z.B. am nächsten Tag einen Kater aus, also darf man nur ein wenig trinken, ohne jemals in den Vollrausch zu kommen. Der Schmerz an Arbeit muss man auf sich nehmen und auf Faulheitsgenuss verzichten, um sich am Lohn der Mühen zu erfreuen (d.h. Hausaufgaben als Schüler erledigen, um sich an guten Noten zu freuen).
Nach Epikur soll man sich auch besser aus der Politik heraushalten und zurückgezogen leben. Abgeschieden (am besten in seinem Garten) soll man dann die (Seelen-)Ruhe genießen, mit abgewogenen und stets maßvoll dosiertem Genuss.
In Rom wird Lukrez (97-55 v. Chr.), ein römischer Dichter, der berühmteste "Epikurer". Wie die anderen Atomisten möchte Lukrez innere Ausgeglichenheit über das Licht des Wissens erreichen: „Alles aus kleinsten „Atomen“ aufgebaut, die Götter können ein Vorbild sein, haben aber nichts mit den Menschen (und deren Glück) zu tun“. Man muss die Götter daher genauso wenig fürchten wie den Tod, soll aber wie sie ein glückliches Leben führen (in Gemütsruhe für sich selbst existieren).

Unbeugsame Tugend - Zenon und die Stoa
Zenon von Kition (333–264) sucht nach strengster Kontrolle über alle Gelüste und Emotionen des Menschen, um die Seele zu befreien. Für ihn ist der Mensch immer Teil einer Gemeinschaft, so dass die Beschäftigung mit Politik die Pflicht der Tugend ist. Diese steht im Einklang mit dem Universum.
Zenon möchte also den inneren Schweinehund und die menschliche Natur überwinden und in jeder Lage stets die Tugend bewahren. Das macht das Glück des Weisen aus: „Der Weise erkennt die Tugend, lebt sie und ist glücklich“. Selbst unter Folter…
Nach der bemalten „Säulenhalle“ vor der Agora in Athen, wo Zenon lehrt, nennt sich seine Schule „Stoa“. Die Stoiker gelten bei lebensfrohen Zeitgenossen mitunter nicht nur als ernst, sondern auch als etwas trocken.
Besonders stark beeindruckt die Stoa die Römer der ausgehenden Republik (manchmal jedoch weniger der Verzicht auf allen Genuss, sondern mehr die Pflicht der politischen Teilnahme am Gemeinwesen). Der berühmteste Stoiker in Rom wird später der Kaiser Mark Aurel (121-180 n. Chr.), der „Philosoph auf dem Thron“

Das Eine und Gute- Die spätantike Seinspyramide des Plotin und der Neuplatonismus
Als Rom gegen die andrängenden Barbarenhorden um sein Überleben kämpft, verliert die Philosophie an Bedeutung. Im Inneren gibt es Unruhen und eine Vielzahl von Religionen des Vielvölkerstaates. Der Philosoph Plotin (205-270 n. Chr.) sucht nach Gemeinsamkeiten, die man vereinheitlichen könnte, nach dem Einen, nach dem Göttlichen. Fündig wird er bei Platon, und seiner Ideenlehre. Später lassen sich sogar dieser Neuplatonismus und die christliche Religion verknüpfen. Nur dass die Neuplatoniker die Welt als „Seinspyramide“ sehen, mit dem Einen und Guten an der Spitze und an Seelenwanderung glauben.
Tugendhaftigkeit zeigt das Streben nach dem (einen und) Guten an. Die Annäherung an das Gute führt die Seele zugleich zum Schönen, da das „Licht“ des Guten der Ursprung aller Schönheit ist. Dabei kann man eine Vereinigung mit der „formlosen Gottheit“ erleben.

Eklektizismus - Die Römer
Für das antike Rom muss man jedoch bedenken, dass sich (wie z.B. auch Cicero) fast kein Römer an eine einheitliche Schuldogmatik hält, sondern selbst eine eigene Auswahl jeweils derjenigen philosophischen Teilsätze trifft, welche er selbst übernehmen will und welche nicht (Eklektizismus). Meistens sind sie Stoiker, Epikureer, Peripatetiker und Skeptiker zugleich…
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zu den Atomisten - eine Welt aus Lego-Steinen, 
 zu Demokratie, Sophisten und der Redekunst in Athen,
zu den bohrenden Fragen des Sokrates und zu
Zenon im Vergleich zu Epikur (Stoizismus & Epikureismus)
  im Post Wandelhalle gegen Gärtchen.

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